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Sonst noch was? - Ab in den Urlaub - natürlich mit dem Auto

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  • 16. Juli 2017, 09:57 Uhr
  • Peter Eck/SP-X

Wir reden über grüne Mobilität und haben Visionen vom autonomen Fahren. In Wirklichkeit kaufen wir SUV´s, hochmotorisierte Normaloautos und gerne auch mal eine Luxuslimousine. Und fahren dann natürlich auch mit unserem Auto in den Urlaub. Deutschland, kurz vor der großen Sommerferienreisewelle.

Wir wissen nicht wie es Ihnen geht. Also wir sind von Woche zu Woche zunehmend verwirrter. Befinden wir uns eigentlich gerade auf dem direkten Weg in eine grün-elektrische und dazu noch autonome Autozukunft? Oder drehen wir das Rad gerade zurück und verspielen die wenigen herausgeholten Fortschritte der letzten Jahre? Belege für beide Theorien gibt es genug. Vor allem gibt es mehr als genügend Lautsprecher, Lobbyisten und selbsternannte Verbraucher- und Umweltschützer, die ihre Thesen ungefragt und ihre Abmahnungen uneingeschränkt in die Öffentlichkeit blasen.
 
Wie gesagt, wir sind verwirrt. Da lesen wir diese Woche zum Beispiel über den neuen Audi A8, dass er schon die ,,Stufe 3" des autonomen Fahrens beherrscht, das aber aus Gesetzesgründen noch nicht im Alltag zeigen darf. Da lesen wir, dass selbst die altehrwürdigen Londoner Taxen zwar immer noch altehrwürdig aussehen, aber demnächst rein elektrisch durch die Stadt rumpeln. Und wir lesen natürlich über die tollen Zukunftspläne der Unternehmen, die so gar nichts mit Manipulationen am Dieselmotor, Abschalteinrichtungen, Thermofenstern etc. etc. zu tun haben (wollen).
 
So, und nun mal zur Realität: In den USA entfallen mittlerweile fast zwei Drittel der Neuzulassungen auf bekannt spritknauserige Pick-ups und SUV´s. Ja, ja die Amis, die Umweltschweine. Zufall oder nicht - in dieser Woche war praktisch jedes in diesem Dienst vorgestellte Modell ein SUV, eine pseudo-sportliche Version eines Normalautos oder eben ein Luxusgefährt. Alle mit erhöhtem Spritverbrauch, versteht sich. Aber der - der Sprit, nicht der Verbrauch -  ist ja bei uns wie auch in den USA gerade recht günstig.
 
In Deutschland, auch das lernten wir diese Woche, fahren übrigens konstant immer noch zwei Drittel der Menschen mit dem Auto in den Urlaub. Verständlich, wer jemals versucht hat, mit dem Zug die Nordsee zu erreichen oder auch nur in deren Nähe zu kommen, kann das gut nachvollziehen. Besser in den eigenen Autowänden nett gestaut, als mit schlecht riechenden, lauten und unverschämten Mitmenschen im Abteil eingepfercht zu sein. Und umwelttechnisch gesehen mag es vielleicht sogar immer noch besser sein, mit dem Auto zu fünft nach Oberbayern zu fahren, als mit dem Billigflieger nach Malle. Vor allem aber sind wir eben immer noch ein echtes Autoland, auch wenn man uns immer weismachen will, dass wir eigentlich schon längst zu Car-Sharern und Fahrradfahrern mutiert sind. Letzteres Verkehrsmittel übrigens ja auch gerne mit jenem Elektroantrieb, der als Antrieb für Pkw immer noch prominent ignoriert wird.
 
Ja, der Elektroantrieb. Es motiviert natürlich zusätzlich, wenn man dieser Tage nachlesen konnte, wie die cleveren Stromanbieter das Nachtanken an öffentlichen Säulen schon jetzt als Geschäftsmodell entdeckt haben. Bis zu 67 Cent für die Kilowattstunde werden da verlangt, 29 Cent kostet dieselbe im Bundesdurchschnitt zu Hause. Man will gar nicht wissen, wie die Preise aussehen, wenn die Nachfrage mal wirklich steigt. Da darf man sich nicht wundern, wenn sich die Verbraucher den Kauf eines E-Autos zwei- bis dreimal überlegen. So clever wie die Stromkonzerne sind die nämlich schon längst.
 
Alle Cleverness nutzt allerdings gar nichts, wenn man mit dem Auto in die Stadt fährt, um Geschäftsleuten und der Stadtkasse (über Parkgebühren und Gewerbesteuereinnahmen) per Shopping eine Freude zu machen. Denn Städte wie Köln, Frankfurt oder Stuttgart tun alles dafür, es dem Individualverkehr so schwer wie möglich zu machen. Gleichzeitig jammern die City-Interessensvertretungen, dass der Konsument auf die grüne Wiese ausweicht, dorthin, wo Shopping-Center mit großzügigen, oftmals sogar kostenlosen Parkmöglichkeiten locken. Wer wie wir Deutschen im Durchschnitt 41 Stunden jährlich mit der Parkplatzsuche verbringt, in größeren Städten sind es auch gerne 65 Stunden oder mehr, der erfreut sich eben an den kleinen Bequemlichkeiten des Lebens. Was ein erwählter Politiker natürlich nie verstehen wird.
 
Übrigens entsteht durch den Volkssport Parkplatzsuche nach Berechnungen ein gesamtvolkswirtschaftlicher Schaden von 40 Milliarden Euro. Dafür könnte man verdammt viel Strom kostenlos für E-Autos zur Verfügung stellen, oder die Parkgebühren in den Städten auf ein menschenwürdiges Maß reduzieren. Wenn das wirklich passieren sollte, wären wir allerdings echt überrascht - und sicher schon wieder ein wenig verwirrt. Sonst noch was? Nächste Woche wieder.

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