Politik & Verkehr

Kommentar: Stickoxid füllt Sommerloch

  • In NEW MOBILITY
  • 18. August 2014, 11:41 Uhr
  • Peter Schwerdtmann

Nun ist die Frage geklärt, mit welchem Thema sich die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erneut des Automobils annehmen wird. Die Experten hatten gewettet: Lärm oder Abgas. Lärm scheidet offenbar erst einmal aus, weil das Thema zu komplex für einen populistischen Ansatz ausfällt und den Straßenbauern dabei eine wenigstens ebenso große Verantwortung zukommt wie den Autoherstellern. Bleibt das Abgas. Die DUH ruft am Dienstag die Medien zusammen, um sich der Stickoxide anzunehmen.

Jetzt soll es eine blaue Plakette bringen nachdem die grüne die Erwartungen enttäuscht und die Autofahrer viel Geld gekostet hat. Die ursprünglich Feinstaub-Plakette genannte Kennzeichnungspflicht hat ihr Ziel eben nicht erreicht, wie sich die DUH auch vom Verwaltungsgericht in Hannover und von vielen Wissenschaftlern bescheinigen lassen musste. Das Gericht erklärte die inzwischen zur ,,Umweltplakette" umbenannte Kennzeichnung dennoch für rechtens, weil sie auch gegen die Stickoxidbelastung wirke.

Damit haben die hannoverschen Richter die Berliner Pressure Group DUH möglicherweise auf die Idee gebracht, dass der Name ,,Umweltplakette" gar nicht gerechtfertigt ist, weil es noch andere Einflussgrößen als Feinstaub gibt. Nun also Stickoxid. So bringt sich die DUH selbst in einen weiteren Widerspruch. Galt bisher der Verbrauch eines Autos als die Quelle allen Übels, fällt den Aktivisten nun auf einmal auf, dass auch das Abgas eines Autos durchaus ein komplexes Thema darstellt. Wollte man mit der ,,Umweltplakette" die sparsameren Benzin- und Diesel-Einspritzer fördern, geißelt man nun genau diese Motoren wegen ihres Stickoxid-Ausstoßes als die wahren Übeltäter.

Liebe Berliner Korrespondenten, bitte nehmt sachkundige Kollegen mit zu der Pressekonferenz am Hackeschen Markt. Das Problem ist vorhanden. Aber es eignet sich nicht fürs Sommerloch oder noch eine Kampagne mit Hilfe des Politikressorts. Eure Leser und Nutzer haben die sinnlose ,,Umweltplakette" schon teuer genug aus der eigenen Tasche bezahlen müssen und wir als Steuerzahler haben noch Geld dazugelegt. Es hat niemand etwas gegen den Fortschritt. Aber gerade die Plakette in Grün hat uns gezeigt, dass sie nur gewirkt hat, wenn es darum ging, das Gewissen der Lokalpolitiker zu beruhigen. Aber die nachhaltigen Lösungen wurden nicht gesucht.

Auch eine Plakette in Blau wird nichts anderes auslösen als eine weitere Kampagne gegen die, die das Problem letztlich lösen müssen. In der Vergangenheit haben die DUH und ihre Verbündeten oft Anlass zu der Vermutung gegeben, es gehe weniger um die Umwelt als gegen die Automobilindustrie. Das muss man bedauern, weil einseitiges Denken und Handeln keine komplexen Lösungen hervorbringen kann. Doch Pressure Groups fühlen sich dazu berufen, den publikumswirksamsten Aspekt im Blick zu haben, um den erhofften Druck aufbauen zu können. Die Lösung ist selten Ziel des Handelns, es geht um den publikumswirksamen Konflikt. Und der findet im Sommerloch beste Wachstumsbedingungen. (ampnet/Sm)

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