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Test: Kymco X-Town 125i - In der Zwickmühle (Update)

  • In MOTORRAD
  • 12. Juni 2017, 10:11 Uhr
  • Ulf Böhringer/SP-X

Der Kymco X-Town 125i ist ein prima Roller. Aber er steht unter starkem Druck eines Markengefährten.

Es sind die 125-er Roller, mit denen in Deutschland Stückzahlen gemacht werden. Rund 12.500 Kraftrollern stehen immerhin fast 19.000 Leichtkraftroller gegenüber, um die Hälfte mehr als die Boliden. Neu im Modellreigen für das Jahr 2017 bei den Leichtkraftrollern ist der Kymco X-Town 125i, kleinerer Bruder des sehr gelungenen und preiswerten X-Town 300i. Reicht das Achtelliter-Triebwerk, um den geräumigen und mit 183 Kilogramm Leergewicht nicht leichten Taiwan-Scooter ordentlich auf Trab zu bringen?

Es ist eng geworden bei den 125-ern im Kymco-Portfolio. Denn der anspruchsvolle New Downtown 125i gibt eine sehr gute Figur ab: 13,7 PS, ein Norm-Spritkonsum von 3 Litern/100 Kilometer, 176 Kilogramm Leergewicht und ein serienmäßiges ABS bei einem Preis von 4.300 Euro machen dem X-Town 125i auf den ersten Blick zu schaffen. Dessen Daten sind nämlich durchweg unvorteilhafter: Knapp ein PS weniger bei 0,2 Liter Mehrverbrauch, dazu kommen sieben Kilogramm mehr Gewicht. Bei einem Preis von 4.000 Euro klingt das nicht so, als könnte sich der X-Town in die Favoritenrolle schieben. Doch wie sieht die Praxis aus?

Besser als gedacht. Denn die Abstimmung aller Komponenten ist bei diesem Modell so gut gelungen, dass man im täglichen Fahrbetrieb keinerlei Unzufriedenheit aufkommt. Die Variomatic kann sich sehr gut in Szene setzen, so dass trotz der vergleichsweise geringen Spitzenleistung klassenübliches Vorwärtskommen möglich ist. Da die meisten Autofahrer beim Farbwechsel an der Ampel ohnehin nicht zu den Schnellstartern gehören, kann man die erschlängelte Pole-Position im Stadt- und Vorortverkehr auch mit dem X-Town 125i meist problemlos verteidigen. Obwohl sich die Beschleunigung aus dem Stand nicht besonders agil anfühlt, ist man dennoch fast immer schneller als der restliche Verkehr. Braucht es mehr?

Erstaunlich gut kommt man - keine Scheu vor hohen Drehzahlen vorausgesetzt - auch auf Landstraßen voran, solange es nicht stark bergauf geht. Mit den meisten Pkw kann man mithalten, Überholvorgänge aus Tempo 80 oder gar 90 wollen freilich sorgfältig geplant sein.

Der wassergekühlte Einzylindermotor ist ein angenehmer Partner: Er läuft auch bei Drehzahlen um die 9.000 U/min. ausgesprochen kultiviert und neigt selbst bei ständigem Auswringen nicht zum Saufen: Mehr als 3,5 Liter/100 Kilometer konnten wir bei aller Mühe nicht durch die Einspritzdüse drücken. Fährt man ohne den letzten Einsatz, begnügt sich der X-Town 125i mit 2,9 bis 3,2 Liter/100 Kilometer. 350 Kilometer Reichweite zwischen den Tankvorgängen sind großzügig bemessen.

Auch sonst knausert der Kymco nicht: Das Raumangebot für Fahrer und Passagier ist ausreichend groß, und auch der Untersitz-Stauraum kann gefallen. Neben einem Integralhelm ist in dem beleuchteten Abteil bei Bedarf auch noch Platz für einen Jethelm. Die Entriegelung des Sitzbankschlosses erfolgt, wie üblich, am Zünd-/Lenkschloss. Auch beim zweiten besonders wichtigen Aspekt, dem Wind- und Wetterschutz, kann der X-Town punkten: Das Windschild ist ausreichend groß, ohne deshalb gröbere Turbulenzen am Fahrerhelm auszulösen. Auch die Schutzfunktion der Beinverkleidung genügt den klassenüblichen Ansprüchen. In der Frontverkleidung finden sich - auch dies ist Klassenstandard - zwei Ablagefächer; in einem wohnt eine USD-Steckdose zur Ladung des Handys oder Versorgung eines Navigationsgeräts.

Absolut vollständig ist die Instrumentierung des Kymco X-Town: Zwischen Drehzahlmesser und Tachometer, beide dank ihrer runder Skalen und analoger Anzeigen gut ablesbar, befindet sich ein kleines LC-Display, in dem Uhrzeit und Umgebungstemperatur sowie der Kilometerstand bzw. die Tageskilometer und die Bordspannung zu sehen sind. Zudem werden Motortemperatur und Benzinvorrat mittels Balkendiagrammen angezeigt.

Keine Einwände haben wir auch gegen das Fahrwerk des X-Town: Zügiges, entspanntes Fahren geht leicht von der Hand, fürs Räubern fehlt ohnehin die Power. Die Grundabstimmung ist straff genug, um Stabilität bei jedem möglichen Tempo zu garantieren, dabei spricht die Federung aber feinfühlig genug an, um den erwarteten Komfort auch zu liefern. Lediglich sehr harte Stöße überfordern das Feder-/Dämpfungssystem. Die Handlichkeit des Kymco entspricht seinem Bauvolumen: Extrem wendig ist er wegen seiner Länge nicht, doch lenkt er willig in Kurven ein. Wie es sich für moderne 125er gehört, weist der kleine X-Town - es gibt ihn zusätzlich als 300i - vorne und hinten je eine Scheibenbremse auf. Bremswirkung und Dosierbarkeit sind zufriedenstellend, eine mögliche Blockiergefahr wird durch ein ABS zuverlässig unterbunden.

Für sich betrachtet gibt der Kymco X-Town 125i eine gute Figur ab. Platz, Fahrkomfort und Fahrverhalten überzeugen, die Dynamik reicht zumindest aus. Freilich liegt er preislich sehr nah am insgesamt attraktiveren New Downtown 125i aus dem gleichen Hause. Angesichts des geringen Preisabstandes von 300 Euro läuft das auf ein offenes Rennen zwischen den beiden Kymco-Modellen hinaus.

Technische Daten Kymco X-Town 125i

Motor: Flüssigkeitsgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, 125 ccm Hubraum, vier Ventile pro Zylinder, 9,5 kW/12,9 PS bei 8.750 U/min., 11,3 Nm bei 6.750 U/min; Einspritzung, stufenlose Variomatic, Fliehkraftkupplung, Riemenantrieb.

Fahrwerk: Stahlrohrrahmen; vorne 4,1 cm Telegabel, 11 cm Federweg; hinten Triebsatzschwinge, zwei Federbeine, Vorspannung einstellbar, 11 cm Federweg; Leichtmetallgussfelgen; Reifen 120/80-14 (vorne) und 150/70-13 (hinten). 26 cm Einscheibenbremse vorne, 24 cm Einscheibenbremse hinten.

Assistenzsysteme: ABS.

Maße und Gewichte: Radstand 1,553 m, Sitzhöhe 81,5 cm, Gewicht fahrfertig 183 kg; Gesamtgewicht 343 kg, Zuladung 160 kg. Tankinhalt  13 l.

Verbrauch: Normverbrauch lt. EU4 3,2 l/100 km, Testverbrauch 3,0 bis 3,5 l/100 km. Höchstgeschwindigkeit 98 km/h.

Preis: 3.999 Euro

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