Sportwagen

Jaguar F-Type S AWD Roadster: Die brüllende Wildkatze

  • In AUTO
  • 5. August 2015, 11:16 Uhr
  • Marcel Sommer (vm)

Selten zuvor gab es beim Roadsterfahren so viel auf die Ohren, wie beim Jaguar F-Type S. Schon das vermeintlich kleine V6-Triebwerk entwickelt eine Geräuschkulisse, die ihresgleichen sucht.

Selten zuvor gab es beim Roadsterfahren so viel auf die Ohren, wie beim Jaguar F-Type S. Schon das vermeintlich kleine V6-Triebwerk entwickelt eine Geräuschkulisse, die ihresgleichen sucht.

Ein Fahrzeug auf nur ein Detail zu reduzieren ist eigentlich nicht richtig. Schon gar nicht, wenn dieses Detail im Gegensatz zum des Rest des Modells steht. Doch wenn ein Auspuff-Sound so dreckig und laut in die Umwelt herausgerotzt wird, wie beim ansonsten sehr edel und modern daherkommenden Jaguar F-Type S, darf, nein, dann muss das mal sein. Denn beim luxuriösen Briten im aerodynamischen Kleid mit Stoffmütze nur von einem Hingucker zu sprechen, ist schlichtweg falsch. Der Grund: Er kündigt seine Ankunft schon hunderte Meter vorher an - ist somit eher ein "Hinhörer". Vor allem in engen Häuserschluchten und Tunnels kann der Fahrer einfach nicht anders, als mal kurz mit seinem Gasfuß einen Gruß an alle Einwohner im Umkreis von gefühlten zehn Kilometern zu entrichten.

Dass es im 85.500 Euro teuren Jaguar F-Type S Cabrio AWD nicht ständig tief grollend zur Sache geht, beziehungsweise er eigentlich nur per Knopfduck zur schreienden Bestie wird, muss ja nicht jeder wissen. Das aktive Auspuffsystem mit Klappensteuerung, das die Abgase des 280 kW/380 PS erzeugenden V6-Triebwerks aus zwei mittig positionierten und armdicken Endrohren zu wahre Höllen-Fanfaren modelliert, kann auch deaktiviert bleiben. Doch außer eines ersten Antrittsbesuchs bei der Schwiegermutter gibt es für Sportwagenfans kaum weitere Gründe die Finger vom kleinen, aber unglaublich effektiven Schalter zu lassen. Besonders dann nicht, wenn zum ersten Mal die sehr gut arbeitende Achtgang-Automatik per Schaltwippen entmündigt wird. Genau dann wird jedes Runterschalten mit explosionsartigen Geräuschen untermalt. Und wenn nach ein paar Sekunden gemütlichen aber steten Gasgebens das Gaspedal gelupft wird, geht zwangläufig der Blick gen Himmel mit der Suche nach dunklen Gewitterwolken. Denn was da so laut brodelt, kann eigentlich nicht von einem funktionierenden Fahrzeug stammen.

Der gern zitierte Satz "Hunde die bellen, beißen nicht" trifft hingegen beim Jaguar F-Type S nicht zu. Denn der rassige Zweisitzer, der bis Tempo 50 sein Stoffverdeck innerhalb von zwölf Sekunden öffnet oder schließt, ist ein echter Sportler. 460 Newtonmeter maximales Drehmoment greifen bei Bedarf an allen vier Rädern an. Der Allradantrieb sorgt beim Beschleunigen und in flotten Kurvenfahrten für sowohl erhöhten Grip als auch eine höhere Sicherheit. 5,1 Sekunden reichen dem 4,47 Meter langen Cabrio aus dem Stand bis Tempo 100. Mit seiner theoretisch erreichbaren und sogar elektrisch abgeregelten Höchstgeschwindigkeit von 275 Kilometern pro Stunde, hat er jedoch ordentlich zu kämpfen. Treibt ihn sein 3,0 Liter großer Sechszylinder bis zur 250er-Grenze noch mächtig nach vorn, geht ihm dann ein wenig die Luft aus. 1.614 Kilogramm wollen schließlich erst einmal bewegt werden.

Erwähnenswert, weil nicht gerade zu erwarten, ist beim Jaguar F-Type S Cabrio seine Alltagstauglichkeit. Dank seines serienmäßigen Sportfahrwerks mit adaptiver Dämpfersteuerung fühlt sich eine Fahrt im sehr edel gestalteten Jaguar zu keinem Zeitpunkt unangemessen hart oder unkomfortabel an. Sein verstärktes Stoffdach bietet zudem auch 1,95 Meter großen Fahrern eine ausreichende Kopffreiheit. Von annähernd so viel Platz kann im restlichen Fahrzeug natürlich nicht die Rede sein. Doch ein Getränkekasten passt immer noch in den 196 Liter großen Kofferraum.

Richtig modern und erst auf den zweiten Blick überhaupt zu bemerken sind die Lüftungsdüsen, die nur je nach Bedarf aus der Oberseite des Instrumententrägers herausfahren. Ebenfalls herausfahren lässt sich der Heckspoiler - sowohl automatisch ab Tempo 100 als auch per Knopfdruck. Unterhalb von 65 Kilometern pro Stunde fährt er wieder ein. Wer demnach einen Jaguar F-Type S mit herausgefahrenem Spoiler durch die Stadt fahren sieht, weiß, der ist entweder zu schnell oder er will einen auf dicke Hose machen. Wobei letzteres nicht wirklich funktioniert, denn dafür ist er schlicht zu hässlich.

Damit ein übermäßiges Balzgehabe nicht in der nächsten Leitplanke endet, dafür stehen dem Fahrer jede Menge Assistenten zur Seite. Besonders effektiv ist der herausstechende Schalter für die Einstellung der Fahrdynamik. Bei schlechtem Wetter kurz antippen und den Winter-Modus wählen, schon werden die Antriebskräfte im maximalen Zaum gehalten. Bei trockenem Wetter lohnt sich ebenfalls ein kurzes Antippen in Richtung schwarz-weiß-karierter Zielflagge, denn dann stehen die Zeichen auf Fahrspaß pur. Oder wie es im technisch korrektem Deutsch heißen würde: die Interventions-Schwelle des DSC-Systems wird erhöht. Mit der Verdopplung des Spaßfaktors und einer artgerechnet Benutzung geht beim F-Type allerdings auch ohne weiteres eine Verdopplung des Normverbrauchs von 8,9 Litern einher. Solange die Klappensteuerung aktiviert ist, macht das aber überhaupt nichts.

Marcel Sommer

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