Motorrad

Fahrbericht: Triumph Street Cup - Im Herz der Stadt

  • In MOTORRAD
  • 23. Januar 2017, 16:36 Uhr
  • Ulf Böhringer/SP-X

Die neue Triumph Street Cup ist das sportive Einstiegsmodell in die Modellreihe der englischen Modern-Classic-Bikes. Ein Fahrbericht.

Ein weiterer Café Racer hat den Weg ins Triumph Modellprogramm gefunden, eine Nummer kleiner und einige Tausender günstiger als die auf der kräftigeren Bonneville T 120 basierende Thruxton. Auf Basis der Street Twin, quasi die Juniorversion der Bonneville mit hubraumreduziertem Twin und gestrippter Ausstattung, greift jetzt auch noch die knapp 11.000 Euro teure Street Cup ins Geschehen ein. Der zweite Teil ihrer Modellbezeichnung deutet an, dass es sich um eine sportive Variante handeln muss: Ganz im rückwärtsgewandten Streetracer-Stil der Sechziger und Siebziger Jahre gehalten, verströmt die Street Cup das optische Flair längst vergangener Stadtrennen vor gefühlt 40 oder 45 Jahren.

Spaß kann man auch mit der vollgetankt 217 Kilogramm wiegenden Street Cup haben, obwohl ihr ganz auf kräftiges Drehmoment schon bei bescheidenen Drehzahlen ausgelegter Paralleltwin von der Papierform her eigentlich nicht zu einem ,,Racer" passen mag. Der Begriff Racer suggeriert eine eher spitze Leistungscharakteristik und nicht eine Drehmomentkurve, die sich schon ab 3.000 U/min. wieder leicht zu neigen beginnt. Es ist bei der Street Cup die Sache des Fahrers, was er draus macht, denn der Motor ist keineswegs dreh-unwillig, nein, er dreht durchaus frei und freudvoll hoch, aber er liefert halt schon früh extrem viel Power und verleitet damit zu frühem Hochschalten. Zwischen 2.750 und 4.750 Touren trällert der Twin ein gar lustiges Liedchen. Ein fraglos guter, nervenschonender, kultivierter, auch dank seiner Sparsamkeit zeitgemäßer Antrieb. Es wird sich zeigen, ob der funktional sehr gute, aber eben brave Motor die Herzen der City-Heizer erreicht.

Zweitklassige Landstraßen mit vielen Kurven sieht Triumph - neben städtischen Boulevards - als das ideale Geläuf der Street Cup an. Klar, da spielt Höchstleistung nicht die ganz große Rolle, da sind Geschmeidigkeit und Durchzug wichtig. Getreu dieser Prämisse war die Strecke der ersten Testfahrt rund um Andalusiens Metropole Sevilla ausgesucht worden. Ein Treffer! Wer solche Strecken mag und in Reichweite hat, wird mit diesem anglophilen Retro-Racer viel Freude haben. Man sitzt sportiv, blickt lächelnd auf zwei schöne Rundinstrumente sowie in die an den Lenkerenden montierte Spiegel, genießt den dezenten Windschutz des kurzen Flyscreens, erfreut sich eines eher schmal gehaltenen M-Lenkers und fühlt ein angenehm leicht zu dirigierendes Bike unterm bestens platzierten Hintern.

Wie von selbst wählt der Fahrer auf den passenden Strecken mit der Street Cup einen vergnüglichen Fahrstil, den man als ,,zügig bis schnell" bezeichnen könnte; nicht super-sportlich im aktuellen Sinne, aber auch weit weg vom beschaulichen Dahingondeln. Triumph hat auf eine retro-sportive Nische gezielt und gut getroffen. Bremse, ABS und Traktionskontrolle funktionieren unauffällig, die Schräglagenfreiheit ist reichlich. Auf kurze Stöße sprechen die Federelemente freilich nicht gerade samtig an, aber damit kann man leben. Ärgerlicher ist die ungewöhnlich kräftige Aufstellneigung beim Bremsen in Schräglage.

Nicht weniger wichtig als die Fahreigenschaften ist für die Retro-Klientel bei einem kleinen Café Racer die Optik. Egal ob man die geschmiedeten Spiegelarme, das Tankdesign, den Alcantara-Sitz, die Uhren-Umrahmungen aus poliertem Edelstahl, die Blinker in Bullet-Form oder den erhabenen Chrom-Tankdeckel anschaut: Die Street Cup legt Stil an den Tag, hat keinerlei Economy-Anmutung. Insbesondere in der Farbgebung ,,Racing Yellow mit Silver Ice" schaut sie hinreißend aus, viel lebendiger als im dezenten ,,Jet Black/Silver Ice"; im ersten Fall weisen die Aluräder eine gelbe Zierlinie, im zweiten eine goldene auf. Die optisch ebenfalls gelungene Zweirohr-Auspuffanlage gibt ihren wohltönenden Senf dazu.

Auch wenn die absolute Motorleistung nicht überbordend ausfällt und die Leistungscharakteristik das Erreichen jubelnder Drehzahlen nicht nahelegt, so generiert die immerhin 10.950 Euro kostende Triumph Street Cup im Zuge einer längeren Probefahrt ein deutlich spürbares Habenwollen-Gefühl. Mit ihrem Ansatz ,,sich-schnell-fühlen-ohne-brutal-schnell-zu-sein" bringt die flotte Engländerin die Pole sportive Fahrfreude hier und Vernunft da ziemlich dicht zusammen. Könnte sein, dass Triumph einen neuen Trumpf im Ärmel hat.

Technische Daten Triumph Street Cup

Motor:  Flüssigkeitsgekühlter Zweizylinder-Paralleltwin, 900 ccm Hubraum, sohc, vier Ventile pro Zylinder, 40,5 kW/55 PS bei 6.000 U/min., 80 Nm bei 3.230 U/min; Einspritzung, 5 Gänge, Kette.

Fahrwerk: Stahl-Doppelschleifenrahmen; vorne 4,1 cm-Telegabel, 12 cm Federweg; hinten Stahlrohr-Zweiarmschwinge, zwei Federbeine, Vorspannung einstellbar, 12 cm Federweg; Leichtmetallguss-Mehrspeichenräder; Reifen Pirelli Phantom SportsComp, Größe 100/90 R18 (vorne) und 150/70 R 17 (hinten). 31 cm Einscheibenbremse vorne, 25,5 cm Einscheibenbremse hinten.

Assistenzsysteme: ABS, Traktionskontrolle, Antihoppingkupplung, Wegfahrsperre.

Maße und Gewichte: Radstand 1,435 m, Sitzhöhe 78 cm, min. Gewicht trocken 200 kg, Gewicht fahrfertig 217 kg; Tankinhalt 12 l.

Fahrleistungen: 0-100 km/h ca. 5 s, Höchstgeschwindigkeit ca. 180 km/h. Normverbrauch lt. EU4 3,7 l/100 km, Praxisverbrauch 4,5 l/100 km (flott gefahren).

Preis: 10.950 Euro

STARTSEITE