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Oldtimermessen 2016 - Altes Blech für neues Image

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  • 10. Februar 2016, 15:38 Uhr
  • Wolfram Nickel/SP-X

Mit der Bremen Classic und der Pariser Rétromobile startet in diesen Tagen die neue Messesaison für automobile Klassiker. Vintage liegt allgemein im Trend und Marken mit Tradition verkaufen neue Modelle scheinbar besser. So werden Oldtimershows bei Autoherstellern immer beliebter - im Gegensatz zu Neuwagenmessen.

Der Leipziger Autosalon AMI musste gerade die Auftaktpressekonferenz absagen, weil sich die Messe trotz Ausstelleranmeldeschluss weiter in ,,grundlegenden Gesprächen zu Platzierungen" befindet. Ganz anders dagegen, wenn die Classic-Shows in Bremen, Essen oder Schloss Dyck rufen: Alle Autobauer kommen - oder blicken zumindest gebannt auf den Hype um ihre Modelle von früher. Die Lust der Menschen auf altes Blech ist ungebrochen, wie ständig steigende Besucherzahlen der stets nur über wenige Tage laufenden Oldtimermessen verraten. So rechnet selbst eine nur dreitägige regionale Messe wie die Bremen Classic Motorshow mit deutlich über 45.000 Besuchern, während auf der Techno Classica in Essen sogar knapp 200.000 Eintrittskarten gelöst werden. Dagegen konnte die über zehn Tage laufende Leipziger Neuwagenschau AMI zuletzt nur noch auf 242.000 Messegäste verweisen - und befindet sich im Abwärtstrend international nicht allein, wie ums Überleben kämpfende einst bedeutende Automobilsalons in London oder Stockholm zeigen. Andere regionale europäische Autoshows wie Amsterdam, Brüssel oder Bologna beklagen zwar keine Besucherrückgänge, müssen sich aber mit kleinerem Engagement der Autohersteller arrangieren. Wie die meisten Automanager bestätigen, zählen für Hersteller vor allem globale Leitmessen - und Classic-Events, die Marken begehrlicher machen.

Klassikermessen kennen keine Krise, befinden sich sogar auf scheinbar ungebremsten Höhenflug, wie eindrucksvoll die noch relativ neue und nicht allzu große Bremen Motorshow zeigt. Die acht Ausstellungshallen locken vor allem Altmetallfans aus Norddeutschland und den Niederlanden an, sind aber dennoch bereits fester Bestandteil etwa im Messekalender der Marken des Volkswagen-Konzerns. Zu den alles überstrahlenden Glanzlichtern des Klassiker-Concours an der Weser zählen die legendären Flügeltürer der 1970er Jahre von Mercedes (C111) und BMW (Turbo). Tatsächlich beginnen die BMW-Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag der blau-weißen Marke ebenfalls hier am ehemaligen Borgward-Standort und nicht erst einen Monat später im glamourösen Genf. Auch Importeure mit ganz kleinen Messe-Etats finden immer noch Geld, um Oldtimer-Clubs zu unterstützen, die dann bei Veteranen-Festspielen wie in Bremen die Markenrepräsentanz übernehmen. Sind es doch bisweilen von Fans getragene Vereine, die Neuwagenfahrer an das Thema heranführen. Wenn diese etwa neben ihrem aktuellen Peugeot 508 ein historisches Peugeot 504 Cabriolet bewegen, könnte die Bindung aus Sicht des Peugeot-Produktmarketings nicht besser sein.

Da passiert es in Extremfällen sogar, dass sich etwa Volvo die Kosten der Frankfurter IAA spart und trotzdem bei der Essener Techno Classica alte wie neue Autos ausstellt. Zumal die Autoshows in Essen, bei der Pariser Retro Mobile oder das Goodwood-Festival in England längst auch als Premierenpodium für wichtige Neuheiten genutzt werden. Sogar ganz junge Hersteller wie Lexus oder DS Automobiles entdecken, dass Tradition den Markenwert stärkt und neue Modelle bisweilen begehrenswerter scheinen, wenn sie Seite an Seite mit Oldtimern feierlich enthüllt werden. Vielleicht schiebt die Lust auf altes Blech alle Gedanken an das Auto als Klimakiller oder Verbrenner fossiler Rohstoffe in eine versteckte Schublade. So ist es selbstverständlich geworden, dass Veteranen auch auf Neuwagenmessen als Stimmungsaufheller fungieren. Und sieht die Wirtschaftslage besonders schwierig aus, werden die Oldtimerabteilungen auf Autosalons wie der Leipziger AMI einfach ausgebaut.

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