Neuheit

Neues Konzept für das klassische Reisemobil - Die Wiederbelebung des Alkovens

  • In AUTO
  • 29. August 2016, 10:21 Uhr
  • Michael Lennartz

Strohfeuer oder Renaissance? Neue Alkoven-Modelle wecken die Hoffnung, dass die Talsohle nach dem Absturz des klassischen Reisemobil-Formats durchschritten ist. Aber es gibt auch Skeptiker.

Auf Verkehrszeichen, auf Wegweisern zum Wohnmobilstellplatz oder auf Hinweisschildern für die nächste Entsorgungsstelle, ja auf jedem Bild, das Zeitgenossen, ob jung oder alt, schnell mal als Reisemobil skizzieren - wie präsentiert sich in allen Fällen das Ergebnis? Genau, es wird immer ein Alkoven-Fahrzeug zu sehen sein, ein ,,Nasenbär" mit der typischen Ausbuchtung über dem Fahrerhaus.
 
Alkoven-Modelle stehen für die Gattung der Reisemobile schlechthin. Ihr Anteil lag gegen Ende des letzten Jahrtausends bei deutlich über 50 Prozent. Die Eigenheime auf vier Rädern waren Familienfahrzeuge und das Doppelbett im Dachjuche die ideale Schlafstätte für Kinder. Doch das ist lange her. Nach jahrelangem Sturzflug ist der Anteil dieser klassischen Bauweise an den boomenden Reisemobil-Zulassungen auf rund zehn Prozent abgesackt. Es schien nur noch eine Frage der Zeit, bis das traditionelle Wohnmobil-Konzept endgültig beerdigt wird. Doch Pustekuchen. Neue Impulse auf dem Düsseldorfer Caravan-Salon sorgen zumindest für eine zaghafte Wiederbelebung des Segments. Wie kommt's?
 
Ein wichtiger Punkt ist die neue Bettenanordnung. Statt der quer liegenden Zweierkoje, die mit dem Fahrerhaus abschließt, setzen einige Hersteller jetzt auf längs angeordnete Einzelbetten im Alkoven wie etwa im neuen Dethleffs Grand Alpa A7820-2. Nicht umsonst ist das die beliebteste Anordnung für die deutsche Reisemobil-Klientel. Hier muss nicht einer über den anderen klettern, falls es nachts dringende Geschäfte zu erledigen gilt, und dennoch lassen sich auch Kuschel-Wünsche erfüllen, weil mit Zusatzpolstern auch eine große durchgängige Liegewiese geschaffen werden kann.
Man muss auch nicht mehr über eine wackelige Leiter unters Dach klettern. Der Zugang erfolgt vielmehr über eine bequeme ausklappbare Mitteltreppe, die in die Verbindungstür zum Fahrerhaus integriert ist. Der Platz unter den Fußenden der Einzelbetten wird mit zwei Schränken sinnvoll genutzt. Als weiteres Plus dient die komplette Abschottung zum Fahrerhaus einer besseren Isolation sowohl bei Hitze im Sommer wie bei Kälte im Winter.
 
Allerdings ist dieser Nasenbär auch nicht mehr als Familien-Fahrzeug konzipiert, sondern als ,,rollende Ferienwohnung für allein reisende Paare mit großem Platzbedarf" (O-Ton Dethleffs), die sich über eine sehr große Rundumsitzgruppe im Heck freuen können, aber auch die Kleinigkeit von 86.000 Euro auf den Tisch blättern müssen.
 
Letztlich wird mit diesem Konzept, das auch die Hersteller Concorde und Phoenix in ihren noch weitaus teureren Luxus-Wohnburgen verwirklichen, aber genau die Zielgruppe umgarnt, die für den Niedergang des Alkovens verantwortlich war: die Generation Ü60, die viel Zeit und dazu das nötige Kleingeld besitzt, sich teure Reisemobile leisten zu können. Diese Gruppe ist aber weitgehend nur zu zweit unterwegs und wünscht sich einen bequemen Zugang zum Bett. Mit dem herkömmlichen Alkoven-Konzept war das nicht zu verwirklichen. Weshalb der Run auf die integrierten und teilintegrierten Modelle mit den fest installierten Kojen im Heck einsetzte.
 
Ob die neue Aufteilung aber schon für eine Renaissance ausreicht? Die Skeptiker überwiegen noch. Bei den Premium-Herstellern Hymer und Carthago sind keine Alkovenmodelle im Einsatz und auch nicht in der Planung. Einige andere Marken, die an dieser Reisemobil-Kategorie festhalten, kochen das Thema eher auf kleiner Flamme. ,,Wir hatten schon vor Jahren das Modell Activa mit Einzelbetten im Alkoven ausgerüstet. Das lief aber nicht", erzählt Holger Siebert, der Geschäftsführer der Firma Eura-Mobil, von seinen Erfahrungen. Vielleicht sei man nur seiner Zeit voraus gewesen. ,,Alkoven-Fahrzeuge haben aber nach wie vor ihre Bedeutung im Vermietgeschäft. Und zwar in ihrer Funktion als Familien-Fahrzeug, bei dem Wert auf Robustheit und Raumangebot gelegt wird", so Siebert weiter. Deshalb hat das Unternehmen aus Sprendlingen bei Bingen auch weiterhin nur Fahrzeuge nach altem Muster im Programm.
 
Bürstner hat die Alkoven-Variante seiner neuen Lyseo-Baureihe ebenfalls klassisch konzipiert, und auch Knaus-Chef Wolfgang Speck, als Familienvater bekennender Alkoven-Fan, hält am traditionellen Schema fest. Auf jeden Fall ist er sich aber sicher: ,,So oder so. Aussterben wird der Alkoven nie."

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