Sportwagen

Porsche und GTS: Auf den Spuren der Targa Florio

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  • 27. April 2015, 11:31 Uhr
  • Rudolf Huber (vm)

Es war eine Sache für richtig harte Männer und für ein paar ganz taffe Frauen: Die Targa Florio, 1906 erstmals auf Sizilien ausgetragen, zählte jahrzehntelang zu den schwierigsten und gefährlichsten Autorennen der Welt. Von null auf 1 100 Meter Höhenunterschied durch Städtchen und Dörfer, durch gemeine Kurven und über Stock und Stein ging die wilde Hatz, die Unternehmer Vincenzo Florio ins Leben gerufen hatte. 1977 war endgültig Schluss: Ein tödlicher Rennunfall besiegelte das Schicksal der traditionsreichen Veranstaltung. Ein tragisches, ein unrühmliches Ende.

Wer ein Jahr vor dem 110. Geburtstag der Targa Florio auf die erste von drei in den sieben Jahrzehnten gefahrenen Strecken geht, kann zumindest ansatzweise nachvollziehen, was die tollkühnen Piloten in ihren rasenden Kisten seinerzeit leisten mussten. Die ursprünglich 148 Kilometer lange Strecke, die von 1906 bis 1911 und dann noch einmal 1931 befahren wurde, vermittelt mit ihren unzählige Kurven, den engen Ortsdurchfahrten, den steilen Auffahrten und dem teils gnadenlos schlechten Straßenzustand einen Eindruck davon, welche körperliche Belastung solch ein Rennen in den Frühzeiten des Motorsports mit sich brachte. Kein Servo, kein Klima, keine Elektronik: Autofahren im Extrembereich als körperliche Schwerstarbeit.

Als aktueller Beschleuniger in allen Targa Florio-Lebenslagen dient im Frühling 2015 die aktuelle GTS-Flotte von Porsche, vom Cayman bis zum Cayenne. Das hat natürlich einen firmenhistorischen Hintergrund. Denn schon im Jahr 1956 konnte die damals noch blutjunge Sportwagen-Schmiede ihren ersten Gesamtsieg auf der Targa Florio einfahren. Umberto Maglioli am Steuer und Fritz Huschke von Hanstein als Rennleiter machten die Sensation in einem Porsche 550 RS 1500 mit fast schon demütigenden 15 Minuten Vorsprung auf den Zweitplatzierten perfekt. "Das sorgte für internationale Aufmerksamkeit", so Porsche-Sprecher Tim Bravo.

Und die Erfolgsserie von Porsche setzte sich fort: Elf Gesamtsiege fuhren die Zuffenhausener heraus, auch der erste GTS der Firmengeschichte, der 904 Carrera, zeigte 1964 der gesamten Konkurrenz den Auspuff. Darum ließ Porsche bei der Ausfahrt auf der früheren Rennstrecke auch seine komplette GTS-Flotte los, allen voran den Jüngsten in der Gruppe, den Targa 4 GTS. Targa - übersetzt "Schild" - heißen seit 1965 die Porsche-Modelle mit herausnehmbarem Dach-Mittelteil oder großem Panorama-Glasdach, was natürlich ein Tribut an die Targa Florio darstellt.

Für die leicht nostalgisch angehauchte Runde durch Sizilien ist der Allrad-911er ohne Dach eindeutig die erste Wahl. Durch reichlich Frischluft von oben und den ungefilterten GTS-Sound wird bei der zügigen Fahrt von der Küste hinauf nach Cerda, vorbei an den alten, verfallenen Tribünen, ein wenig der alten Renn-Historie wieder lebendig. Sicula, Castelbuono, Isnello - hier wirkt Sizilien oft noch so, als sei seit den Anfängen der Targa Florio die Zeit stehengeblieben. Unzählige Kurven, Schlaglöcher und durch Unterspülung abgesenkte Teerdecken machen die Fahrt zu einem immerwährenden Ausweichmanöver.

Sogar mit einem so modernen Auto wie dem neuen Targa ist die alte Targa-Strecke eine Herausforderung für Mensch und Maschine. Wobei die Hauptlast anno 2015 eindeutig bei der Maschine liegt. Wer die ziemlich genau 100 derzeit noch befahrbaren Kilometer der ursprünglichen Targa Florio-Strecke absolviert hat, verspürt beim Gedanken an die Piloten früherer Jahre eine ganze Portion Demut - und Dankbarkeit für die Segnungen der Elektronik im 911 Targa 4 GTS und die Kraft von 316 kW/430 PS. Nicht zuletzt bei der Vorstellung, dass die alten Kämpfer die Strecke durch die Madonien-Berge gleich drei Mal hintereinander absolvieren mussten - 444 anstrengende Kilometer insgesamt.

Rudolf Huber

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