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Test: Toyota Prius Plug-in - Nicht ohne meinen Stecker

  • In AUTO
  • 22. Juni 2017, 15:54 Uhr
  • Elfriede Munsch/SP-X

Den Hybrid-Pionier Prius kennt jeder. Der Plug-in-Ableger ist dagegen ein eher seltener Anblick auf unseren Straßen. Und das hat seine Gründe.

Der Toyota Prius ist der Urvater aller Hybride und mittlerweile in der vierten Generation unterwegs. Sein Plug-in-Ableger, der erstmals schon zwischen 2012 und 2016 erhältlich war, konnte an den Erfolg der Hybrid-Limousine bislang nicht so recht anknüpfen. 25 Kilometer elektrische Reichweite waren einfach nicht überzeugend. Die neue Generation will es besser machen.

Statt 25 Kilometer kann man nun theoretisch gut 50 Kilometer rein elektrisch fahren. Die Reichweitenverdopplung hat einen einfachen Grund. Die Toyota-Ingenieure haben statt einer Lithium-Ionen-Batterie mit 4,4 kWh eine mit 8,8 kWh in das Fahrzeug gepackt. Außerdem kommen statt eines Elektromotors nun zwei E-Aggregate mit einer Systemleistung von 68 kW/98 PS zum Einsatz. Der Verbrenner leistet wie beim normalen Prius 72 kW/92 PS. Allerdings darf man die beiden Werte nicht einfach addieren, die Systemleistung beträgt nur recht bescheidene 90 kW/122 PS.

Soweit die wichtigsten technischen Daten des Teilzeitstromers. Unser Test startet bei  angenehm warmen Temperaturen, der Akku ist aufgeladen, die Reichweitenanzeige zeigt 52 Kilometer an. Weil das Fahren mit E-Power einfach Spaß macht, wird erst einmal der EV-Modus aktiviert. So ist man rein elektrisch unterwegs. Bis Tempo 135 ist das jetzt möglich (früher hat schon bei Tempo 85 der Verbrenner übernommen); man kann also auch auf der Autobahn elektrisch düsen.

Allerdings ist auch klar, dass je nach Streckenprofil und Gasfußstellung die Reichweite sehr sehr schnell abnimmt. Fordert man den Japaner durch schnelle Beschleunigungsvorgänge, kommt das stufenlose Getriebe an die Grenzen seiner Gutwilligkeit und die Akkus leeren sich in Rekordzeit. Anders als beim reinen E-Auto muss man aber keine Angst vorm Stehenbleiben haben. Der Ottomotor setzt jetzt zwar hörbar ein, aber es geht immerhin weiter. Zum Nachladen benötigt man eine Steckdose oder eine Wallbox. An letzterer gelingt der Ladevorgang in zwei Stunden. Via normaler Haushaltssteckdose fließt der Strom rund drei Stunden lang, bis die Akkus wieder voll sind.

Apropos Autobahn und hier besonders die Streckenabschnitte, auf denen flott gefahren wird. So richtig gut passt der Steckdosen-Prius nicht dahin. Bei Tempi jenseits von 120 lässt sich ein gewisser Unwillen nicht überhören. Es wird laut und es dröhnt, was nicht allein aufs Konto des Getriebes geht. Und bei 162 km/h ist eh die Höchstgeschwindigkeit erreicht. Doch die will man eigentlich gar nicht fahren oder besser gesagt hören.

Der Plug-in mit seinen 122 Pferdchen ist weder Sportler noch Dynamiker. Seine Domäne sind Kurzstrecken und Landstraßen. Kombiniert man das Ganze mit tiefenentspannter Fahrweise macht der Japaner durchaus Spaß. Also: Wer weiß, dass der Zielort im Umkreis seiner elektrischen Reichweite liegt, kann es elektrisch fliegen lassen. Im Idealfall stöpselt man das Fahrzeug am Ziel wieder ein, um mit vollgeladenen Akkus den nächsten Tourabschnitt zu beginnen.

Oder man kombiniert Hybridmodus und EV-Antrieb je nach Bedarf. Für weitere Strecken übers Land ist der Hybridmodus - und hier je nach Lust und Laune sowie Verkehrsfluss der Eco-, Normal- oder Power-Modus - ideal. Im Stadtverkehr kann zum Beispiel der Stopp-and-Go-Verkehr für die Rekuperation genutzt werden, um ein wenig zusätzliche Reichweite zu generieren. Es macht Spaß mit den unterschiedlichen Einstellungen zu spielen. Irgendwann ist dann auch der Sparfuchs geweckt.

Auf längeren Strecken ohne elektrisches Nachladen lag der Durchschnittsverbrauch bei 3,5 Litern und zwar bei durchaus zügiger Fahrweise. Als Norm gibt Toyota für die Wegstrecke von 100 Kilometern einen Liter Benzin plus 7,2 kW/h Strom an. Wer viel elektrisch unterwegs ist, kommt natürlich mit weniger Treibstoff aus.

Abgesehen von den bekannten Fragen, wo überhaupt man Strom nachladen kann und woher dieser überhaupt kommt bzw. wie er produziert wurde, stellt sich angesichts des Anschaffungspreises von mindestens 37.750 Euro auch die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Immerhin ist die Steckdosen-Variante mit Navi, Matrix-LED-Scheinwerfer und Fahrerassistenzsystemen wie Verkehrszeichenerkennung (funktioniert aber nicht perfekt), Spurhaltehelfer, Frontkollisionswarnsystem mit Fußgängerkennung und Toter-Winkel-Warner ganz gut ausgestattet. Das Platz- und Komfortangebot der 4,65 Meter langen Limousine geht in Ordnung, allerdings muss man Abstriche beim Kofferraumvolumen hinnehmen. Nur 360 bis 1.204 Liter stehen hier zur Verfügung. Die größere Batterie braucht halt mehr Platz. Dass der Plug-in aus Gewichtsgründen nur als Viersitzer zugelassen ist, dürfte dagegen für die meisten nicht störend sein.

Übrigens: Benzin sparen lässt auch mit dem normalen Prius, der bei vergleichbarer Ausstattung rund 7.000 Euro günstiger kommt. Das Extra-Grüne-Gewissen ist beim Plug-in also teuer also erkauft. Solange es hierzulande noch keine Vorgaben gibt, dass in Innenstädten nur elektrisch gefahren werden darf, dürfte auch der neue Prius Plug-in ein seltener Anblick auf deutschen Straßen bleiben.

Toyota Prius Plug-in - Technische Daten
Fünftürige, viersitzige Limousine. Länge: 4,65 Meter, Breite: 1,76 Meter (2,05 Meter mit Außenspiegeln), Höhe: 1,47 Meter, Radstand: 2,70 Meter. Kofferraumvolumen: 360 - 1.204 Liter

Plug-in-Hybrid: 1,8-Liter-Benzinmotor, 72 kW/98 PS, maximales Drehmoment: 142 Nm bei 3.600 U/min, maximale Leistung der zwei Elektromotoren: 68 kW/92 PS, maximale Systemleistung: 90 kW/122 PS, Lithium-Ionen-Akku mit 8,8 kWh, stufenloses Schaltgetriebe, Frontantrieb, Vmax: 162 km/h, Vmax im EV-Betrieb: 135 km/h, elektrische Reichweite: 50 km, 0-100 km/h: 11,1 s, Durchschnittsverbrauch: 1,0 l/100 km plus 7,2 kWh/100 km, CO2-Ausstoß: 22 g/km, Abgasnorme Euro 6, Effizienzklasse A+, Testverbrauch: 3,5 Liter plus Strom
Preis ab: 37.550 Euro

Kurzcharakteristik:
Warum: weil er den Sparfuchs weckt
Warum nicht: fürs grüne Gewissen dann doch ein teurer Spaß
Was sonst: den ganz normalen Prius

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