Motorrad

Fahrbericht: Honda NC 750S - Gut angepasst

  • In MOTORRAD
  • 14. Juni 2016, 11:23 Uhr
  • Ulf Böhringer/SP-X

Honda hat die unverkleidete NC 750S dezent, aber zugleich sehr wirksam überarbeitet und punktet insbesondere mit dem mittlerweile hervorragend funktionierenden Doppelkupplungsgetriebe DCT.

Sie ist nicht der Star im Honda-Motorradprogramm. Die NC750S, unverkleidetes Allroundmotorrad, kam im vergangenen Jahr mit 1.128 Zulassungen nur auf den dritten Rang der internen Honda-Bestenliste, nach dem Schwestermodell NC750X (1.500 Einheiten) und der kleinen CB500F (1.202 Stück). Heuer läuft es besser für das Dreiviertelliter-Nakedbike: Aus den letztjährigen 542 sind bereits 657 Neuzulassungen geworden, ein Plus von gut 20 Prozent. Das ist allerdings auch kein Wunder, denn Honda hat die NC750S für 2016 dezent, aber wirksam überarbeitet. Viele Angriffsflächen hat die unkompliziert zu handhabende Maschine ohnehin nicht geboten.
 
Einiges investiert hat Honda im Bereich der Ausstattung: LED-Lichttechnik für Scheinwerfer und Rücklicht, vergrößerte Utility-Box zur Aufnahme eines Vollvisierhelms, dazu auch noch einstellbare Farben für den Drehzahlmesser im LCD-Cockpit-Display. Auch technisch wurde optimiert: dass Doppelkupplungsgetriebe weist jetzt einen dreistufigem Sport-Modus auf, die vordere Bremszange bekam ein Update. Dazu kommen neue Farben sowie eine modifizierte Fahrzeugfront.
 
Auffällig verändert zeigt sich der kompaktere Endschalldämpfer: Er ist kürzer, leichter und zugleich wohlklingender. Damit erreicht der sehr pfiffig konstruierte 745 ccm-Reihenzweizylinder auch trotz der Erfüllung der neuen Euro-4-Emissionsnorm weiterhin eine Maximalleistung von 40 kW/55 PS/ bei 6.250/min. Dank füllig verlaufender Drehmomentkurve (Spitze 68 Nm bei 4.750/min.) ist genügend Kraft vorhanden. Das zeigt sich noch deutlicher, wenn die S mit dem optionalen Doppelkupplungsgetriebe DCT ausgerüstet ist, weil dann - der jüngsten Modifikation sei Dank - in so gut wie jeder Situation die passende Übersetzung zur Verfügung steht. Zusätzlich zum niedertourig und verbrauchsökonomisch ausgelegten D-Modus gibt es für den mit mehr Drehzahl operierenden S-Modus nun drei Varianten: S1 liegt dichter an D, S3 schaltet besonders spät und dehnt den früheren S-Modus nach oben hin, S2 liegt mittendrin.
 
Die Wechsel der Fahrmodi sind einfach: Knopfdruck links am Lenker genügt. So lässt sich leicht das für jedes Straßenprofil und jede Topografie das passende Übersetzungsprogramm einstellen. Beim schnellen Fahren auf sehr kurvenreichen (Berg-)Strecken machte uns S3 am meisten Spaß, auf weiter geschwungenen, mit höherem Tempo absolvierten gut ausgebauten Straßen stellte sich S1 als perfekt heraus. In der Stadt und beim entspannten Gleiten priorisierten wir D.
 
Passt das Programm ausnahmsweise mal nicht, genügt wiederum ein Knopfdruck. Mit Hilfe der Tasten ,,Plus" und ,,Minus" links am Lenker kann man blitzartig und ohne Kraftschlussunterbrechung manuell hinauf oder zurückschalten. Großes Lob für Hondas DCT in seiner jüngsten Form! Sehr positive Auswirkungen hat das DCT auch auf den Benzinkonsum: Im gemischten Verkehr kamen wir auf einen Wert von gerade vier Liter pro 100 Kilometer; wer's drauf anlegt, kann auch 3,5 Liter erreichen.
 
Fahrwerksmäßig wurde nur der Bremssattel der vorderen 32-cm-Einscheibenbremse modifiziert. Die Bremse ist den Fahrleistungen der NC750S damit voll gewachsen, das Ansprechverhalten tadellos. Da auch die Abstimmung der 41 mm-Telegabel wie die Grundabstimmung des Federbeins gelungen sind, steht freudvoll-leichtem Motorradfahren nichts im Wege. Nicht perfekt ist der Verstellmechanismus des Federbeins; einen Drehknebel hat sich Honda gespart, so dass man einen Hakenschlüssel nutzen muss.
 
Das LED-Licht überzeugte (bei Tag) durch gutes Aussehen, über die Lichtleistung können wir mangels Dunkelheit noch nichts sagen. Das neue, in seinen Farben modifizierbare LCD-Cockpit-Display ist zufriedenstellend ablesbar, dürfte aber insgesamt durchaus etwas größer sein, damit es nicht gar so ,,voll" erscheint. Die Tankattrappe (,,Utility Box") fasst jetzt auch einen Vollvisierhelm. Schade nur, dass man zum Öffnen immer den Zündschlüssel benötigt. Praktisch sind die abgewinkelten Reifenventile, weil sie die Luftdruckprüfung erheblich erleichtern. Ein Manko ist dagegen, dass sich Honda eine automatische Blinkerrückstellung bei diesem Modell auch künftig spart.
 
Dennoch: Die japanischen Honda-Entwickler haben im bei der NC750S erneut bewiesen, dass man mit 55 PS sehr viel Fahrspaß genießen kann. Und noch deutlicher wird bei diesem Modell, dass die DCT-Entwicklung inzwischen ein Niveau erreicht hat, das man durchaus mit dem Prädikat ,,sensationell" bezeichnen kann. Zugleich kommt der Praxisnutzen bei der NC750S nicht zu kurz. Und weil auch die Verarbeitung zu überzeugen vermag, erscheint das Absatzziel von Honda-Deutschland von 1.350 Einheiten absolut realistisch. Ein Plus von rund 20 Prozent hat dieses sehr angenehm zu fahrende Motorrad absolut verdient.

Technische Daten Honda NC 750S
 
Motor:  Flüssigkeitsgekühlter Zweizylinder-Reiehnmotor, 745 ccm Hubraum, dohc, 4 Ventile pro Zylinder, 40 kW/55 PS bei  6.250/min., 68 Nm bei 4.750/min; Einspritzung, 6 Gänge (optional Doppelkupplungsgetriebe), Kette.
 
Fahrwerk: Stahl-Brückenrahmen, Telegabel 4,1 cm ø vorne, 12 cm Federweg; Stahl-Zweiarmschwinge hinten,  Zentralfederbein, Vorspannung einstellbar, 12 cm Federweg; Leichtmetallgussräder; Reifen 120/70 R 17 (vorne) und 160/60 R 17 (hinten). 32 cm Einscheibenbremse vorne, 24 cm Einscheibenbremse hinten.
 
Assistenzsysteme: ABS, zwei Fahr-Modi, DCT manuell oder mit vier Fahrprogrammen.
 
Maße und Gewichte: Radstand 1,53 m, Sitzhöhe 79 cm, Gewicht fahrfertig 217 kg (DCT plus 10 kg) kg; Tankinhalt  14,1 l.
 
Preis: DCT-Version 7.550 Euro (mit manuellem Getriebe 6.550 Euro)

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