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Luftfahrt-Historie zum Anfassen: Das Dornier-Museum

  • In OLDTIMER
  • 26. April 2016, 15:29 Uhr
  • Michael Kirchberger

Die Bodensee-Region ist nicht nur für Wanderer und Wassersportler eine Reise wert. Auch Technik-Begeisterte kommen auf ihre Kosten, unter anderem im Dornier-Museum in Friedrichshafen. Der mid machte jetzt einen ''Hausbesuch'' und hat sich umgeschaut.

Der Bodensee. Größtes deutsches Binnengewässer, 400 Meter hoch am Fuß der Alpen gelegen und umgrenzt von Österreich, der Schweiz und der Bundesrepublik. Er gilt als Ferienparadies für Wanderer und Wassersportler. Doch auch Technik-Fans sehen ihn als lohnendes Ziel. Felix Wankel etwa bezog sein Domizil an den Gestaden des Schwäbischen Meeres, wie der Bodensee oft genannt wird. Und die High-Tech-Stadt-Friedrichshafen hat als Standort des Automobil-Systementwicklers ZF (Zahnradfabrik Friedrichshafen) nicht erst in der jüngeren Vergangenheit einen festen Platz auf der Technik-Karte Deutschlands erobert. Graf Zeppelin ließ von hier aus seine Luftschiffe in die Welt schweben, unvergleichlich und majestätisch gingen sie auf weite Reisen - und am Ende leider fast alle in Flammen auf.

Ein weiter Luftfahrtpionier, der nicht mehr in jedermanns Gedächtnis ein Plätzchen hat, schrieb in Friedrichshafen Geschichte: Claude Dornier, am 14. Mai 1884 in Kempten (Allgäu) als Sohn des Franzosen Dauphine Dornier geboren, entwickelte nach dem Abschluss seines Maschinenbau-Studiums in München ein Faible für die Luftfahrt. Angetan hatten es ihm vor allem die Luftschiffe des Grafen Zeppelin, die sich auf ihren Erprobungsfahrten zu den Lieblingen der Deutschen entwickelten.

Bei einer Ausschreibung für die Konstruktion der erforderlichen Wartungshallen für die empfindlichen Silberzigarren begeistert Dornier den Grafen mit dem Entwurf eines komplett drehbaren Gebäudes, was die Einfahrt des Luftschiffs stets gegen die Windrichtung ermöglicht. Zeppelin ist begeistert und bietet dem jungen Ingenieur einen Arbeitsplatz an, überträgt ihm sogar die Leitung einer eigenen, neuen Abteilung. Dornier widmet sich der Konstruktion von Ganzmetall-Flugzeugen. Und geht als Vater der Flugboote in die Geschichte der Luftfahrt ein.

Die Do J mit offener Pilotenkanzel erinnert eher an ein Schiff mit Flügeln. Angetrieben von zwei Maybach MB IV6 Sechszylindermotoren mit jeweils 260 PS kann das Flugzeug bei einem Startgewicht von rund 4,2 Tonnen immerhin 1.200 Kilogramm Nutzlast transportieren. Roald Amundsen fliegt mit der Dornier-Wal fast bis zum Nordpol, die Lufthansa über den Atlantik, um Post nach Südamerika zu transportieren.

Doch ist das nur 15,3 Meter lange Flugboot lediglich ein Vorläufer von weitaus größeren Maschinen, die nicht viel später den Liniendienst zwischen Deutschland und New York aufnehmen sollen. Der Schulterdecker Do X ist mit 12 Motoren, 48 Meter Spannweite und gut 52 Tonnen Abfluggewicht das größte Flugzeug seiner Zeit. Mehr als 150 Passagiere finden an Bord Platz, zehn Besatzungsmitglieder kümmern sich um ihr Wohl. Ein Pilotenfehler bei der Landung auf einem Stausee bei Passau beschert dem Riesenflugzeug jedoch 1933 ein frühes Ende.

Der Zweite Weltkrieg und die vollständige Zerstörung der mittlerweile als Dornier-Werke firmierenden Flugzeugwerft in Friedrichshafen bedeuten das vorläufige Ende für den Luftfahrt-Pionier. Da in Deutschland zunächst keine Flugzeuge gebaut werden dürfen, gründet der Tüftler im benachbarten Lindau eine Fabrik für Webstühle und Textilverarbeitung. Konstruiert dennoch weiter und präsentiert 1955, nach Ende des Produktions-Verbots, das Kurzstart-Flugzeug Do 27, das nach weniger als 500 Meter abhebt. Einen weiteren Meilenstein setzt Dornier 1967 mit der Do 31, dem ersten und einzigen Transportflugzeug mit Senkrecht-Start- und -Landefähigkeit. Die acht Rolls-Royce-Triebwerke RD 162, die das vertikale Abheben ermöglichen, sitzen in Gondeln jeweils an den Enden der kurzen Tragflächen und liefern zusammen mehr Schub als die beiden Bristol-Seddeley-Pegasus-Turbinen, die für den Horizontalflug benötigt werden.

Die Dornier-Werke bauen den Alpha-Jet für die Luftwaffe, eine Stufe der Ariane-Trägerrakete für die Europäische Raumfahrt Agentur ESA und Sonden sowie Satelliten, die ins All transportiert werden. Claude Dornier scheidet mit 78 Jahren aus seinem Unternehmen aus, stirbt 1969 in seinem schweizerischen Alterswohnsitz südlich des Bodensees. "Nicht das Kapital, das in einem Unternehmen steckt, ist entscheidend, sondern der Geist, der es regiert", soll der immer als integer, kompetent und zuvorkommend beschriebene Pionier der Lüfte zur Erklärung der Dornier-Erfolgsstory im hohen Lebensalter gesagt haben

Im Dornier-Museum wird die lange Geschichte auf sehr charmante Weise erzählt. In natürlicher Umgebung, in einem Hangar und im Freigelände direkt an den Rollbahnen des Flughafens Friedrichshafen gelegen sind Originale und Nachbauten zu sehen - einige von ihnen sind begehbar, viel Lehrreiches ist zu erleben. Etwa ein Flug im Simulator mit dem kurzen Hüpfer in einer Do 27 über den Bodensee zum Flughafen St. Gallen-Altenrhein in der Schweiz.

Das Dornier-Museum ist täglich von 09.00 bis 17.00 Uhr geöffnet. Der Eintrittspreis für Erwachsene beträgt neun Euro, für Kinder und Jugendliche von sechs bis 16 Jahren 4,50 Euro ,und Schüler oder Studenten zahlen sieben Euro.
Michael Kirchberger

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