Selbstfahrendes-Automobil

Umfeldsensoren: die "Augen und Ohren" des Autos

Selbst wenn Autofahrer das Thema gar nicht prickelnd finden und schon jetzt von Entmündigung sprechen: Automatisiert fahrende Autos werden mittelfristig Realität auf unseren Straßen. Schon allein wegen des Sicherheitsaspekts, der Vision vom unfallfreien Fahren. Bereits in zwei Jahren wird es schrittweise losgehen, ab 2025 werden vollautomatisierte Systeme im Einsatz sein, so die Forscher von Continental.

Stellen wir uns folgende Szene vor - direkt aus dem Alltagsleben gegriffen: Ein Pendler steigt morgens in seinen Wagen, programmiert seinen Arbeitsplatz als Ziel und drückt auf einem Display auf "Start". Sein Fahrzeug versorgt ihn mit den neuesten Twitter-Nachrichten, mit seinem personalisierten Wetterbericht und den witzigsten Facebook-Kommentaren seiner Freunde. Er bestellt einen Tisch fürs Abendessen, lässt sich seine E-Mails vorlesen und erreicht schließlich sein Büro.

Gefahren ist sein Auto. Alleine. Schöne neue Welt - oder Horrorvision? Die Einschätzung ist Geschmackssache, aber um Geschmack geht es nicht wirklich bei der Entwicklung dieser höchst komplexen Systeme, die ein Auto zum Selbstfahrer macht. Was moderne Autos heute an Assistenzsystemen zu bieten haben, wirkt dagegen fast schon ein bisschen wie Kinderkram. Denn die Systeme zur Automatisierung bauen zwar an den heute bereits verwendeten Komponenten auf, sind aber ungleich komplexer, aufwendiger und leistungsfähiger.

"Umfeldsensoren" heißen bei Continental die Augen und Ohren der automatisierten Fahrzeuge. Sie erkennen und erfassen, was um den Wagen herum passiert, bedienen sich dabei leistungsfähiger Kamera-, Radar- und Lidar-Technologien, so beispielsweise zur Abstands- und zur Geschwindigkeitsmessung. Damit werden mehrere Steuergeräte beliefert, die mit immenser Rechnerleistung aus der Fülle der permanent bereitgestellten Daten herausfiltern müssen, wo es im wahrsten Sinne des Wortes lang geht: sämtliche Witterungsbedingungen, der Straßenzustand, die Verkehrszeichen, natürlich die anderen Verkehrsteilnehmer - alle diese Puzzlesteine müssen zu einem Gesamtbild zusammengesetzt werden und das - ob es regnet oder schneit, bei minus 25 Grad Celsius und bei plus 35 Grad Celsius. Kameras für die 360-Grad-Umfelderfassung sind besonders bei relativ niedrigen Geschwindigkeiten etwa im Stadtverkehr entscheidende Helfer. Dank ihrer Daten kann das System zukünftig nicht nur das Fahrzeugumfeld für den Rechner sichtbar machen, sondern etwa auch Fußgänger erkennen. Außerdem ermöglichen sie die Erfassung von kreuzendem Verkehr, das Spurhalten oder - die Felgen werden es danken - die Randsteinerkennung.

Ein interessanter Nebenaspekt: Mit dieser Premiumvariante des "Surround-View"-Systems werden Fahrzeuge in Zukunft auch selbstständig und automatisiert einparken können - sogar wenn der Fahrer bereits ausgestiegen ist.

Wie wichtig das Thema bei Continental genommen wird, zeigt eine Zahl: Allein im Jahr 2013 wurden für die einschlägige Forschung und Entwicklung rund 100 Millionen Euro ausgegeben. Seit Produktionsbeginn im Jahr 1999 wurden mehr als zehn Millionen Sensoren produziert - allein 4,5 Millionen davon im vergangenen Jahr. "2015 wird voraussichtlich die Grenze von 26 Millionen Sensoren überschritten", so ein Continental-Sprecher, "davon etwa zehn Millionen bei Radarsensoren für Nah- und Fernbereichsradare". Seit 2012 hat das Unternehmen im US-Bundesstaat Nevada die Lizenz zum automatisierten Fahren auf öffentlichen Straßen.

"Chassis & Safety" heißt die federführende Continental-Division. Der zweite Begriff zeigt, was hinter dem gewaltigen Forschungsaufwand steckt: die Vision vom unfallfreien Fahren. Und was ist mit dem Fahrer, ist der nur noch Beiwerk, eigentlich überflüssig und all seiner Aufgaben beraubt? Er kann natürlich nach wie vor im Notfall eingreifen, muss aber je nach Automatisierungsgrad das Fahrzeug nicht dauerhaft oder sogar nicht überwachen. Letzteres gilt nach den bisherigen Vorstellungen der Gesetzgeber für das vollautomatisierte Fahren, bei dem das System "die Quer- und die Längsführung vollständig in einem definierten Anwendungsfall" übernimmt. Also etwa bei der erwähnten Fahrt ins Büro.

STARTSEITE