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VW setzt auf einen eigenen Baukasten für Elektroautos - Wolfsburger Zauberformel

  • In AUTO
  • 30. September 2016, 12:40 Uhr
  • Peter Maahn/SP-X

Mit einer neuen Architektur namens MEB will Volkswagen viele Konzernmodelle für das Elektro-Zeitalter fit machen. Der ,,Modulare Elektrifizierungsbaukasten' feiert gerade auf dem Pariser Autosalon in der Studie VW I.D. seine Premiere. Und soll bisher ungeahnte Möglichkeiten bieten.

Was ist eigentlich MQB? Ein Wissentest, der manchen Kandidaten diverser Quizshows ein Fragezeichen ins Gesicht zaubern würde. Dabei ist die Buchstaben-Kombination in der Autobranche wohlbekannt, steht für ,,modularer Quer-Baukasten". Er liefert seit Jahren die Basis für viele Modelle des VW-Konzerns mit quer eingebautem Motor wie auch für den Golf. Seit dem Pariser Salon sind die Fans der Wolfsburger Marke schon wieder mit einem Kürzel konfrontiert, das für die Zukunft des größten europäischen Autobauers noch wichtiger wird. ,,MBE steht für modularer Elektrifizierungsbaukasten", erklärt Christian Senger, der die jetzt beginnende Elektro-Offensive des Konzerns leitet. ,,Bis 2025 werden wir 30 Modelle verschiedener unserer Marken auf dieser Architektur aufbauen".

Kein Wunder, dass bei der langen Bezeichnung, die bei Ingenieuren und Designern derzeit in aller Munde ist, eine Abkürzung nötig wurde. ,,Wir haben bei Null angefangen", erinnert sich Senger, der vom niedersächsischen Nachbarn Continental zu VW wechselte. Die Idee sei gewesen, das ganze Paket an Batterien für E-Fahrzeuge möglichst tief zwischen den Achsen zu platzieren. ,,Wie eine rechteckige Schokoladentafel", vergleicht Christian Senger. ,,Wir können die Zahl der nötigen Batteriezellen problemlos verändern, je nach den Anforderungen, die das jeweilige Modell erfordert". Weniger Kraftpakete ermöglichen, den Abstand zwischen den Achsen zu verringern, Modelle wie ein künftiger E-Polo oder auch ein Seat Ibiza oder Skoda Fabia werden die kurze Variante nutzen.

Wird mehr Akku-Kapazität zum Beispiel für eine stromernde Version des Passat oder Tiguan gebraucht, schafft das Auseinanderrücken der Achsen im Untergeschoß des Autos den dafür nötigen Platz. Christian Senger: ,,Wir haben erkannt, dass sich konventionelle Unterböden heutiger Konzernmodelle nur mit großen Einschränkungen für die Elektrifizierung eignen. Durch die nötigen Bauteile des Verbrennungsmotors wie Bodentunnel, Abgasanlage oder Tank war einfach kein Platz für die Batterien".
 
Das Platzangebot ist denn auch der größte Vorteil der neuen Zeit, dessen erster Vorbote der in Paris präsentierte Volkswagen I.D. ist. Durch den Wegfall raumgreifender Teile steht fast die gesamte Fläche des Autos für die Gestaltung des Innenraums zur Verfügung: ,,Auch Komponenten wie Klimaanlage, Heizung oder auch den Zentralrechner können wir beim MEB locker im unteren Bereich unterbringen", sagt Senger und belegt damit, dass der I.D. trotz der Außenmaße eines heutigen Golf das Platzangebot einen Passat bietet, und zwar für Passagiere und Gepäck. Höchste Dringlichkeit für den nächsten Schritt hat für den VW-Ingenieur ein voll elektrisches SUV in Größe des Bestsellers Tiguan. ,,Wir sind dank dieser neuen Architektur frei in unseren Entscheidungen für weitere Modelle".

Der MEB sieht eigentlich ganz simpel aus, schon die zahllosen elektrischen Golf-Karts haben prinzipiell diese Technik. Vier Räder an zwei Achsen, dazwischen die Schoko-Tafel an Batterien. Warum dauert es also noch mehr als drei Jahre, bis die ersten Modelle beim Händler landen? Christian Senger bleibt gelassen: ,,Wir brauchen immer eine gewisse Zeit an Vorlauf, um bei unseren Lieferanten die Teile in der Stückzahl zu bestellen, die wir dann für die Serienproduktion brauchen". Als Beispiel nennt er die Batterien. Wenn deren Hersteller nicht mehrere Monate Zeit hat, sich auf den Großauftrag aus Wolfsburg vorzubereiten, würde er nicht in dem Maße liefern können wie es VW erwartet. ,,Das dauert nun mal und kann auch nicht beschleunigt werden", sagt der VW-Manager.

Hinzu kommt, dass die heutigen Batterien nicht die Reichweite ermöglichen, die VW für den I.D. anstrebt. Immerhin soll der Fünfsitzer mit den hinteren Schiebetüren 600 Kilometer weit kommen, bevor er wieder an die Steckdose muss. Senger: ,,Wir stehen aber in engem Kontakt mit den Batterieherstellern und wissen deshalb, was da in einigen Monaten serienreif sein wird und können so ein gemeinsames Projekt wie den I.D. zuverlässig planen". VW-Konkurrent General Motors plante da wohl viel früher. Denn der in Paris gefeierte Opel Ampera-e ist schon ab Mai nächsten Jahres zu kaufen und hat eine Reichweite von gut 500 Kilometern. Senger: ,,Mag alles sein, aber wir haben 2020 dann schon die nächste Generation von Batterien".

Beim Umstieg auf den neuen Baukasten gibt es nicht nur Gewinner. Für die Elektro-Umstellung des VW Transporters eignet er sich nicht wirklich, obwohl für die Belieferung der Innenstädte gerade solche kleinen Nutzfahrzeuge nötig werden. ,,Wir wissen um die Dringlichkeit", räumt Senger ein, ,,suchen nach anderen Lösungen und werden sie auch finden".
 
 

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