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5x Krasse Kisten Made in Afrika - Mobilitätsträume südlich der Sahara

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  • 26. Mai 2017, 12:59 Uhr
  • Mario Hommen/SP-X

Die Zahl der Autos in Afrika wächst rasant. Selten jedoch stammen die Fahrzeuge aus heimischer Produktion. Allerdings mehren sich Beispiele für eine afrikanische Autoindustrie südlich der Sahara.

Auch auf den Straßen von Bamako, Kinshasa oder Luanda quälen sich mittlerweile Blechlawinen durch die Häuserschluchten. Doch nur wenige der zahlreicher werdenden Autos stammen aus heimischer Fertigung. Das könnte sich ändern, denn in den letzten Jahren sind einige Unternehmer in Schwarzafrika in die Autoproduktion eingestiegen. Teilweise sind die Fahrzeuge so improvisiert und abenteuerlich wie das Leben selbst in dem vielerorts bitterlich armen Kontinent. Andere Beispiele nähren die Hoffnung auf ein Erwachen der afrikanischen Wirtschaft auch jenseits der Maghreb-Staaten und Südafrika.
 
Eine sehr junge afrikanische Automarke ist Mobius Motors. Die Idee für das kleine Unternehmen ist allerdings in England entstanden, genauer im Kopf des britischen Informatikers Joel Jackson, der die Vision hatte, einen Billig-Offroader in Kenia zu produzieren, der den Bedürfnissen und Anforderungen der meist ländlichen Bevölkerung in besonderer Weise gerecht wird. Die Konstruktion muss billig und einfach sein und trotz kompakter Abmessungen viele Sitzplätze und viel Zuladung bieten. 2014 ist dieser Traum mit dem Produktionsstart des Mobius II wahr geworden. Es handelt sich um eine Art Low-Budget-Defender, in dem sich sogar Kenyas Präsident Uhuru Kenyatta stolz in aller Öffentlichkeit präsentierte. Zwischen 2014 und 2016 wurde das Modell Mobius II produziert und verkauft. Derzeit arbeitet man bei Mobius Motors an einem moderneren Nachfolgemodell, für den schon Vorbestellungen entgegengenommen werden.
 
In den 1980er-Jahren leistete sich der Inselstaat Madagaskar den Luxus, eine eigene Automarke namens Karenjy ins Leben zu rufen. Die ersten Fahrzeuge haben es 1986 sogar bis auf den Pariser Autosalon geschafft. Eigentlich wollte man mehrere hundert Autos pro Jahr fertigen und später sogar Produktionsanlagen in andere Länder Afrikas exportieren. Doch die angestrebten Stückzahlen wurden nie erreicht und schon Anfang der 1990er-Jahre das Projekt gestoppt. In den Ruinen der einstigen Manufaktur versucht seit einigen Jahren die Firma Le Relais der Marke Karenjy neues Leben einzuhauchen. Hierfür wurde sogar ein neues Modell namens Mazana II entwickelt, von dem auch schon einige Fahrzeuge gebaut wurden. Le Relais plant, von dem viertürigen Familienwagen mit angehängter offener Ladefläche eine bescheidene Produktion von ein- bis zweihundert Fahrzeugen pro Jahr anzukurbeln. Für eines der ärmsten Länder der Welt, das jedes Jahr nur einige tausend Autos importiert, würde Karenjy zu einem wichtigen Player im madagassischen Automarkt aufsteigen.
 
Ebenfalls nur sehr bescheidene Produktionszahlen erreicht Ghanas erste Automarke Kantanka. Hier werden unter Manufakturbedingungen seit wenigen Jahren in kleiner dreistelliger Stückzahl vornehmlich SUVs und Pick-ups produziert. Obwohl ein Neuling im Autobusiness, wirken sowohl die Kantanka-Website als auch die Automodelle wie Relikte der 1990er-Jahre. Zwar behauptet der Geschäftsführer von Kantanka, seine Autos wären speziell auf die Bedingungen der Straßen in Ghana abgestimmt und besonders robust, doch dürfte die Technik vorwiegend aus China stammen.
 
In wesentlich größeren Dimensionen plant man bei Matchedje Motors - der ersten Automarke Mosambiks. Das Unternehmen wurde 2011 als Joint-Venture zwischen dem chinesischen Hersteller Guangdong Foday Automobile und dem mosambikanischen Staat gegründet. Angeblich wurden rund 150 Millionen Euro in den Bau einer Fabrik in der Hauptstadt Maputo investiert, in der zunächst eine Jahresproduktion von 100.000 Fahrzeugen angestrebt wurde. 2014 startete die Produktion des Pick-ups F16, einem Nachbau des chinesischen Modells Foday Lion F16. Auch Busse werden bei Matchedje mittlerweile produziert. Erweiterungspläne sehen für die kommenden Jahre vor, die Produktionskapazitäten zu verfünffachen. Neben neuen SUV-Modellen, die unter anderem Kia Sorento und VW Tiguan sehr ähneln, will Matchedje auch eine Limousine, Lastwagen und Motorräder anbieten. Ein Schwergewicht der chinesischen Autoindustrie ist Foday nicht, insofern darf man gespannt sein, ob es Matchedje Motors schafft, zum Industriegiganten im südöstlichen Afrika aufzusteigen.
 
Modellpolitisch schon etwas weiter ist man bei Innoson Vehicle Manufacturing in Nigeria. Auch hier werden seit 2013 vor allem chinesische Modelle in Lizenz produziert. Begonnen hat IVM einst mit Motorrädern und Bussen. Mittlerweile gibt es auch Pkw-Modelle wie die Stufenheck-Limousine Umu oder den kompakten Fox. Ein Pick-up namens Carrier, das SUV G5 und der Minitransporter 5000 runden das Portfolio ab. Angeblich sollen 70 Prozent der Teile für die Autos von IVM aus heimischer Produktion stammen, lediglich Motoren, Getriebe und Elektronikteile kommen aus Japan und China. IVM möchte das wirtschaftlich aufstrebende Land Nigeria jedoch unabhängiger von Importen machen. Laut IVM kommen in dem bevölkerungsreichen Staat auf ein Auto aus heimischer Produktion 131 Importautos. Der selbstbewusste und patriotische Firmengründer Innocent Chukwuma ruft deshalb die Nigerianer auf, seine Autos zu kaufen. Doch eigentlich hat der Unternehmer größere Pläne: Statt Nigeria sollen die Fahrzeuge von IVM den gesamten Kontinent erobern. Afrika bietet als Automarkt übrigens viel Potenzial, da auf 100 Einwohner nur etwa fünf Kraftfahrzeuge kommen. In Industrieländern wie Deutschland teilen sich 100 Einwohner mehr als 50 Pkw.

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