Fahrbericht

Smart Forfour und das Missverständnis

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  • 26. Mai 2015, 11:09 Uhr
  • Wolfgang Peters (vm)

Alle Welt glaubt, dass der Smart ein reines Stadtauto ist. Ein Missverständnis, wie jetzt der Test mit dem Forfour zeigt. Denn der erwachsenere Bruder des neu aufgelegten Smart Fortwo hält die Nase in den Wind und nimmt Kurs aufs Land.


Hamburg liegt im Dunst hinter uns und der Blick richtet sich auf die weite Ebene der Nordsee. Wir sind reif für die Insel, genauer gesagt die Insel Föhr, und einem Missverständnis auf der Spur. Unser Auto ist der Smart Forfour, der die Basis für das Missverständnis bildet. Denn alle Welt glaubt, der kann nur Stadt. Er ist der viertürige, etwas erwachsenere Bruder des neu aufgelegten Smart Fortwo. Doch auch das fülligere Format kann wuseln, wetzen und einparken sowie auf einer schmalen Straße mit einem Rutsch quasi auf der Hinterhand wenden. Solch ein Auto ist eben prädestiniert für Stau und das Leben ohne Parkraum, denkt man. Aber was hat der Forfour hier auf dem Land verloren?

Um uns das erfahren zu lassen, haben die Smart-Macher einen Ausflug gewählt: Start- und Zielgebiet ist Hamburg. Bis Dagebüll raus aus dem Großstadt-Dschungel und schließlich läuft der in der "Passion"-Ausstattung 13 840 Euro teure Smart Forfour am langen Zügel nach Norden. Der kleine 0,9-Liter-Turbo legt sich mit 66 kW/90 PS ordentlich ins Zeug und die fünf Vorwärtsgänge sind exakt zu sortieren, allerdings über lange Wege. Die Heckmotor-Position sorgt für Kraft und Traktion auf der Hinterachse, das Gepäck für Fahrer und Passagier kommt dazu.

Vorne herrscht großzügiger Raum; die straffen Sitze mit den integrierten Kopfstützen sind bequem und langstreckentauglich. Sie lassen sich weiter nach hinten schieben, als die Fahrerarme nach vorne reichen. In der Stadt war der dritte Gang die ideale Stufe, er reicht weit über 50 km/h hinaus und er ist auch gut für Vollgas aus dem Bummeltempo heraus. 50 km/h im dritten Gang entspricht etwa 2 000/min, der aufgeladene Dreizylinder klingt heiser und doch volltönend, wie Hans Albers nachts auf der Reeperbahn. Gemütliche 2 800/min sind in der fünften Stufe gut für 100 km/h, und noch knapp 200 km zum Fährhafen Dagebüll.

Die Autobahnetappe wird dank 150 km/h bis 170 km/h in der Spitze rasch überwunden. Nördlicher Rückenwind ist eine gerne genommene Unterstützung. Gut verträgt der Forfour die noch nicht reparierten Frostaufbrüche in Landstraßen zweiter und dritter Ordnung und das Fahrwerk steckt Bodenwellen und Querrinnen besser weg, als angesichts des knappen Radstands zu erwarten war. Auf den böigen Seitenwind, der konstant vom Meer über das Land und die dickwolligen Schafe fegt, reagiert der Forfour mit feinen, aber durchaus spürbaren Abweichungen vom Kurs. Aber mit milder Hand und ruhigen Lenkkorrekturen bleibt der Smart auf der sicheren Linie.

Fünfundvierzig Minuten nimmt sich die Fähre von Dagebüll am Festland nach Wyk auf Föhr. Es ist eine ruhige Überfahrt, die von der Forfour-Besatzung für eine kleine Stärkung genutzt wird. Für den Smart Forfour werden auf der Fähre für Hin- und Rückfahrt 73,25 Euro in Rechnung gestellt, der Smart fortwo kommt sogar auf nur 58,15 Euro. Ein Unterschied, der sich rechnet: Denn der Fährtarif wird über die Länge des Autos abgerechnet.

Weil wir ein paar Umwege zwischen Hamburg und Föhr eingelegt haben, durfte sich der kompakte Smart Forfour über knapp 300 km am Stück bewähren. Eine Kleinigkeit für das wendige Stadtauto, das auch für die längeren Strecken taugt. Das zeigt auch der Verbrauch: 5,3 Liter Super für 100 km im Durchschnitt sind super. Da schmeckt der krosse Backfisch mit Kartoffelsalat auf der Strandbuden-Surfer-Terrasse von Pitschis gleich noch besser. Am nächsten Tag geht es wieder zurück nach Hamburg. Mit dem kleinen Long-Distance-Runner, der auch am Alsterufer eine gute Figur macht. Und ganz nebenbei hat der Smart Forfour auch noch das Missverständnis ausgeräumt: Nicht nur Länge läuft, auch der Kurze kommt gut.

Wolfgang Peters

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