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Wie wintertauglich sind die kleinen SUV - Ohne Allrad durchs Allradwetter

  • In AUTO
  • 17. Dezember 2017, 09:08 Uhr
  • Peter Maahn/SP-X

Die immer mehr in Mode kommenden Kompakt-SUV sehen zwar aus wie kleine Geländewagen, die meisten von ihnen müssen aber ohne Allradantrieb auskommen. Böses Erwachen beim Wintereinbruch?

Ganz schön flach, die Lüneburger Heide zwischen Hannover und Hamburg. Der Wilseder Berg bei Bispingen ragt mit 169 Metern Höhe nicht wirklich aus der endlosen Weite heraus. Der neue Opel Crossland X steht trotzdem auf einem recht steilen Abhang. Den gibt es nämlich auch in Bispingen, auf 23.000 Quadratmeter von Menschenhand erschaffen, damit die Nordlichter auch dort Skifahren können, wo es nur selten schneit. Hier im Snow Dome, liebevoll ,,Heidegletscher" genannt, hat sich das kleine SUV fürs Foto hübsch gemacht, ist mit allerlei Zubehör wie Skiträger oder Dachcontanier ausstaffiert. So ganz nach dem Motto: ,,Wir sind fit für den Winter, auch ohne Allradantrieb".

Der Crossland X, die Gemeinschaftsproduktion mit der neuen Opel-Mutter Peugeot, erlebt die erste kalte Jahreszeit seines noch jungen Lebens. Wie viele andere seiner Artgenossen ist er nur mit Frontantrieb zu haben, obwohl sein hochbeiniges Äußeres optisch mehr vermuten lässt. Auch der Buchstabe ,,X", bei BMW die Signatur für 4x4, führt in die Irre. Doch Allradantrieb ist teuer und schwer. Um die Bankkonten der immer zahlreich werdenden Kunden zu schonen, taucht diese sicherste Art der Fortbewegung auf vier Rädern beim Crossland X ebenso wenig in der Preisliste auf wie auch beim Renault Capture oder dem Kia Stonic.

Nein, in der stets frostigen Halle mit ihrer 300 Meter langen Abfahrt, soll der Opel seine Wintertauglichkeit nicht unter Beweis stellen. Der Kunstschnee hat zwar eine recht stabile Oberfläche, die Skier oder Snowboards locker tragen, doch der 1,27 Tonnen schwere SUV würde zu tief einsacken. Doch draußen vor der Tür wartet an diesem Tag der echte Winter, eine geschlossene Schneedecke verhüllt das typische Erika, die Straßen sind matschig, an ihren Rändern und in der Mitte droht Glätte. Schneegrieseln fordert den Scheibenwischer, minus 2 Grad das Heizgebläse.

Die Bundesstraße 3 ist gut geräumt, der Flockennachschub aus den grauen Wolken wird vom Verkehr schnell plattgefahren. Kein Problem für das frontgetriebene SUV, bei dem natürlich Winterreifen montiert sind. Ebenso wie die Golfs und Astras drumherum ist der 1,60 Meter hohe Crossland X ohne Einschränkungen zu bewegen, wetterbedingte Behutsamkeit natürlich vorausgesetzt. Die Vorderräder haben genug Haftung, das ESP muss nicht eingreifen. Und selbst das Überholen von LKW, bei dem der mittige Schneestreifen überquert werden muss, ist dank des munteren 96 kW/130 PS starken Dreizylinder-Turbo eine leichte Übung. Dabei freut man sich über die gute Sicht dank der hohen Sitzposition. Der Crossland ist schließlich gut zehn Zentimeter höher als zum Beispiel ein Opel Astra.

Abbiegen in eine schmale Straße entlang eines Waldes, zu unbedeutend für die Schneeräumer. Zwei Spuren im Schnee weisen den Weg, wohl von vorausfahrenden Anwohnern ins jungfräuliche Weiß gelegt. Es ist nicht wirklich glatt, aber unangenehm rutschig, wenn die beiden vorhandenen Reifenspuren verlassen werden. Zuviel Gas aber bedeutet, dass die gelbe Warnlampe der Schleuderbremse ESP hektisch flackert. Die leichte Entlastung des rechten Fußes stellt die Ordnung wieder her. Das gilt auch für Kurven, in denen der Opel naturgemäß geradeaus schiebt, weil nun mal die Haftung an ihre Grenze kommt. Das behutsame Spiel mit dem Gaspedal erweist sich wiederum als hilfreich.

Logisch, dass ein Allradler hier schneller um die Ecken bewegt werden könnte, weil sich das Heck am Vorwärtskommen beteiligt und die Elektronik die Antriebskraft immer damit lenkt, wo die beste Haftung vorherrscht. Beim Crossland X hat der bordeigene Computer eben nur zwei Optionen statt vier. Das ist fraglos ein Nachteil, der aber nur für diejenigen von Bedeutung ist, die es auch im Winter eilig haben. Viele sind das sicher nicht und typische Crossland-Fahrer schon gar nicht. Die Erkenntnis: So ein frontgetriebener Klein-SUV ist genau so wintertauglich wie jedes andere Auto mit dieser Technik. Insofern lohnt sich der teure Allradantrieb nicht.

Ganz anders das Bild an einer kleinen Abfahrt ein Stück in den Wald hinein. Hier türmen sich abholbereite Holzstapel, unter der dünnen Schneedecke ist der von zahllosen LKW-Reifen aufgewühlte Matsch zu erkennen. Nicht tief, aber tückisch. Also vorsichtig das sanfte Gefälle hinab, nur soweit als die Naturstraße noch ein wenig Griffigkeit verspricht. Der erste Versuch, über die Schwelle zurück auf die Straße zu kommen, misslingt. Zwar hilft die beim Crossland X erhöhte Bodenfreiheit, aber die Vorderräder sinken in das Gemenge aus Matsch, Schnee und ein wenig Eis und drehen durch, wobei das gelbe Lämpchen im Dauermodus blinkt. Schließlich klappt die Befreiung dank Zurückrollen und mit viel Schwung über den Buckel. Klar doch, dieses SUV will ja auch kein Geländewagen sein, für den diese Prüfung keine gewesen wäre. Aber Hindernisse wie diese kann es auch zu Hause gehen. Zum Beispiel, wenn die Garagenauffahrt ober- oder unterhalb des Straßenniveaus liegt und zudem bei überfrierender Nässe schnell vereist.

Unterm Strich erweist sich der Opel wie all die anderen allradlosen SUV als ebenso wintertauglich wie normale PKW oder Kombi. Wer sich von der Offroader-Optik und der hohen Bauweise nicht verführen lässt, kommt gut durch die autofeindlichen Monate. Den Sicherheitsvorteil auf Schnee und Eis, aber auch bei nasser Fahrbahn kann nur ein echter 4x4-SUV bieten. Tröstend für die Mehrheit all der anderen: Die Elektronik ist heute so ausgereift, dass die angetriebenen Vorderräder viel mehr können als in jenen Zeiten, in denen die meisten der Besitzer so eines Liliput-SUV ihre Führerscheinprüfung bestanden haben.

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