Auto

Auf Zeitreise im Opel Super 6 Gläser Cabriolet

  • In OLDTIMER
  • 18. September 2017, 14:21 Uhr
  • Thomas Schneider

La dolce vita im Taunus: Opel Classic öffnete zur Klassik Tour Kronberg 2017 seine Schatzkammer und ließ erlesene Oldtimer das tun, wozu sie gebaut wurden: auf eine genussvolle Landpartie starten. Besonders beeindruckte das bereits 80 Jahre alte Opel Super 6 Gläser Cabrio, pilotiert von Le Mans-Gewinner Joachim 'Jockel' Winkelhock. Die Mitfahrt im Luxus-Sportwagen mit 55 PS macht auch heute noch jede Menge Freude.


La dolce vita im Taunus: Opel Classic öffnete zur Klassik Tour Kronberg 2017 seine Schatzkammer und ließ erlesene Oldtimer das tun, wozu sie gebaut wurden: auf eine genussvolle Landpartie starten. Mit dabei waren ein 1933er Moonlight Roadster, ein Commodore A Coupé, ein Kadett C, ein Opel GT und ein Rekord A Caravan inklusive historischem Surfboard.

Besonders beeindruckte das 80 Jahre alte Opel Super 6 Gläser Cabrio, pilotiert von Le Mans-Gewinner Joachim "Jockel" Winkelhock. Die Mitfahrt im Luxus-Sportwagen von 1937 mit gerade einmal 55 PS aus einem 2,5-Liter-Reihensechszylindermotor macht auch heute noch jede Menge Freude. In der Vorkriegszeit war das gar nicht so übel. So ging etwa der Vorläufer des Käfers ab 1940 mit 24,5 PS an den Start. Aber auf Geschwindigkeit - die Höchstgeschwindigkeit des Gläser beträgt 115 km/h - kommt es hier natürlich nicht an.

"Für ein so altes Auto fährt sich der Super 6 recht einfach", sagt Jockel Winkelhock. "Motor und Getriebe sind gut, aber bei der Lenkung muss man schon aufpassen. Und auch an die Bremse muss man sich gewöhnen, aber die funktioniert immerhin schon hydraulisch". Der Profi-Rennfahrer muss die nicht synchronisierten drei Gänge zwar fleißig wechseln, doch dann geht es gefühlt ganz flott voran.

Der Innenraum des Cabrios ist zwar zeitgemäß und für heutige Verhältnisse natürlich spartanisch ausgestattet. Das Leder-Sofa hinter dem Lenkrad macht die Fahrt aber sehr komfortabel. Da lassen sich ein paar hundert Kilometer ganz problemlos fahren. Allerdings ohne Gurte, die gab es damals schlicht nicht. Eine etwas gewöhnungsbedürftige Erfahrung. Gleiches gilt für den Scheibenwischer, der diese Bezeichnung nur bedingt verdient, hat er doch große Mühe, auch nur zwei etwa handtellergroße Bereiche einigermaßen von dem Nass zu befreien.

Begeisternd ist das hinreißende Design des Auto-Opas mit schwungvoll nach hinten auslaufenden vorderen Radkästen, freistehenden Scheinwerfern, riesigem senkrecht stehenden Kühlergrill und jeder Menge Chrom. Als der Wagen im Februar 1937 auf der Berliner Automobilausstellung debütierte, hinterließ er sicherlich Eindruck. Statt eines Kofferraums gibt es einen ausklappbaren sogenannten "Schwiegermutter-Sitz". Witzig: Der klappt hinter dem Verdeck hoch, ist also sinnvoll nur bei offener Fahrt nutzbar. Sonst könnte es zu Unmut kommen.

Dann geht es zur ersten Wertungsprüfung des Tages. Hier geht es um Gleichmäßigkeit. 170 Meter müssen möglichst exakt in 31 Sekunden, also mit knapp 20 km/h im Schnitt absolviert werden. Mit ein paar Zehntelsekunden Abweichung sind wir gar nicht schlecht dabei. Allerdings ist der Wettbewerbsgedanke nicht besonders stark ausgeprägt. Hier geht es für praktisch alle der 102 Teilnehmer um den Spaß an der Freude. Vor der Mittagspause geht es dann zur Prüfung auf dem Hochgeschwindigkeits-Kurs des Opel-Testcenters in Dudenhofen, wo wir im Oval 2,8 Kilometer mit durchschnittlich knapp 70 Sachen zurücklegen.

Vor der Verschnaufpause steht dann noch ein Sprung in die Neuzeit an, denn Opel hat einige Exemplare seines Elektroautos Ampera-e dabei. Mit dem sprintstarken Stromer - von 0 auf Tempo 100 geht es in 7,3 Sekunden - muss ein Slalom-Kurs bei Nässe möglichst schnell durchfahren werden. Dann steigen wir wieder in den Super 6 und nehmen die letzten 70 der insgesamt knapp 240 Kilometer in Angriff. Es beginnt leicht zu regnen und ganz dicht ist der alte Opel nicht. Doch davon lassen wir uns nicht beeindrucken.

Dann eine Schrecksekunde, Jockel Winkelhock runzelt die Stirn: "Hörst du das? Der läuft nur noch auf fünf Töpfen." Wir fahren an den Straßenrand und der Rennfahrer wird zum Mechaniker. Als Erste-Hilfe-Maßnahme kontrolliert er den festen Sitz der Zündkerzen und säubert die Kontakte. "Hoffentlich hilft das", sagt er etwas besorgt. Das tat es. In der Folge schnurrt der Kurzhubmotor wieder wie ein Kätzchen und bringt uns letztlich zuverlässig ans Ziel, ebenso wie die übrigen Opel-Oldies. Und so ist am Ende jeder zufrieden und glücklich, trotz des durchwachsenen Wetters. Eine automobile Zeitreise der besonderen Art geht zu Ende.

Thomas Schneider / mid

STARTSEITE