Neuheit

Fahrbericht Mercedes-Benz GLA: Dynamik für den Boulevard

  • In AUTO
  • 1. August 2014, 10:05 Uhr
  • Peter Schwerdtmann

SUV bieten bequemen Einstieg, hohe Sitzposition, große Innenraumhöhe und gute Rundumsicht. So kennt und liebt man das - auch bei Mercedes-Benz mit den G-Modellen, dem GL und dem GLK. Doch der GLA fällt aus diesem Rahmen. Der kleinste der Geländewagen aus Stuttgart reizt weniger als seine G-Kollegen zum harten Ritt durchs Gelände. Der GLA zieht mit seinem trendigen Dynamik-Design eher auf dem Boulevard die Blicke auf sich.

Auch sonst passt der Mercedes-Benz GLA nicht zum üblichen Strickmuster von Sport Utility Vehicles. Mehr als andere seiner Art hält er Distanz zu den geschönten Geländewagen. Er wirkt vielmehr wie ein vorsichtig aus der A-Klasse hervorgehobenes Crossover-Modell. Seine Karosserie ist nur sechs Zentimeter höher als die der A-Klasse. Die Innenraummaße sind komplett identisch und nur bei der Außenlänge erlaubt sich der GLA einen Zuschlag von zwölf Zentimetern auf 4,42 Meter, was ihm einen größeren Kofferraum beschert und ihn gestreckter, aber auch windschlüpfig wirken lässt.

Dennoch bleibt der GLA eine A-Klasse. Die vorderen Türen zwingen einen norddeutschen Sitzriesen, den Kopf einzuziehen. Die Sitzposition fällt nur um ein paar Zentimeter höher aus als im kompaktesten aller Daimler, und die Rundumsicht zwingt wegen der nach hinten stark ansteigenden Gürtellinie zur Bestellung einer Rückfahrkamera. Die allerdings liefert auf dem großen, in der Mitte der Armaturentafel frei stehenden Display ein gutes Bild, so dass auch besagte Sitzriesen ihre Bedenken rasch vergessen.

So viel Nachsicht erklärt sich mit dem Anblick, der den Fahrer erwartet, wenn er seinen Platz eingenommen hat. Der Stil, der von der A-Klasse bis zur neuen C-Klasse die Mercedes-Innenräume erobert hat, gefällt auch im GLA. Der Armaturenträger - in unserem Exemplar mit Alcantara ,,beledert" -,das kleine, komplett verstellbare Lederlenkrad, der schaltstockfreie Mitteltunnel mit dem Dreh-Drücksteller fürs Infotainment und die fünf kreisrunden, chromumrandeten Ausströmer der Lüftung präsentieren den GLA als sportlich und dennoch anspruchsvoll.

Der Sitzkomfort vorn passt zum Anspruch der gehobenen Kompaktklasse. Die insgesamt recht kleinen Sitze lassen sich auch an den Sitzriesen gut anpassen, sind voll langstreckentauglich und geben in schnellen Kurven Hüfte und Rücken sogar eine Portion Halt. Der Arbeitsplatz passt, lässt aber einen Wunsch offen: eine bessere Gestaltung oder Hinterleuchtung der beiden Rundinstrumente auch bei Tag. Die stecken mit ihrer Grafik aus Weiß, Grau und Schwarz jeweils auf der Außenseite so tief im Tubus, dass ausgerechnet die Geschwindigkeitsangaben um die 50 km/h im Schatten schwer lesbar werden. Das wirkt angesichts der vielen Elektronik und ihrer Anzeigen an Bord wie ein Rückfall in alte Zeiten.

In die modernen Zeiten passen die vielfältigen Anzeigemöglichkeiten des Bordcomputers zwischen den beiden Rundinstrumenten und eben auf dem freistehenden Monitor für das Comand-Online-System für rund 3500 Extra-Euro, mit dem das Internet, die Navigation, Apps und Tonträger aller Arten ins Auto einziehen.

Mit der Anschaffung dieses Systems wird klar, dass sich unser norddeutscher Sitzriese bei diesem GLA nicht für die Einstiegsvariante GLA 200 mit 115 kW / 156 Benziner-PS, Sechs-Gang-Handschalter und Frontantrieb für 29 303,75 Euro, sondern für eine teure, in Deutschland ungewöhnliche Variante entschieden hat: den GLA 250 4Matic, also einen Allradler mit einem Benziner von 155 kW / 211 PS und Sieben-Gang-DSG mit Wählhebel am Lenkrad zum Basispreis von 37 496,90 Euro.

Unser Exemplar der besonders auffälligen Edition 1 steht auf 19 Zöllern mit der Reifendimension 225/45 R 19. Er hat also kein Recht, sich über die straffe Federung zu beschweren. Mit den schweren Rädern kann der Federungskomfort nicht besser sein als bei der sowieso schon jugendlich straffen A-Klasse. Aber die großen Räder passen gut zum kleinen Auto. Da nimmt man Komfortnachteile gern in Kauf.

Weniger perfekt findet es unser Mann, dass die Motorhaube bei hohen Geschwindigkeiten flattert. Und hohe Geschwindigkeiten erreicht der GLA in dieser Konfiguration schnell. Er beschleunigt in rund sieben Sekunden von 0 auf 100 km/ und schafft in der Spitze mehr als 230 km/h. Dabei wird das - auch durch den grundsätzlich schwingungsärmer arbeitenden Benziner - vorbildlich leise Fahrgeräusch erst so ab 160 km/h zu laut für Gespräche an Bord.

Unser Sitzriese versteht den GLA als Zweisitzer mit Rücksitzen als Reserve für Kleine oder kurze Strecken, nutzt den variablen Laderaum in seiner größten Ausdehnung nur selten, fühlt sich wohl an Bord und sieht auch den Verbrauch von 9,5 Litern auf 100 km bei seinem Streckenprofil und seinen Fahrgeschwindigkeiten als akzeptabel an, auch wenn die technischen Daten einen Durchschnittsverbrauch von nur 6,5 Litern nennen.

Fazit: Wenn jemand geglaubt hat, die SUV-Variante der A-Klasse könne von der alten A-Klasse das Publikum übernehmen, das seine Freude an dem alten Konzept mit gutem Einstieg, hoher Sitzposition und befriedigender Rundumsicht hatte, der sieht sich vom GLA enttäuscht. Er stellt nicht den Zwischenschritt von der A- zur B-Klasse dar, sondern ein eigenständiges Angebot - je nach Ausstattung für jung oder alt. (ampnet/Sm)

Daten Mercedes-Benz GLA 250 4Matic

Länge x Breite x Höhe (m): 4,42 x 1,80 (mit Spiegeln 2,02) x 1,49 Radstand (m): 2,70 Motor: R4-Benziner, 1991 ccm, Turbo, Direkteinspritzung Leistung: 155 kW / 211 PS bei 5500 U/min Max. Drehmoment: 350 Nm von 1200 - 4000 U/min Höchstgeschwindigkeit: 230 km/h Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 7,1 Sek. ECE-Durchschnittsverbrauch: 6,6-6,5 Liter Effizienzklasse: C CO2-Emissionen: 154 - 151 g/km (Euro 6) Leergewicht / Zuladung: min. 1505 kg / max. 485 kg Kofferraumvolumen: 421 - 1235 Liter Max. Anhängelast: 1800 kg Wendekreis: 11,84 m Reifen: 215/60 R 17 Luftwiderstandsbeiwert: 0,29 Preis: 37 497 Euro

STARTSEITE