Neuheit

Neuer Caravan-Markt - Das zarte Pflänzchen China

  • In AUTO
  • 29. August 2016, 10:25 Uhr
  • Michael Lennartz

Mit einem neidvollen Blick auf die Absatzpotenziale der Autobranche spielen Reisemobile und Wohnwagen im Reich der Mitte noch eine untergeordnete Rolle. Aber das soll sich ändern.

Sie waren vielleicht die exotischsten Besucher des Düsseldorfer Caravan-Salons, in jedem Fall aber die mit der weitesten Anreise. Gao Yang und seine Ehefrau Yang Bei reisten mit dem eigenen Wohnmobil aus ihrer chinesischen Heimat an und waren insgesamt 21 Tage unterwegs, um sich über die Trends und Highlights der weltgrößten Messe für Reisemobile und Caravans zu informieren. Im Schlepptau die 77 und 80 Jahre alten Eltern von Yang Bei.

Zweifellos eine außergewöhnliche, eine spektakuläre Tour, zumal eine sich anschließende Europa-Rundreise in den nächsten zweieinhalb Monaten weitere Intensiv-Erlebnisse erwarten lässt. Trotzdem ist das Besondere an dem extremen Wohnmobil-Trip eigentlich das, was hierzulande als völlig normale, aktuell boomende Reiseform gilt: Caravaning.

Für die Autobranche mag das Reich der Mitte ja mittlerweile als einer der ganz großen Absatzmärkte dieser Welt eine enorme Bedeutung haben, das Thema Caravaning steckt dort aber noch in den Kinderschuhen. Gleichwohl weiß man auch hierzulande, welch großes wirtschaftliches Potenzial für die Reisemobil- und Wohnwagen-Branche dort schlummert. ,,Selbst wenn nur ein Prozent der Bevölkerung sich dort für das Caravaning interessieren würde, wäre das eine Riesenmacht", erklärt Stefan Koschke, der Messe-Direktor des Caravan-Salons.

Kein Wunder, dass die deutsche Caravan-Industrie in Kooperation mit dem Bundesverkehrsministerium und dem deutschen Verband CIVD sich stark in China engagiert und versucht, das zarte Pflänzchens Caravaning dort zum Erblühen zu bringen. Ein in Shanghai ansässiger Ableger der Messe Düsseldorf hat im Juni bereits zum fünften Mal die ,,All in Caravaning"-Ausstellung im Beijing Exhibition Center veranstaltet. Und man sieht, es bewegt sich etwas. Kamen am Anfang gerade mal 2.000 Besucher, so waren es diesmal bereits über 17.000 Interessierte, 51 Prozent mehr als im Vorjahr.

30.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche sind gemessen an Düsseldorfer Verhältnissen eine Winzigkeit. 200 auf der Pekinger Messe verkaufte Fahrzeuge und über 1.000 von Campingplätzen und Händlern georderte Reisemobile und Caravans stimmen aber optimistisch. Schließlich fehlt es weitgehend ja auch noch an der nötigen Infrastruktur, an Stell- und Campingplätzen, die nur so nach und nach wenigstens im Umfeld der großen Millionenstädte entstehen. Und schlicht und einfach auch an rechtlichen Vorgaben. Das Mietgeschäft wird dadurch erschwert, dass Ausländer, die beispielsweise eine China-Rundreise planen, einen chinesischen Führerschein brauchen. Oder Anhängerkupplungen, sie sind für private Pkw in China nicht vorgesehen, so dass Wohnwagen als ausschließlich fest installierte Übernachtungsmöglichkeiten auf Campingplätzen natürlich einen schweren Stand gegen die Reisemobile haben.

Trotzdem hat die Hymer-Gruppe in Peking einen neuen Caravan vorgestellt, LMC war mit einer Reisemobil-Neuheit vertreten, Iveco ist als Basis-Fahrzeug gefragt und auch Hobby und Fendt zählen zu den Aktivposten. Der slowenische Hersteller Adria hat bereits eine Partnerschaft mit der Brilliance-Auto-Group geschlossen. Und auch amerikanische und australische Unternehmen schlafen nicht.

Die Zeiten, da sich die stark exportlastige deutsche Caravan-Industrie ausschließlich auf Europa beschränkt sind jedenfalls vorbei. Gerade in China wittern zumindest die Großen der Branche ihre Chance auf gute Geschäfte in der Zukunft. Der Boom hierzulande wird sicher nicht ewig anhalten. Dass Yang Bei, die als offizielle Caravaning-Botschafterin ihres Landes gilt, mit ihrem Besuch auf dem Caravan-Salon die Kontakte zur Messe Düsseldorf pflegt, wird dabei sicher kein Schaden sein.
 

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