Fahrbericht

Citroën C4 Cactus: Der etwas andere Kompakte

  • In AUTO
  • 21. September 2015, 14:34 Uhr
  • Walther Wuttke (vm)

In der Vergangenheit waren die Dinge nicht unbedingt besser, dafür aber deutlich einfacher. Das gilt vor allem für die Bedienung eines Automobils. In dieser Beziehung ist der Citroën C4 Cactus heute eine bemerkenswerte Erscheinung.

In der Vergangenheit waren die Dinge nicht unbedingt besser, dafür aber deutlich einfacher. Das gilt vor allem für die Bedienung eines Automobils. Die Zahl der Schalter und Hebel war überschaubar, und die Bedienung der einzelnen Elemente wie Scheinwerfer, Blinker und Scheibenwischer sowie Radio eine einfache Angelegenheit. Heute aber mutieren Autos immer mehr zu rollenden Computern. In dieser Beziehung ist der Citroën C4 Cactus eine bemerkenswerte Erscheinung.

Natürlich verzichtet auch der Cactus nicht auf elektronische Helfer. Er ist bei der Sicherheit auf der Höhe der Zeit, kommt dabei aber gleichzeitig mit neuartigen Lösungen zu den Kunden. Er ist wieder ein typischer Citroën, der aus der Reihe tanzt - fast wie früher, als die Marke scheinbar ständig damit beschäftigt war, alles etwas anders zu lösen als die Mitbewerber und dabei leider mitunter die Alltagstauglichkeit aus den Augen verlor.

Das alles ist beim Cactus anders. Keine Frage, er fällt aus dem Rahmen der Vorstellungen, die in der Kompakt-Klasse herrschen. Das beginnt mit dem Namen. Zur Beruhigung: Der Cactus hat absolut nichts Stachliges. Im Gegenteil, auf den bequemen Sitzen lässt es sich komfortabel reisen, und die großzügigen Polster an den Außenseiten der Türen - Airbumps genannt - bieten feindlichen Türeinschlägen einen weichen Kern und verhindern so hässliche Schrammen.

Gegenüber dem konventionellen C4 ist der Cactus 200 Kilogramm leichter. Dieser Verzicht macht sich allerdings nur akustisch bemerkbar, etwa wenn man die Türen schließt und leider kein sonores "Plop" ertönt. Im Interieur hingegen zeigt die Diät keine unangenehmen Folgen. Der sauber verarbeitete Cactus gehört zu den leisen Vertretern seiner Klasse und belästigt die Insassen nicht übermäßig mit Motor- und/oder Fahrgeräuschen. Im Innenraum zeigt er, dass weniger auch gleich viel oder sogar mehr sein kann. Die Öffnungen für die Klimatisierung sitzen tiefer, so entsteht mehr Platz für Ablagen. Und als technische Premiere entwickelten die Ingenieure des Hauses einen im Fahrzeughimmel integrierten Beifahrer-Airbag, sodass der Raum und die Ablage vor dem Mitfahrer größer als bei der Konkurrenz ausfallen konnte.

Ärgerlich ist dagegen die vom Fahrer schlecht erkennbare Information über den Tankinhalt, die unter dem Digital-Tacho höchstens zu erahnen ist. Obwohl der 73 kW/99 PS starke Dieselmotor zu den Kostverächtern gehört und sich gerade fünf Liter auf 100 Kilometer genehmigt, könnte man diese Anzeige durchaus deutlicher gestalten. Für alle anderen wichtigen Informationen hat Citroën dem Cactus einen Sieben-Zoll-Bildschirm spendiert, über den sich Navigation, Klimatisierung, Fahrzeug-Einstellungen, Telefon, Internetdienste und mehr steuern lassen. Das hat allerdings eine ablenkende Wirkung, sodass man diese Einstellungen vor Fahrtantritt definieren sollte.

Einige findige Zeitgenossen haben den Cactus in eine direkte Linie mit dem legendären 2CV gestellt. Das trifft zu und ist gleichzeitig abwegig. Denn der 2CV entsprach zu seiner Zeit den Wünschen nach einer Basis-Motorisierung und stand vor allem für Verzicht, wenn man einmal vom famos komfortablen Fahrwerk absieht. Der Cactus kommt üppiger daher: Es ist alles an Bord, was im Teileregal des Konzerns vorhanden und in dieser Fahrzeuggröße sinnvoll ist. Assistenten helfen beim Parken ebenso wie beim Anfahren am Berg, und das sogenannte "Magic Wash" hilft beim Reinigen der Frontscheibe. Dazu hat Citroën die Waschdüsen am äußersten Ende der Scheibenwischer integriert, was die Wassermenge halbieren soll. Ein ähnliches System gab es schon mal beim BX, das im Winter allerdings regelmäßig einfror.

Einmal in Fahrt präsentiert sich die Federung des Cactus angenehm komfortabel und erinnert tatsächlich etwas an den 2CV. Die Dämpfung ist entsprechend abgestimmt, sodass Fahrer und Passagiere angenehm reisen. Schnelle Kurvenfahrten sind durchaus möglich, obwohl der Cactus nicht als Dynamik-Meister konzipiert wurde. Vielmehr folgt er den Befehlen seines Chauffeurs und stellt ihn dabei nicht vor Probleme, so lange die Gesetze der Physik nicht übertölpelt werden sollen. Auf der Autobahn muss der Cactus-Pilot zudem dank einer Spitzengeschwindigkeit von 184 km/h keine Angst vor der linken Spur haben.

Dennoch ein Accessoire fehlt dem Cactus: Zwar liefert Citroën gegen Aufpreis ein Glasdach, dass sich aber nicht öffnen lässt. Viel sinnvoller wäre jedoch, auch als Beispiel für Fahren "à la française", ein weit öffnendes Faltdach.

Bewertung:
Plus: Intelligente Innenraum-Lösungen, geringe Geräuschentwicklung, komfortable Sitze vorne, gut funktionierende Stopp-Start-Automatik.
Minus: schlecht ablesbare Tankanzeige, Ablenkungsgefahr durch Bildschirm-Steuerung, beengte Platzverhältnisse im Fond.

Walther Wuttke/mid

Technische Daten: Citroën C4 Cactus Blue HDi 100:
viertürige, fünfsitzige Kompaktlimousine: Länge/Breite/Höhe/Radstand in Metern: 4,15/1,73/1,49/2,59, Leergewicht 1.145 kg, zul. Gesamtgewicht: 1.610 kg, Kofferraumvolumen: 348 l bis 1.170 l, Tankinhalt: 45 l, Preis: ab 20.240 Euro.
Motor: Reihen-Vierzylinder-Common-Rail-Diesel, Hubraum: 1.560 ccm, Leistung: 73 kW/99 PS bei 3.750/min, max. Drehmoment: 254 Nm bei 1.750/min, Höchstgeschwindigkeit: 184 km/h, 0 bis 100 km/h: 10,7 Sekunden, Normverbrauch: 3,4 l/100 km, CO2-Ausstoß: 90 g/km, Fünfgang-Getriebe, Frontantrieb.

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