Bus und Bahn

Intelligenter Tempomat spart Sprit

Bei den Reisebussen geht die Entwicklung rasant voran. So setzt die Daimler-Marke Setra jetzt auf den vorausschauenden Tempomaten PPC, der bis zu fünf Prozent Kraftstoff sparen soll. Erprobt wurde der intelligente Tempomat bereits seit einem Jahr im Fernverkehrs-Truck Actros. Da wie dort heißt er PPC oder Predictive Powertrain Control, was übersetzt so viel wie vorausschauende Antriebsstrangregelung bedeutet. Was steckt dahinter? Die neue Tempomatanlage verfügt über Weitblick, mehr noch als jeder Fahrer. Für beinahe universelle Streckenkenntnis sorgt dreidimensionales Kartenmaterial; die exakte Positionierung des Fahrzeugs erhält die separate Rechnereinheit per GPS-Satellit. Damit nicht genug: Das System greift dank CAN-Bus-Vernetzung auch tief in die Getriebesteuerung ein und sortiert konsequent die passenden Gänge dazu. Damit soll der Tempomat in der Lage sein, mit optimalen Schaltungen schon vor einer Steigung Schwung zu holen und rechtzeitig vor der Kuppe, noch vor der Gefällefahrt die Leistung zurückzunehmen.

Aber wie funktioniert PPC in der Praxis? Zuerst aktiviert der Bus-Pilot die Funktion PPC im Bordmenü, die gewünschten Plus- und Minuswerte für die Fahrgeschwindigkeit zeigen dem System an, welche Schwungspitzen im Gefälle oder welcher Tempoverlust an Steigungen noch tolerabel sind. Und ist die gewünschte Reisegeschwindigkeit erreicht, wird der Geschwindigkeitsregler des Tempomaten gesetzt - ab jetzt übernimmt der Kollege Computer die Steuerung. Wir haben es eilig, setzen den Tempomaten auf 100 km/h. Der Fahrzeugbetreuer empfiehlt Plus-Minus-Werte von plus 4 und minus 6 km/h, gespannt rollen wir mit unserem ballastierten Setra auf die erste Steigung zu. Vollautomatisch und ohne Zutun des Fahrers zieht der schwere Dreiachser bergauf, fällt auf dem Fünfprozenter auf 94 km/h zurück. Dann aber an der Kuppe verzichtet der Rechner auf den üblichen Gasbefehl, um wieder Fahrt aufzunehmen. Schneller werden wir bergab allein durch die Kraft der Erdanziehung, sogar schneller als erlaubt, allerdings nur für den Bruchteil einer Minute.

Die hohe Motorleistung von 510 PS verhindert bergauf großen Tempoverlust, unsere Anfangsskepsis ist schnell abgelegt. Der Setra ist auf der schweren Autobahnetappe richtig schnell unterwegs, nur die zu schnelle Talfahrt passt nicht so recht ins Bild. An langen Gefällen rollen wir mit bis zu 104 km/h bergab, dem Gesetzgeber zuwider. Jetzt hilft nur eine Bremsung, um einen Sündeneintrag im digitalen Tachografen zu verhindern. Was aber nicht gegen das System sprechen muss: Wer die Reisegeschwindigkeit etwas reduziert und die Toleranzwerte verändert, verhindert illegale Bergabgeschwindigkeiten.

Selbst bei Verkehrsbehinderungen ist der Fahrer nicht gefordert, wenn der Kunde neben der PPC-Funktion auch den Abstandsregeltempomaten (ART) wählt. Der sollte schon jetzt an Bord sein, auch der Notbremsassistent, der im nächsten Jahr vorgeschrieben wird. Bremst das System hinter notorischen Langsamfahrern, überdenkt der PPC-Rechner die Strategie und baut die gewünschte Reisegeschwindigkeit wieder auf. Der Fahrer lenkt und denkt sich seinen Teil. Und muss sich eingestehen, dass er wohl nicht anders handeln würde. Immer vorausgesetzt, die Strecke ist ihm vertraut. Auf unbekannten Routen oder in der Dunkelheit hat selbst ein gut ausgebildeter Bus-Profi nicht den Hauch einer Chance gegen PPC. Und dennoch: der Fahrer hat das letzte Wort und kann das ausgefeilte System mit einem Gas- oder Bremsbefehl jederzeit überspielen.

Das Ergebnis unseres Fahrversuchs kann sich jedenfalls sehen lassen. Auf der hügeligen Autobahn der Pfalz lohnt sich der PPC-Einsatz jedenfalls - der vorausschauende Tempomat sparte 7,9 Prozent oder 2,5 Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer, wie die Gegenprobe ohne PPC-Funktion ergab. Auf 200 000 Kilometer jährlich, wie im Fernlinienverkehr üblich, werden so 5 000 Liter gespart - der verlangte Aufpreis für PPC ist dann schnell vergessen.

Wlfgang Tschakert

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