Motorrad

Fahrbericht: Suzuki V-Strom 1000 - Von wegen Zurückhaltung!

  • In MOTORRAD
  • 4. April 2017, 11:55 Uhr
  • Ulf Böhringer/SP-X

Die seit 2014 bekannte Suzuki V-Strom 1000 zeichnet sich durch Solidität und Zuverlässigkeit aus, galt aber nicht gerade als innovativ. Mit der Modellpflege 2017 ändert sich das ein Stück weit.

In Deutschland erschien die V-Strom 1000, stärkere Schwester der schon viele Jahre erfolgreichen Suzuki V-Strom 650, erst vor drei Jahren. Seither schlägt sich die japanische Reiseenduro, die ganz bewusst eine Klasse niedriger als die Hubraumboliden von BMW, Ducati, KTM und Triumph platziert ist, ganz beachtlich am deutschen Markt. Insbesondere sich fühlen jene von der soliden 100 PS-Maschine angesprochen, die im grassierenden Leistungswahn des Reiseenduro-Segments - Ducati und KTM liegen momentan bei 160 PS - keinen Sinn sehen. Zudem liegt das Gewicht der V-Strom 1000 mit knapp über 230 Kilogramm auch ein gutes Stück niedriger als bei den Platzhirschen.
 
Das Etikett ,,besonders innovativ" konnte man der etwas pummelig wirkenden Suzuki allerdings nicht aufdrücken; geboten wurde eher solide, preisgünstige Hausmannskost. Mit der Modellpflege 2017 wird insbesondere bei der zusätzlichen XT-Version nicht nur eine ungewohnte optische Dynamik offenbar, sondern auch ein weitergehender technischer Ansatz: Erstmals stattet Suzuki ein Modell mit einem schräglagenfähigen ABS aus.
 
Unverändert 74 kW/101 PS leistet der 1.037 Kubikzentimeter große V2 der Suzuki V-Strom 1000; benötigt werden dafür 8.000 Kurbelwellenumdrehungen. Bereits die Hälfte davon genügt, um das maximale Drehmoment von 101 Newtonmetern zu generieren, und das macht das Fahren mit der großen V-Strom ausgesprochen angenehm. Das Triebwerk drückt nämlich bereits bei niedrigen und mittleren Drehzahlen so kräftig, dass man sich nur selten genötigt fühlt, höher als 6.000 Touren zu drehen. Der V2 tut das zwar klag- und auch hemmungslos, doch angenehmer fährt sich die Suzuki, wenn die rote Nadel des sehr gut ablesbaren Analog-Drehzahlmessers zwischen 3.000 und 6.000 Touren pendelt. Dann lassen sich auch Verbräuche in der Nähe der Werksangabe (4,8 Liter/100 km) erreichen.
 
Vollkommen unverändert gegenüber dem bisherigen Modell ist das Fahrwerk mit der voll einstellbaren USD-Gabel und dem ebenfalls einstellbaren Zentralfederbein. Die Komponenten funktionieren einwandfrei, das Fahrverhalten ist tadellos sowohl unter Stabilitäts- wie auch Agilitäts-Gesichtspunkten. Die 233 Kilogramm der gefahrenen XT-Version - wichtigstes Merkmal sind die goldfarbenen Drahtspeichenräder - treten auch beim Rangieren nicht negativ in Erscheinung. Die als Erstausrüstung vorgesehenen Bridgestone-Reifen vom Typ Trail Wing überzeugten auf den spanischen Straßen auch bei Nässe mit ausgesprochen gutem Grip; leider ist die Stabilität des von Bridgestone für die V-Strom 650 entwickelten Battlax A40 nicht hoch genug, um diesen Reifen auf der stärkeren und 15 Kilogramm schwereren Tausender montieren zu dürfen.
 
Einzigartig im Suzuki-Modellprogramm ist das Kurven-ABS, mit dem der jüngste Modelljahrgang der V-Strom 1000 ausgerüstet ist. Das Bosch-ABS ist nunmehr als Kombi-ABS ausgelegt, was den Bremsdruck-Ausgleich zwischen Vorder- und Hinterrad ermöglicht. Erkennt die Fahrzeug-Sensorik, dass Blockaden bei hoher Schräglage drohen, wird der Bremsdruck variiert, selbstverständlich um den Preis etwas reduzierter Verzögerung. Zugleich wird die Aufstellneigung des Motorrads beim starken Bremsen in Schräglage kontrolliert und gemildert. Wir fühlten uns bei ziemlich widrigen Wetterverhältnissen auf der Suzuki V-Strom 1000 ausgesprochen wohl und haben trotz Regen, nasser Fahrbahn und teils einstelligen Temperaturen niemals ein unsicheres Gefühl verspürt. Selbstverständlich weist die Tausender, wie bisher, eine zweistufig einstellbare Traktionskontrolle auf.
 
Auch bei der Ausstattung der V-Strom 1000 gibt es einige Neuheiten zu vermelden. Die in drei Stufen neigungsverstellbare Scheibe ist ab sofort auch in drei Stufen höhenverstellbar; leider muss man dazu vier Inbus-Schrauben lösen und wieder festziehen, was den Nutzen einschränkt. Neu ist auch der jetzt komfortabler gepolsterte Sitz. Ebenfalls neu entwickelt wurden die hübschen Zehn-Speichen-Aluminiumräder, mit denen die Standard-Version ausgerüstet ist.
 
Nach wie vor hält sich Suzuki also in punkto Motorleistung wie auch ausstattungsmäßig erkennbar zurück: Es gibt zwar allerlei Zubehör wie eine Touringscheibe, einen Hauptständer, Heizgriffe und auch ein nunmehr eng am Fahrzeug anliegendes Koffersystem, doch viele andere Details (LED-Tagfahrlicht, LED-Scheinwerfer, semiaktive Dämpfungssysteme etc.) bieten die Japaner nicht an. Dafür können Sie - kein Nachteil ohne Vorteil - auch einen günstigen Preis realisieren: 12.600 bzw. 13.000 Euro für die XT-Version sind für eine ausgewachsene Tausender-Reiseenduro durchaus attraktiv. Zumal die Fahreigenschaften wie die Touringqualitäten der V-Strom 1000 absolut zeitgemäß sind. Immerhin 2.750 Einheiten konnte Suzuki in den vergangenen drei Jahren hierzulande absetzen; dank der schickeren und dynamischeren Optik wie auch der nochmals gesteigerten technischen Qualitäten (insbesondere der Bremsanlage) dürfte die Erfolgsgeschichte für die Japaner bei diesem Modell weitergehen.

Suzuki V-Strom 1000 (XT-Version) - Technische Daten:
 
Motor:  Flüssigkeitsgekühlter V2-Motor (90°), 1.037 ccm Hubraum, 74 kW/101 PS bei  8.000 U/min., 101 Nm bei 4.000/min; Einspritzung, 6 Gänge, Kette.
 
Fahrwerk: Aluminium-Brückenrahmen; vorne 4,3 cm-USD-Telegabel, voll einstellbar, 16 cm Federweg; hinten Aluminium-Zweiarmschwinge, Zentralfederbein, Vorspannung und Zugstufe einstellbar, 16 cm Federweg; Leichtmetallgussfelgen (XT-Version Speichenräder); Reifen 110/80-19 (vorne) und 150/70 R 17 (hinten). 31 cm Doppelscheibenbremse vorne, 26 cm Einscheibenbremse hinten.
 
Assistenzsysteme: ABS, zweistufige Traktionskontrolle, aut. Leerlaufanhebung.
 
Maße und Gewichte: Radstand 1,555 m, Sitzhöhe 85 cm, Gewicht fahrfertig 232 kg (XT 233 kg); Tankinhalt 20 l.
 
Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit über 200 km/h. Normverbrauch lt. EU4 4,8 l/100 km, Testverbrauch ca. 5 l/100 km.
 
Preis: 12.599 Euro (XT 12.999 Euro).

STARTSEITE