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Tradition: 50 Jahre Opel Rekord C - Der Rekord der Rekorde

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  • 22. August 2016, 14:57 Uhr
  • Wolfram Nickel/SP-X

Mit keckem Hüftschwung im Coke-Bottle-Design und schnellen Fastbackcoupés brachte der Rekord C amerikanischen Lifestyle in deutsche Garagen und Reihenhaussiedlungen. Dies so erfolgreich, dass der Rüsselsheimer die Mittelklasse von VW und Ford wieder auf die Plätze verwies und als erster Opel in Millionenauflage verkauft wurde.

Vor einem halben Jahrhundert kam die Nachricht einem Erdbeben gleich: Opel, der zweitgrößte deutsche Autobauer, befand sich mit seinem Megaseller Rekord auf der Verliererstraße. Über ein Jahrzehnt hatte der Rekord hierzulande nicht nur die Mittelklasse beherrscht, er war sogar die Nummer zwei hinter dem VW Käfer. Aber der 1965 lancierte Rekord B hatte nicht verhindern können, dass Opels Marktanteil in der Mittelklasse von über 40 auf 28 Prozent einbrach, während Erzrivale Ford seinen Anteil mit dem angejahrten Taunus 17 M/20 M von 17 auf 31 Prozent steigerte. Entsprechend hoch waren im Spätsommer 1966 die Erwartungen an den vollkommen neu entwickelten Rekord C.

Tatsächlich war dieser Rüsselsheimer ein Dynamiker, der alles anders machte. So verkörperten die nach dem Vorbild des Chevrolet Chevelle im Coke-Bottle-Design gezeichneten und optional mit Sechszylindermotoren lieferbaren Limousinen, Coupés und Caravans der Rekord-Reihe einen damals aufregend wirkenden Mix aus sportivem amerikanischem Lifestyle und deutscher Technik. Ein preiswerter Power-Cocktail, der die Käufer auf die Überholspur lockte. ,,Fahren Sie den Dicken davon", forderte die Opel-Werbung auf und beruhigte bezüglich der noch bezahlbaren Preise, man habe sich nicht ,,verdruckt". Mit diesen Zutaten wurde der Rekord C erst Europas meistgekauftes Mittelklassemodell, dann ein brasilianischer Bestseller mit Chevrolet-Markenzeichen sowie schließlich meistgebauter Opel seit dem Lutzmann von 1899. Nicht zu vergessen: Die Produktions-Schallmauer von einer Million Einheiten durchbrach der bis Ende 1971 gebaute Rekord C ebenfalls als erster Opel. Rekorde über Rekorde, die so kein späterer Opel Rekord übertreffen konnte.

Vor allem aber machte die komplett neu gestaltete Mittelklasse mit Blitz den Konkurrenten aus Köln und Wolfsburg das Leben schwer. Ford konterte den Rekord C zwar schon 1967 mit einer neuen 17M/20M-Generation, diese verfehlte jedoch vollkommen den Kundengeschmack durch antiquierte Fahrwerkstechnik und schwülstige Formen. Ein ,,unerfreuliches" Auto, meinten sogar Fachmedien über den Ford und die Kölner mussten die Fertigungszahlen ihres Flaggschiffs um fast 40 Prozent reduzieren.

Der VW 411 von 1968 konnte ebenso wenig reüssieren. ,,Wenn der Rekord steigt, fällt mancher zurück", tönte die Opel-Werbung selbstgefällig, als Opel alle Register gezogen hatte und den Rekord nun auch noch als sportliche Spitzenversion Sprint anbot mit Rallyestreifen, Zusatzscheinwerfern und 78 kW/106 PS starkem 1,9-Liter-Vierzylinder. Ein Kraftpaket, mit dem dieser Zweitürer in 12,5 Sekunden auf 100 km/h spurtete und sogar Sportwagen wie dem Porsche 912 Paroli bieten konnte.

Dennoch: Das Lossprinten in der Verkaufsstatistik gelang dem Sportler nicht. Zu nahe kam ihm eine fast gleichzeitig ins Rennen geschickte Luxusversion des Rekord, der Commodore. Mit zugkräftigen Sechszylindermotoren und Premiumimage schickte dieser neue Kommandant des Rekord-Geschwaders den kaum preiswerteren Sprint auf eine unbedeutende Außenbahn. Ein Schicksal, das der Sprint übrigens mit dem Sechszylinder-Rekord 2200 teilte, der gegenüber dem Commodore gleichfalls chancenlos blieb.

Noch rarer blieb nur das exklusive 2+2-sitzige Rekord Sport-Cabriolet, dass der Karossier Karl Deutsch in Köln aus dem Coupé zauberte. Der Vertrieb erfolgte über das Opel-Händlernetz, allerdings kostete das Cabrio gegenüber dem Coupé fast 50 Prozent Aufpreis. Ein luxuriöses offenes Vergnügen, das sich lediglich 50 Opel-Fahrer gönnten. Andererseits passte der Frischluft-Rekord zur Opel-Philosophie, die vorsah für alle Kundenbedürfnisse den passenden Rekord bereit zu halten. Deshalb gab es ab 1967 auch einen Rekord mit langem Radstand in der ,,Sonderausführung Taxi" und ein geschlossener Rekord Kastenwagen für Handwerker durfte ebenfalls nicht fehlen.

Am Ende waren es acht Karosserieversionen und Motoren von 43 kW/58 PS bis 78 kW/106 PS, mit denen die Rüsselsheimer Mittelklasse dem Werbecredo des ,,Vielseitigkeits-Rekord" gerecht werden wollte. Wem das nicht reichte, konnte das Schwestermodell Commodore kaufen, das als 110 kW/150 PS starker GS/E sogar die V8-Oberklasse scheuchte.

Variantenvielfalt und kesser Hüftschwung über der Hinterachse genügten natürlich nicht für die Führungsrolle in der automobilen Mittelklasse. Immerhin kämpften dort damals noch über 20 europäische Marken von Alfa bis Volvo um die Gunst der Käufer, für die das Auto ein wichtiges gesellschaftliches Statussymbol war. Weshalb Opel den stattlichen Rekord speziell für Aufsteiger aus kleinen Klassen in einer billigen Basisversion anpries und in der Werbung beruhigte: ,,Er hat nur ein paar Chromleisten weniger..." Was der Rekord sogar in Magerausstattung manchem Wettbewerber voraus hatte, war sein modernes Fahrwerk. Die starre Hinterachse musste sich nicht länger mit Blattfedern bescheiden, sondern wurde durch Schraubenfedern abgestützt und von Doppel-Längslenkern und einem Panhardstab geführt. Hinzu kamen vordere Stabilisatoren, hinten waren sie Option. Auch in Sachen Sicherheit tat sich viel, denn servounterstützte Zweikreisbremse und Scheibenbremsen gab es serienmäßig und ab Herbst 1967 auch die Sicherheitslenksäule mit Sollbruchstelle.

Obwohl die Presse über einige Probleme mit dem 1,9-Liter-Motor berichtete, war das Medienlob ob der hohen Verarbeitungsqualität der Rekord und Commodore fast überschwänglich. Das Image ,,Opel, der Zuverlässige" blieb erhalten und sogar von ,,Wunderwagen" war die Rede. Ein Ruf, der durch spektakuläre Motorsportauftritte zusätzlich gefördert wurde. Sei es mit dem Gewinn des ,,Coupe des Dames" bei der Rallye Monte Carlo 1971 durch Marie-Claude Beaumont auf Commodore GS/E oder durch die legendäre ,,Schwarze Witwe" von 1968. Dabei handelte es sich um einen geheimnisvollen, 110 kW/150 PS starken Opel Rekord für die Gruppe 5 der Spezial-Tourenwagen, der offiziell ohne Wissen des Opel-Vorstands gebaut worden war und erstmals in Zolder auftauchte. Die Idee dieses Renn-Opel mit schwarzem Lack und gelbem ,,Opel-Auge" stammte von den Designern Charles ,,Chuck" Jordan und Anatole Lapine, die damit erfolgreich für einen Opel-Markenpokal warben.

Als die sechste Rekord-Generation und der Commodore A zur Jahreswende 1971/1972 Platz machten für gleichnamige Nachfolger, hatten die Mittelklassemodelle Opel fast wieder zum deutschen Marktführer gemacht. Richtig genießen konnten diesen Triumph jedoch erst die neuen Rekord D und Commodore B, denn im Mai 1972 gelang Opel das unmöglich geglaubte: Mit einem Marktanteil von 20,4 Prozent überholten die Rüsselsheimer kurzzeitig den Erzrivalen VW. Auf internationalen Märkten war die Karriere des Opel-Duos im Coke-Bottle-Design damals übrigens noch nicht am Ende. In Brasilien und Uruguay liefen etwa die Chevrolet Opala und Commodoro noch bis 1993 vom Band. Kürzer waren nur die Bauzeiten des Opel Olympico in Mexiko und der Ranger-Modelle in Südafrika, Belgien und der Schweiz. Unsterblich sind die GM-Modelle dennoch alle - dank der formgebenden Coca-Cola-Flasche.

Chronik Opel Rekord C:
1963: Markteinführung Rekord A und Entwicklungsstart für den Rekord C. Das Design für den neuen Rekord C entstand in der Rüsselsheimer Styling-Abteilung unter Herbert Killmer und Erhard Schnell. Schnell aus dem Advanced Design setzte letztlich einen Hüftschwung durch, der, wie auch beim Chevrolet Chevelle, an die Form einer liegenden Coca-Cola-Flasche erinnerte
1965: Einführung eines überarbeiteten Rekord A unter der Bezeichnung Rekord B mit neuer, bereits für den Rekord C bestimmter Motorengeneration
1966: Im August debütiert der Rekord C. Ab Dezember auch als Hardtop-Coupé und mit Sechszylindermotor lieferbar
1967: Der Karossier Karl Deutsch, Köln, produziert bis 1971 auf Basis von Rekord Coupé und Commodore Coupé 2+2sitzige, sogenannte Sport-Cabriolets, die über das Opel-Händlernetz vertrieben werden. Das Rekord Taxi mit verlängertem Radstand feiert Premiere. Auf dem Genfer Salon feiert der Commodore 2500 sein Debüt. Von Mai 1967 bis August 1968 gegen Minderpreis mit 2,2-Liter-Motor lieferbar. Im November Einführung des Spitzenmodells Commodore GS. Der Rekord Sprint rundet die Rekord-Palette nach oben ab. Ab Herbst ,,Spar-Rekord"-Sondermodelle in Basisausstattung zu besonders günstigen Preisen
1968: Auf dem Genfer Salon debütiert die Kombi-Studie Commodore Voyage. Einführung einer Dreigang-Automatik als Ersatz für die Zweigang-Powerglide-Automatik. Im November neue Auflage des Sondermodells ,,Spar-Rekord" mit vereinfachter Ausstattung. Im August kommt das Aus für den Rekord mit 2,2-Liter-Sechszylinder-Motor
1969: Im Januar Entfall des manuellen Dreigang-Getriebes. Leistungssteigerung für den Commodore 2,5-Liter-Motor. Gründliche Modellpflege für alle Rekord und Commodore
1970: Im Januar wird der 1,5-Liter-Motor aus dem Programm genommen. Auf dem Genfer Salon debütiert der Commodore GS/E mit elektronischer Benzineinspritzung als neue Spitzenversion der Modellreihe. Zusätzlich wird der Commodore 2800 mit dem Motor des Opel Admiral ins Programm aufgenommen. Im September Entfall der modischen Zweifarblackierung für den Rekord, stattdessen Einführung eines optionalen Vinyldachs
1971: Im Sommer Sondermodell Rekord Holiday mit Zusatzscheinwerfern, Stahlschiebedach und beheizbarer Heckscheibe. Am 6. September läuft als zehnmillionster Opel seit dem ersten Lutzmann von 1899 ein Rekord C vom Band. Im Dezember Produktionsauslauf für Rekord C und im Januar 1972 für den Commodore A. Ebenfalls im Dezember Serienstart für Rekord D
1972: Im Januar erfolgt die Präsentation des Rekord D bzw. Rekord II als Nachfolger des Rekord C und der Commodore B wird angekündigt. Marktstart für den Commodore B ist jedoch erst im Frühjahr
 
Ausgewählte Produktionszahlen:
Insgesamt 1.276.681 Rekord C, davon
Opel Rekord 1500 (1966-1970): 61.973 Einheiten
Opel Rekord 1700 (1966-1971): 541.221 Einheiten
Opel Rekord 1900 (1966-1971): 407.604 Einheiten
Opel Rekord 2200 (1966-1968): 10.151 Einheiten
Opel Rekord 1500 Caravan (1966-1970): 13.688 Einheiten
Opel Rekord 1700 Caravan (1966-1971): 137.695 Einheiten
Opel Rekord 1900 Caravan (1966-1971): 81.713 Einheiten
Opel Rekord 2200 Caravan (1966-1968): 1.435 Einheiten
Opel Rekord Lieferwagen (1966-1971): 21.201 Einheiten
Insgesamt über 156.330 Commodore A, davon
Opel Commodore 2200 (1967-1968): 1.326 Einheiten
Opel Commodore 2500 (1967-1971): 152.630 Einheiten
Opel Commodore 2800 (1970-1971): 2.574 Einheiten

Motorisierungen Opel Rekord C bzw. Commodore A:
Opel Rekord 1500 (1966-1970) mit 1,5-Liter-Vierzylinder-Benziner (43 kW/58 PS bzw. 44 kW/60 PS),
Opel Rekord 1700 (1966-1971) mit 1,7-Liter-Vierzylinder-Benziner (44 kW/60 PS bzw. 49 kW/66 PS bzw. 55 kW/75 PS),
Opel Rekord 1900 (1966-1971) mit 1,9-Liter-Vierzylinder-Benziner (66 kW/90 PS bzw. 78 kW/106 PS im Rekord 1900 Sprint),
Opel Rekord 2200 (1966-1969) mit 2,2-Liter-Sechszylinder-Benziner (70 kW/95 PS),
Opel Commodore 2200 (1967-1968) mit 2,2-Liter-Sechszylinder-Benziner (70 kW/95 PS),
Opel Commodore 2500 (1967-1971) mit 2,5-Liter-Sechszylinder-Benziner (85 kW/115 PS bzw. 88 kW/120 PS bzw. 96 kW/130 PS bzw. 110 kW/150 PS),
Opel Commodore 2800 (1970-1971) mit 2,8-Liter-Sechszylinder-Benziner (107 kW/145 PS).

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