Neuheit

Comebacks auf dem Genfer Salon - Drei Sorten Renaissance

  • In AUTO
  • 4. März 2015, 13:36 Uhr
  • Holger Holzer/SP-X

Comebacks sind in der Autobranche eher selten. Auf dem diesjährigen Genfer Autosalon gab es gleich drei.

Basketballer Michael Jordan hat es getan, Schlagersänger Wolfgang Petry ist gerade im Begriff es zu tun - und auch in der Autobranche ist gerade Comeback-Zeit. Auf dem Genfer Autosalon feiert eine Traditionsmarke Renaissance, eine klangvolle Karosserieversion kommt wieder und ein Hersteller kehrt zurück zu seinen Wurzeln.

Das zumindest aus deutscher Sicht aufsehenerregendste Comeback ist das der Marke Borgward. Nachdem Anfang der 60er-Jahre die letzten Autos von den Bändern liefen, sollen 2016 die Produktionsstraßen wieder anrollen. Und dabei will Borgward ganz unbescheiden genau dort anschließen, wo man vor mehr als einem halben Jahrhundert aufhörte: an der Spitze. Damals galten Modelle wie die Borgward Isabella gleichzeitig als bildhübsch wie als technisch zukunftsweisend; beim Absatz ließen die Bremer zeitweise selbst Mercedes hinter sich. Auch beim neuen Anlauf will Borgward nicht zuletzt den Stuttgartern Paroli bieten, zunächst mit einem Premium-SUV der M-Klasse-Liga, später auch in allen anderen Segmenten von der Kompaktklasse aufwärts. ,,Wir wollen ein Top-Player werden", sagt Vizepräsident Karlheinz L. Knöss. Hochfliegende Pläne, die in Absatzplanungen von 800.000 Autos weltweit im Jahr 2020 kumulieren. Zum Vergleich: Auch die etablierte Marke Volvo will bis dahin auf einen Jahresabsatz von 800.000 Einheiten kommen.

Borward sei auf Jahrzehnte durchfinanziert, behauptet Knöss - woher das Geld kommt, will er aber so genau nicht sagen. Ob das Comeback mehr ist als eine Luftnummer ist  wird sich möglicherweise auf der IAA im Herbst zeigen. Dann will der künftig in Stuttgart beheimatete Hersteller sein erstes Serienfahrzeug vorstellen.

Lange Jahre galten Hondas in Deutschland wegen ihrer Sportlichkeit als die ,,japanischen BMW". Dann begann der größte Motorenhersteller der Welt mit dem Surfen auf der Öko-Welle, doch Hybridautos wie Insight und CR-Z fanden hierzulande kaum Zuspruch. Sportwagen wie NSX und S2000 hatte man da schon aus dem Programm genommen, so dass das Image der Marke irgendwo im grün-grauen Mittelmaß versank. Nun soll das sportliche Profil wieder geschärft werden - auf dem Genfer Messestand zeigen das neben dem Formel-1-Rennwagen, der den Wiedereinstieg der Japaner in die Motorsport-Königsklasse markiert, vor allem die zweite Generation des Prestige-Supersportlers NSX und die Neuauflage des Kompakt-Krawallos Civic Type R. Letzterer soll die Sportoffensive auch für Normalkunden greifbarer machen - und zwar gleich mit einem Knalleffekt: Der Wagen wurde bewusst so entwickelt, dass er den Geschwindigkeitsbestwert unter alle frontgetriebenen Kompaktmodellen setzt. Dass man vor dem Hintergrund der langen sportlichen Tradition selbstbewusst sein will, zeigt sich, wenn man R-Type-Entwickler Hisayuki Yagi nach den Konkurrenten des neuen Kompakt-Sportlers fragt. Er nennt nicht VW Golf R oder Mercedes A 45 AMG, sondern den alten Civic Type R. An diesem wolle man sich messen lassen.

Ludwig Erhard fuhr sie, Helmut Schmidt auch, Angela Merkel könnte sie sich höchstens aus dem Mercedes-Youngtimer-Archiv besorgen: die Pullman-Version der S-Klasse.  Die extralange staatstragende Ausführung der Oberklasselimousine war offiziell nur bis 2008 im Angebot, danach firmierte das vergleichbare Modell unter dem profaneren Namen Mercedes S-Klasse Guard. Wohl auch, weil alle sprachliche Traditionskraft für die zwischenzeitlich wiederbelebte Luxusmarke Maybach benötigt wurde. Das Projekt scheiterte 2012, seit Ende 2014 ist Maybach aber wieder zurück - als edle Submarke unter dem Mercedes-Dach. In Genf reaktiviert sie auch das alte Pullman-Label. Allein der Radstand der 6,50-Meter-Limousine ist mit 4,42 Metern so lang wie ein kompletter Golf. Gemeinsam sollen die beiden Traditionslabel Maybach und Pullman nun schaffen, was Maybach allein nicht gelang: Eine ernsthafte Alternative zum großen Rolls-Royce zu sein.

STARTSEITE