Tradition: 50 Jahre Mercedes-Benz W 114/115 (Strich-Acht-Typen 200 D-280 E)

Tradition: 50 Jahre Mercedes-Benz W 114/115 (Strich-Acht-Typen 200 D-280 E) - Dauerbrenner mit Stern

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  • 18. Dezember 2017, 12:55 Uhr
  • Wolfram Nickel/SP-X

Mit dem legendären ,,Strich-Acht' stellte Mercedes vor 50 Jahren einen echten automobilen Dauerbrenner vor, der sämtliche Absatzrekorde sprengte.

SP-X/Köln. Der vor 50 Jahren vorgestellte ,,kleine Mercedes" - von allen Fans nur Strich-Acht genannt - war ein echter 68er, denn er brach gesellschaftliche Tabus. Das gelang den Typen 200 D bis 280 E in der automobilen Premiumklasse. Statt auf Protz und Prunk setzten die neuen, nur 4,68 Meter langen Mittelklasselimousinen auf Luxus für ein Millionenpublikum durch konkurrenzlose Typenvielfalt und innere Werte.

Dazu zählten die hintere Einzelradaufhängung an Schräglenkern und die wartungsfreie Vorderradaufhängung an doppelten Querlenkern ebenso wie Motoren für jeden Anspruch. Taxifahrer und Landwirte schworen auf den fast unzerstörbaren 40 kW/55 PS Diesel im 200 D - bevor dieser im Alter zum beliebten studentischen Fortbewegungsmittel avancierte. Konzernchefs und die Politprominenz präferierten dagegen die souveräne, aber äußerlich dezent verpackte Kraft des über 200 km/h schnellen Sechszylindertyps 280 E, der es leicht mit Oberklasse-Repräsentanten wie Opel Diplomat V8 oder den BMW-Sechszylindern aufnehmen konnte.

Ursprünglich sollte sich die Fahrzeugfront der intern W 114 und W 115 genannten Typen unterscheiden. Während für die Vierzylinder quer liegende, Rechteckscheinwerfer vorgesehen waren, sollten die Sechszylinder mit vertikalen Leuchten im Stil des Pagodendach-SL die Überholspur frei räumen. Stattdessen frönten in der Serienversion selbst die teuren 280er ganz dem Understatement. Mit diesem Modellprogramm im Einheitslook traf Mercedes den Zeitgeist ins Herz. Der Strich-Acht erreichte bis Ende 1976 fast zwei Millionen Zulassungen, mehr als bis dahin alle anderen Nachkriegs-Mercedes zusammen. Die größte Sensation gelang dem Bestseller während der ersten Ölkrise, als der Benz den VW Käfer vom Thron stieß und zum neuen deutschen Verkaufschampion gekürt wurde. Auch das konkurrenzlos große Motorenangebot von zehn parallel produzierten Aggregaten sicherte dem Strich-Acht anhaltende Popularität. Die Nachfrage blieb konstant hoch, so dass sich lange Lieferzeiten als Mercedes-Markenattribut etablierten und die Bauzeit des Strich-Acht am Ende um ein Jahr verlängert wurde.

Wie der schwedische Autobauer Volvo schrieben die Schwaben Fahrzeugsicherheit und Langlebigkeit besonders groß. Neben der Sicherheitsfahrgastzelle waren es viele Details, mit denen die Daimler-Ingenieure für Furore sorgten. Etwa die damals noch nicht selbstverständlichen servounterstützten Scheibenbremsen an allen vier Rädern, die vom Citroen DS inspirierte pedalbetätigte und per Zugknopf gelöste Feststellbremse sowie die ab 1973 analog zur S-Klasse eingeführten, geriffelten, schmutzabweisenden Rückleuchten.

Übrigens hatte Mercedes auch einen revolutionären Rußwolkenmacher im Angebot, denn der 240 D 3.0 schrieb 1974 Geschichte als erster Großserien-Fünfzylinder und galt als rasantester Diesel weltweit mit einer Vmax von 148 km/h. So schnell war kein Käfer und auch dem Golf mit Basismotor zeigte der Mercedes seine dunkle Abgasfahne. Die Dieselfans waren derart begeistert von dem in ihren Augen wilden und dennoch sparsamen Heißsporn, dass sie den hohen Kaufpreis bereitwillig zahlten, für den es alternativ schon noble englische V8 gab. Andererseits war der Kauf eines Strich-Acht eine Langzeitinvestition, wie die bis heute überlebende Zahl der H-Kennzeichen-Klassiker beweist.

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