Nutzfahrzeuge

Opel Vivaro: Grundsolide, vergleichsweise günstig

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  • 25. April 2017, 12:31 Uhr
  • Wolfgang Tschakert

Der Opel Vivaro bietet viel Nutzwert zu günstigen Konditionen, doch er wird nicht mehr lang in dieser Form angeboten werden. An seinen Qualitäten liegt es nicht, wie unser Doppeltest mit Kastenwagen und Doppelkabine beweist.


Die Spatzen pfeifen es längst von den Dächern: Der Transporter Opel Vivaro, der auf dem aktuellen Renault Trafic basiert, wird demnächst erneuert - obwohl er erst drei Jahre alt ist. Und die neue Produktplattform ist auch schon bekannt. Sie stammt natürlich vom französischen PSA-Konzern, der neue Vivaro wird Mitglied der Jumpy-Expert-Familie (Peugeot/Citroen), auch der Toyota Proace trägt diese Gene.

Aber noch ist es nicht soweit. Höchste Zeit, sich nochmal dem Vivaro im Ist-Zustand zuzuwenden, der heute günstig kalkuliert feilgeboten wird. Der Opel-Transporter schlägt sich wacker gegen die Konkurrenz von VW, Ford & Co. Sein Nutzwert kann sich sehen lassen, mit Ladevolumen von 5,2 bis 8,6 Kubikmetern und Nutzlastwerten bis 1.200 Kilogramm zählt der Opel zu den Besten seiner Liga. Etwas eigen ist der Vivaro, wenn es um den Antrieb geht. Der alternativlose 1,6-Liter-Dieselmotor von Renault leistet 95 bis 145 PS.

Die Basis- und Top-Motorisierung, kurze und lange Radstände sowie zwei Ausstattungslinien haben wir getestet. Die Rolle des kräftigen Transporters, der auch die Langstrecke nicht scheut, spielt der lange Vivaro mit Doppelkabine und Bi-Turbo-Maschine. Sein gerade vier Kubikmeter großer Laderaum wird für den Test mit tausend Kilo ballastiert - wir wollen schon sehen, wie sich der Vivaro mit 2,9 Tonnen schlägt. Das Vivaro-Einstiegsmodell, ein karger Kastenwagen mit nur 95 PS, darf trotz des 2,8-Tonnen-Limits des Herstellers gut eine Tonne stemmen, mit 2,9 t zGG wären es sogar 1.235 Kilo. Was beweist, dass der aktuelle Vivaro zeitgemäß gewichtsoptimiert konstruiert wurde.

Optisch trägt der Doppelkabiner mit 17-Zoll-Leichtmetallrädern, breiten 215er-Reifen und Exklusiv-Paket dick auf. Hier fehlt nichts, was sich der Fahrer wünschen könnte. Deutlich knausriger fährt der Vivaro-Kastenwagen vor. Er besitzt zwar ein feines Lederlenkrad, sein Fahrer muss aber sonst mit der Grundausstattung leben.

Der Opel Vivaro hat sich zum modernen Klassiker entwickelt, die französischen Designer haben die Grundzüge der Karosserie nur behutsam modifiziert. Mit etwas mehr Länge für jetzt drei Europaletten, die einst typische Wölbung im Dach der Kabine ist jetzt abgeflacht. Die Seitenwände stehen noch immer steil, die Radhäuser sind knapp geschnitten - das ist gut so. Auch die niedrige Ladekante findet wie gehabt Beifall, das Portal im Heck gibt den Weg großzügig frei für die Staplerbeladung.

Überhaupt findet man da wie dort sinnvolle Details: Die Durchladeklappe beim Kastenwagen für lange Rohre oder Latten, die den Raum unter der Beifahrerbank nutzt. Bis zu 4,15 Meter langes Ladegut darf es bei langem Radstand sein. Im Doppelkabiner installiert Opel den OnStar-Service: Dann wird das Vivaro-Cockpit zum WLAN-Hotspot, eine leistungsstarke Dachantenne sorgt für die Internet-Verbindung. Im Falle eines Unfalls - wenn der Gurtstraffer oder Airbags auslösen - wird automatisch eine Sprechverbindung zu einem OnStar-Berater aufgebaut.

Das Vivaro-Cockpit bietet Pkw-Bedienungskomfort, wenngleich Langbeiner die Sitzposition im Kastenwagen monieren. Der hoch aufragende Armaturenträger schränkt die Sicht nach vorn ein, die Schaltkonsole ragt rechts in den Fußraum des Fahrers. Der Vivaro kann viel, man muss nur wissen wie. Die Schalter sind ziemlich verstreut, die Tempomat-Einstellung etwa verlangt nach Einarbeitung.

Der kleine 1,6-Liter.Vierzylinder, den es auch bei Mercedes gibt, wiegt 20 Prozent weniger als gängige Zweiliter-Diesel - nur der Motorblock besteht noch aus Gusseisen. Ein Leichtathlet mit hoher spezifischer Leistung von maximal 90 PS/l also, mit obenliegender Nockenwelle, die über eine wartungsfreie Steuerkette angetrieben wird, Common-Rail-Direkteinspritzung sowie einfacher oder zweistufiger Turboaufladung. Euro-6-sauber verbrennt er mit Adblue-Beigaben, der blaue Stutzen sitzt hinter der Tankklappe.

Mit 95 PS ist der Opel-Transporter für den Nahverkehr schon gut gerüstet, mit maximal 260 Newtonmeter Drehmoment darf er zwei Tonnen schwere Anhänger ziehen. Er ist gewiss kein Überflieger, aber für knapp 160 km/h Spitze mit etwas Anlauf reicht die Leistung. Der Einstiegs-Vivaro ist passend übersetzt, sparsam und gar nicht mal lethargisch.

Eine leichte Anfahrschwäche ist selbst dem stärkeren Bi-Turbo-Motor nicht fremd, der Hersteller behilft sich hier mit einer erhöhten Leerlaufdrehzahl. Aber schnell freundet man sich mit diesem Triebwerk an, das gut am Gas hängt und turbinengleich leise läuft. Es spielt munter mit in der Liga der Zweiliter-Motoren. Der Vivaro zählt mit 183 km/h Spitze zu den Schnellen auf der Autobahn, mit 340 Newtonmeter maximalem Drehmoment hat er auch Kraft bei mittleren Drehzahlen. Ein Fall für Vielfahrer, zumal der leistungsfreudige Vierzylinder mit dem Kraftstoff geizt. Selbst bei Expressfahrten schrammt er nur an der 9-Liter-Marke, mit Umsicht chauffiert reichen sieben Liter Diesel für 100 Kilometer.

Wesentlich zum kommoden Charakter trägt das gut ausbalancierte Fahrwerk bei. Es bleibt bei der bewährten Konstruktion: Frontantrieb mit Querlenkern und McPherson-Federbeinen vorn, die antriebslosen Hinterräder an einer schraubengefederten Verbundlenkerachse. An den Fahreigenschaften gibt es nichts zu mäkeln. Der Vivaro ist auf allen Straßen ein treuer Gefährte, der selbst auf miesen Fahrbahnen prima geradeaus läuft und schnelle Landstraßenkurven nur leicht untersteuernd nimmt. Sowohl leer wie beladen überzeugt der Fahrkomfort, der Vivaro rumpelt nicht unbeholfen über Schlaglöcher oder Kanaldeckel. Das gilt für beide Vivaro, selbst voll beladen knicken die Opel-Transporter nicht ein. Auch nicht beim Bremsen, der Vivaro ist auch bei hohen Lasten und Geschwindigkeiten verlässlich. Einzig das synthetische Lenkgefühl irritiert ein wenig, an Präzision fehlt es der sehr leichtgängigen Lenkung nicht.

Fazit:
Transport-Profis haben ihn auf der Rechnung, auch wenn der Opel Vivaro kein Bestseller ist. Er hat es nicht leicht gegen VW-Transporter, Ford Transit & Co, aber am Produkt selbst gibt es wenig auszusetzen. Geht es um Ladevolumen und Nutzlast, ist er auf der Höhe. Der Opel-Dreitonner fährt richtig gut, komfortabel und sparsam. Zu beanstanden wären die fehlenden Sicherheitssysteme, für den Vivaro gibt es nur ESP, aber keinen Notbrems-Assistenten, keinen Seitenwindschützer. Aber so ist der Opel-Transporter: Nicht gerade innovativ, aber grundsolide, und er ist vergleichsweise günstig zu haben.

Wolfgang Tschakert / mid

Technische Daten:

Opel Vivaro L1H1 1,6 CDTI
Transporter, Länge/Breite/Höhe/Radstand in Meter: 5,00/1,96/1,97 /3,10, Ladevolumen: 5,2 cbm, Leergewicht: 1.794 kg, Nutzlast: 1.006 kg, zul. Gesamtgewicht 2.800 kg, zul. Anhängelast: 2.000 kg, Kraftstofftank: 90 Liter, Wendekreis: 12,4 m, Preis: ab 24.950 Euro.
Antrieb: Vierzylinder-Dieselmotor, Hubraum: 1.598 ccm, Nennleistung: 70 kW/95 PS bei 3.500/min, max. Drehmoment: 260 Nm bei 1.500/min, synchronisiertes Sechsganggetriebe, Vorderradantrieb, Abgasnorm: Euro 6, Kraftstoffverbrauch Diesel Schnitt: 7,3 l/100 km, Höchstgeschwindigkeit: 158 km/h, Beschleunigung 0 - 60/80/100 km/h: 7,2/11,7/18,1 s, Elastizität 80- 120 km/h/6.G.: 20,4 s,
Innengeräusch bei 80/100/120 km/h: 51,9/56,0/58,1 dB(A).

Opel Vivaro L2H1 Doka 1,6 BiTurbo CDTI

Transporter, Länge/Breite/Höhe/Radstand in Meter: 5,40/1,96/1,97 /3,50, Ladevolumen: 4,0 cbm, Leergewicht: 2.045 kg, Nutzlast: 965 kg, zul. Gesamtgewicht 3.010 kg, zul. Anhängelast: 2.000 kg, Kraftstofftank: 90 Liter, Wendekreis: 13,7 m, Preis: ab 30.800 Euro.
Antrieb: Vierzylinder-Dieselmotor, zweistufiger Abgasturbolader, Hubraum: 1.598 ccm, Nennleistung: 107 kW/145 PS bei 3.500/min, max. Drehmoment: 340 Nm bei 1.750/min, synchronisiertes Sechsganggetriebe, Vorderradantrieb, Abgasnorm: Euro 6, Kraftstoffverbrauch Diesel Schnitt: 7,8 l/100 km, Höchstgeschwindigkeit: 183 km/h, Beschleunigung 0 - 60/80/100 km/h: 6,3/9,5/14,4 s, Elastizität 80- 120 km/h/6.G.: 14,7 s, Innengeräusch bei 80/100/120 km/h: 51,9/56,0/58,1 dB(A).

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