Historie

Mit dem "Regenbogen-Targa" fing alles an

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  • 18. September 2014, 16:11 Uhr
  • Friedbert Weber (vm)

Für die Motormagazine war er die Sensation des Jahres 1977: der Porsche Turbo Targa des Frankfurter Autoveredlers Rainer Buchmann mit 191 kW/260 PS. Porsche hatte es für unmöglich erklärt, aus einem Porsche 930 einen Targa oder aus einem 911 Targa einen Turbo zu machen. Letzteres zumindest gelang Buchmann und seinen Mitarbeitern aber exzellent. Zum Meistern der Querbeschleunigung schweißten die Karosseriebauer rund 40 Kilogramm Metall als Verstärkungen in eine gründlich zerlegte Targa-Karosserie und erreichten damit eine Verwindungssteifigkeit, die dem eines geschlossenen 911 entsprach. Das Lob der Fachwelt für die gelungene Operation veranlasste die Porsche-Oberen Jahre später doch noch, selbst einen Turbo Targa in Serie für die immer hartnäckiger nachfragende Kundschaft nachzulegen.

Der Wagen mit dem Kennzeichen F-TT 1 aus der kleinen Werkstatt am Frankfurter Sandweg blieb dagegen ein Einzelstück. Seine Regenbogen-Streifen waren zunächst aufgeklebt, damit das Auto auf der Kölner Photokina auf dem Polaroid-Stand für die Farbqualität der Polaroid-Kameras und -Filme Werbung machen konnte. Für den Alltag fand Rainer Buchmann die Aufmachung zu bunt und zog sie wieder ab. Doch hatte er die Rechnung ohne die Porsche-Fans gemacht. Diese reisten nach den ersten Fotos in den Medien aus allen Ecken der Bundesrepublik an, um das Auto in Frankfurt zu sehen und zu fotografieren. Sie vermissten die Rainbow-Streifen und Buchmann ließ sie nunmehr auflackieren. Auf Dauer hätten geklebte Streifen nicht in sein Qualitätsverständnis gepasst; zumal an einem Auto mit in die Bodenteppiche eingewebtem Markenlogo.

Nach ein paar Jahren konnte Buchmann dem Drängen eines Kauf-Interessenten nicht widerstehen. 1982 verkaufte er seinen Rainbow-Porsche für damals stattliche 80 000 Mark an einen Porsche-Fan aus Südafrika, der heute in Düsseldorf lebt. Dieser hütete den Wagen wie seinen Augapfel, fuhr ihn nie im Regen und ließ ihn vor kurzem behutsam restaurieren.

Buchmanns nächster Coup war der bb CW 311, ein Auto, das den Mercedes-Stern tragen durfte, obwohl es in Buchmanns Werkstatt entstanden war. Der Stuttgarter Techniker Eberhard Schulz kam nach Frankfurt und brachte einen Entwurf sowie einige Komponenten eines Autos mit Flügeltüren mit. Es war als Denkanstoß für einen Nachfolger des Mercedes 300 SL gedacht.

Später folgte der erste Mercedes-Viersitzer mit Klappdach auf der Basis des 500 SEC. Ein Metalldach komplett im Kofferraum verschwinden zu lassen, und das bei Geschwindigkeiten bis zu 50 km/h, schaffte damals kein Autobauer. Der Frankfurter Veredler war der Branche häufig weit voraus - viel zu weit sogar. Denn seine Idee mit "Dinfos" (Digitales Informations-System) als Vorläufer leichter und platzsparender Bordcomputer stieß bei der stolzen deutschen Autoindustrie vorwiegend auf Gegenwehr. Und so war 1986 das (vorläufige) Ende erreicht, und Rainer Buchmann musste Insolvenz anmelden. Ein sinkender Dollarkurs hatte das Auslandsgeschäft beeinträchtigt, und manche Patentanmeldungen hatten Entwicklungskosten und Gebühren verschlungen, und wurden aber von der Autoindustrie boykottiert.

Betuchte Frankfurter Auto-Enthusiasten engagieren sich zurzeit, die wichtigsten Autos aus der Buchmann-Ära wieder an den Ort ihrer Entstehung zu holen. Im Fall des CW 311 sind allerdings alle Mühen vergeblich: Das über einen Mittelsmann aus Singapur aufgekaufte Auto befindet sich mit großer Wahrscheinlichkeit in der Riesengarage des Sultans von Brunei, der eher als Käufer denn als Verkäufer exquisiter Autos bekannt ist.

Knapp drei Jahrzehnte nach dem Ausstieg aus dem Autogeschäft hat sich Rainer Buchmann nun mit einem Paukenschlag zurückgemeldet. Ein Kunde, der sich einst als Student die Nase an seinem Schaufenster plattgedrückt hatte, ließ sich jetzt von ihm einen modernen Porsche 911 Turbo Targa auf der Basis eines Targa-G-Modells bauen. Die charakteristischen Streifen sind wieder da, allerdings in dezenten Silbertönen. Das 243 kW/330 PS starke Auto - getauft auf den Namen "Moonracer" - lässt die Legende noch einmal aufleben und soll, im Gegensatz zum Rainbow-Modell, kein Einzelstück bleiben. Doch für solch ein Coup müssen allerdings gut 300 000 Euro locker gemacht werden.

Die zahlreichen Geschichten und Anekdoten rund um Rainer Buchmanns Autos mit dem Signet "bb" und alles über den Moonracer hat nun der Motorjournalist und Buchautor Dr. Gerold Lingnau anlässlich des Buchmann-Revivals in einem reich bebilderten Buch zusammengefasst. Es ist für 39,95 Euro beim Heel-Verlag, ISBN 978-3-86852-938-8, erschienen.

Friedbert Weber

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