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Fahrbericht: Seat Leon Cupra ST - Mächtig aufgeladen und viel eingeladen

  • In AUTO
  • 23. Juni 2015, 11:19 Uhr
  • Patrick Broich/SP-X

Der Seat Leon Cupra soll vor allem als Kombi ST eine Art eierlegende Wollmilchsau sein. Morgens die Kinder zur Schule bringen, nachmittags ein bisschen Rennstrecke und am Samstag zum Baumarkt - so zumindest preist es der Hersteller an. Passt das oder werden hier Dinge vermischt, die so nicht zusammengehören?

Ein Kombi mit 195 kW/265 PS Leistung ab knapp 33.000 Euro - gegen 1.300 Euro Aufpreis sogar mit 206 kW/280 PS. Muss das sein? Muss nicht, aber die Kombination aus Leistung und Ladefähigkeit ist durchaus attraktiv, wie der Seat Leon ST beweist. Zumal die spanische VW-Tochter den Schnelltransporter auch noch richtig gut ausgestattet hat. So gibt es neben den Selbstverständlichkeiten dieser Klasse zum Beispiel LED-Scheinwerfer, ein adaptives Fahrwerk sowie ein mechanisches Sperrdifferenzial.

Die Fahrleistungen in Zahlen lesen sich dann auch ganz proper. Etwa 6 Sekunden sollen dem Allrounder für den Sprint auf 100 km/h genügen, und die Höchstgeschwindigkeit liegt bei elektronisch begrenzten 250 km/h. Werte, die kaum anzuzweifeln sind. Wohingegen die versprochenen 7 Liter Verbrauch pro 100 Kilometer in der Praxis wohl kaum eingehalten werden können. Bei forcierter Fahrweise schnellt der Konsum rasch auf zweistellige Werte, wie dem Bordrechner zu entnehmen ist.

Wer es mit der ambitionierten Fahrweise wirklich ernst meint, kann bis zu 3.000 Euro für diverse Sport-Pakete ausgeben, die mit leistungsfähigen Brembo-Bremsen, Semi-Slicks und im äußersten Fall gar mit dem Entfall der Klimaanlage verbunden sind - letzteres zwecks Gewichtsersparnis.

Wer also wirklich die vom Werk versprochenen 7 Minuten und 58 Sekunden für eine Nürburgring Nordschleifen-Umrundung nachfahren will, sollte es mit einem solchen Modell versuchen. Besser aber, man probiert die Basis aus und erspart sich den ganzen Renn-Stress. Schon der schwächere Cupra reicht, um mehr als souverän unterwegs zu sein. Kurze Zwischenspurts selbst im großen Gang erledigt der mächtig turboaufgeladene Zweiliter mit sanftem Schub im Rücken und dezenter Tonbegleitung. Je nach Einstellung der Kennlinie (Knopfruck genügt) wird der Vierzylinder schärfer in den Lautäußerungen und erfüllt die sportiven Erwartungen auch akustisch, allerdings hilft hier ein Soundgenerator nach.

Aber Seat hat den richtigen Ton trotzdem getroffen, der schnellste Leon wirkt definiert, aber nicht prollig. Man kann sich durchaus auch Passagiere im feinen Zwirn im kompakten Kombi vorstellen. Entsprechend fällt auch die Optik des über die Vorderräder angetriebenen Modells aus. Mit den beiden sichtbaren Auspuffendrohren nebst Diffusor haben die Gestalter zwar einen Spot gesetzt, doch der Curpa wirkt insgesamt recht zurückhaltend.

Ob seine Käufer den Effekt mechanischen Vorderachs-Sperre wirklich herausfahren können, sei mal dahingestellt. Aber zumindest erhöht dieses Feature die aktive Sicherheit, und angesichts der Kräfte, die an den Vorderrädern zerren, halten sich die Traktionsprobleme - jedenfalls auf trockener Straße - in Grenzen. Man braucht also nicht unbedingt einen Allradantrieb wie im Golf R, der das Fahrzeuggewicht erhöht und die Effizienz schmälert.

Der Cupra ist aber auch ein exzellenter Alltagswagen mit zwar straffem, aber nicht über Gebühr hartem Fahrwerk. Klar überrollt er Bodenwellen nicht so sanft wie die schwächeren Leon-Brüder, aber die Langstrecken-Fähigkeit bleibt erhalten. Ähnliches gilt für die serienmäßigen Alcantara-Sportsitze mit den ausgeprägten Seitenwangen. Sie halten die Passagiere bei rasanter Kurvenjagd in der Mittelbahn ebenso bei bester Laune, wie bei einem langen Ausflug.

Außerdem hat sich der Cupra ST natürlich die allgemein praktischen Fähigkeiten eines Kombis bewahrt. Da wäre der doppelte Kofferraum-Ladeboden mitsamt einigen Ablagefächern. Bis zu 1.470 Liter passen rein. Stauraum ist also reichlich vorhanden, so zum Beispiel auch in Form eines Fachs unter dem Fahrersitz. Optische Akzente setzt das Topmodell mit einem tiefschwarzen Dachhimmel sowie Cupra-Schriftzügen an verschiedenen Stellen des Interieurs.

Eigentlich kann man den Spanier von der Stange kaufen, ohne weiteres Geld für Extras in die Hand zu nehmen. Okay, das ab 510 Euro kostende Navigationssystem sollte schon an Bord. Aber ansonsten bedarf es nicht viel mehr, um eine gelungene Verbindung von Nutzwert und Sportlichkeit zu genießen.

Seat Leon ST Cupra - Technische Daten:
Fünfsitziger, fünftüriger Kombi der Kompaktklasse; Länge: 4,54 Meter, Breite: 1,82 Meter, Höhe: 1,43 Meter, Radstand: 2,63 Meter
2,0-Liter-Benziner, 195 kW/265 PS, maximales Drehmoment: 350 Nm bei 1.700 bis 5.300 U/min, Vmax: 250 km/h, 0-100 km/h: 6,2 s, Durchschnittsverbrauch: 6,6 l/100 km, CO2-Ausstoß: 154 g/km, Effizienzklasse D, Preis: ab 32.950 Euro, Aufpreis für Automatik (Doppelkupplung): 1.700 Euro
2,0-Liter-Benziner, 206 kW/280 PS, maximales Drehmoment: 350 Nm bei 1.700 bis 5.600 U/min, Vmax: 250 km/h, 0-100 km/h: 6,0 s, Durchschnittsverbrauch: 6,6 l/100 km, CO2-Ausstoß: 154 g/km, Effizienzklasse D, Preis: ab 34.250 Euro, Aufpreis für Automatik (Doppelkupplung): 1.700 Euro

Seat Leon Cupra ST Kurzcharakteristik:
Warum: wegen der tollen Mixtur aus Sportlichkeit und Nutzwert
Warum nicht: weil er ein wenig zu brav ist
Was sonst: VW Golf Variant R, Ford Focus Turnier ST
Wann: ab sofort

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