Reisemobil

Caravaning-Messe CMT - Branche legt alle Zurückhaltung ab

  • In RREISEMOBIL
  • 16. Januar 2017, 11:15 Uhr
  • Michael Lennartz

Auf der Stuttgarter Freizeitmesse CMT zieht der Caravaning Industrie-Verband Deutschland (CIVD) mit stolzer Brust die Bilanz eines weiteren Boom-Jahres und zeigt sich sehr zuversichtlich, dass sich der Rekordkurs auch 2017 fortsetzt.

Es gehört gewiss zu den angenehmsten Aufgaben von Hermann Pfaff, Präsident des Caravaning Industrie-Verbandes (CIVD), auf der Stuttgarter Freitzeitmesse CMT (Camping, Motor, Touristik) die Bilanz des zurückliegenden Jahres zu präsentieren und mit exakten Zahlen das zu unterfüttern, was seit Wochen und Monaten die Spatzen vom Dach pfeifen: Die Entwicklung der Caravan-Branche ist eine Erfolgsgeschichte, der mit dem Rekordjahr 2016 ein weiteres Kapitel hinzugefügt wird.

,,35.135 neu angemeldete Reisemobile im vergangenen Jahr sind ein absoluter Höchstwert in Deutschland, mit dem das bisherige Rekordergebnis von 2015 sogar deutlich übertroffen wird", erklärt Pfaff, für den dieser starke Zuwachs von 23,9 Prozent zudem beweist, dass Caravaning als Urlaubsform endgültig in der Gesellschaft angekommen ist. Das wenig schmeichelhafte Image, das die einstige TV-Serie ,,Die Camper" transportierte, ist passé. Auch der Zuwachs von immerhin 5,1 Prozent bei den Wohnwagen auf 19.748 Einheiten in 2016 belegt den fortwährenden Aufwärtstrend. Die Gesamtbilanz von 54.883 Freizeit-Fahrzeugen (plus 16,4 Prozent) stellt das beste Ergebnis für die Caravaning-Industrie seit 1991 dar.

Kein Wunder also, dass die Hersteller angesichts dieser stattlichen Zuwächse und bester Prognosen für 2017 jegliche Zurückhaltung ablegen und ehrgeizige Ziele für das gerade begonnene Jahr formulieren. Allen voran Wolfgang Speck. Der Geschäftsführer der Knaus-Tabbert-Gruppe konnte sich über einen Rekordumsatz von 410 Millionen Euro im Vorjahr freuen, was binnen drei Jahren eine Verdreifachung bedeutet (2014: 135 Millionen Euro), und ist der festen Überzeugung, dass sein Unternehmen diesen Bestwert in den nächsten zwölf Monaten um weitere 25 Prozent toppen wird. ,,Unsere Auftragsbücher sind weit bis in das aktuelle Jahr hinaus prall gefüllt", verrät er, warum er diese Zielsetzung solide unterfüttert sieht und keineswegs für eine großspurige Ankündigung hält.

Ein wichtiger Grund für den großen Optimismus, der sich bei Hymer, Dethleffs, Eura oder Bürstner kaum anders anhört, ist sicherlich die starke Nachfrage nach den kompakten Reisemobilen, speziell den Kastenwagen. Dieses Segment wuchs 2016 auf einen Anteil von 36,8 Prozent am Gesamtmarkt und hat damit die teilintegrierten Modelle als beliebtestes Reisemobil-Format abgelöst.

Als Reaktion auf die steigende Nachfrage erweitern die Hersteller hier besonders massiv ihre Produktpalette. Die wichtigsten Premieren auf der Stuttgarter CMT finden allesamt bei den Kastenwagen statt. Neue Basisfahrzeuge drängen aufs Parkett. Oder neue Marken. Oder gar beides in einem wie bei der Firma Womondo.

Die neue Marke aus dem niedersächsischen Uslar entstand auf Initiative des größten deutschen Opel-Händlers für Nutzfahrzeuge, des Unternehmens Siebrecht. Dem Firmenchef, selbst praktizierender Wohnmobilist, war es stets ein Dorn im Auge, dass die mobilen Eigenheime größtenteils auf einem Fiat Ducato aufbauen und nie einen Opel-Blitz am Kühlergrill tragen. Er will jetzt auch dem Opel Movano bei den Kompakt-Reisemobilen ein neues Terrain erschließen und debütiert in den Messehallen der Schwabenmetropole mit vier Modellen und drei Radständen, vom 5,54 Meter lange Primo über den Momento bis zu den 6,85 Meter langen Grando und Agilo. Letzterer ist speziell für körperlich beeinträchtigte Menschen konzipiert mit einem Lift statt der elektrischen Trittstufe zum Einstieg. Die Preispalette der in Slowenien gebauten Fahrzeuge, die einen gut verarbeiteten Eindruck machen, reicht von rund 47.000 bis 69.000 Euro.

In Stuttgart steht mit dem Schwabenmobil Florida Multitalent auch der erste ausgebaute Kastenwagen auf Basis des neuen VW Crafter, der zu Preisen ab 59.000 Euro im Frühjahr ausgeliefert werden soll. Markenchef Elia Akkawi schickt den Debütanten mit einem ungewöhnlichen Grundriss an den Start, der ein Höchstmaß an Flexibilität ermöglichen soll. Hinter den beiden Vordersitzen befindet sich eine Trennwand mit Durchgang nach hinten. Dort schließen sich auf der Fahrerseite die Küche und gegenüber die Toilette an. Den Raum hinter der Schiebtür nehmen zwei Längsbänke ein, die nachts in zwei Einzelbetten oder eine große Liegefläche von 2,00x1,78 Meter umgebaut werden. Eine hoch geklappte Bank ermöglicht andererseits auch den Transport eines Motorrads oder zweier Fahrräder. Alternativ vier einbaubare Einzelsitze mit Dreipunktgurten verwandeln den Florida bei Bedarf auch in einen Kleinbus.

Die zweite Crafter-Premiere können Besucher am Stand von Knaus begutachten. Die schicke Studie ,,Saint&Sinner" mit Querbett im Heck wird es in der auffälligen Rot-Weiß-Zweifarblackierung allerdings nie in die Serie schaffen. Der Traditionshersteller aus dem bayerischen Jandelsbrunn bekennt sich zwar zum neuen VW-Nutzfahrzeugstar, will bis zum nächsten Düsseldorfer Caravan-Salon aber lieber ein Fahrzeug im Stil der bisherigen Boxstar-Reihe aufbauen, das preisgünstiger angeboten werden könnte.

Ein Saint&Sinner-Kastenwagen wird dennoch die Knaus-Palette erweitern, denn auf Basis des Fiat Ducato ist diese zweite Neuheit der Bayern bereits die fertige Serienausführung, die in zwei verschiedenen Grundrissen als 600 QB oder 630 EM mit Quer- oder Einzelbetten zu Preisen ab rund 61.000 Euro angeboten wird. Das rot-weiße Outfit, das eigentlich den Bogen zum historischen Samba-Bus ebenso wie zum aktuellen VW Multivan schlagen soll, macht auf Ducato-Basis allerdings wenig Sinn.

Ein weiterer Debütant steht am Bürstner-Stand, mit dem der Hersteller aus Kehl vor allem Einsteiger ansprechen will. Der City Car C540 mit Querbett im Heck komplettiert die Kastenwagen-Baureihe am unteren Rand zu einem Preis ab 39.990 Euro.

Das Angebot bei den kompakten Reisemobilen wächst, das Gedränge der Wettbewerber wird immer größer. Um da nicht abgehängt zu werden, haben die zur Hymer-Gruppe gehörenden Billigmarken Sunlight und Carado schon jetzt für den Sommer ebenfalls neue Camper-Vans angekündigt. Schließlich scheint bei den prognostizierten Zuwachsraten genug Platz für alle da.

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