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Panorama: Im Mini von Los Angeles nach Detroit - Kleiner Freund auf großer Fahrt

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  • 19. Januar 2018, 14:43 Uhr
  • Benjamin Bessinger/SP-X

Fliegen kann ja jeder. Wer was von Amerika sehen will, der muss schon fahren. Selbst wenn es im dickten Winter ist und man nur einen Mini hat. Dann wird einem auf der Reise von Las Vegas nach Detroit auch nicht langweilig.

Officer Jack Rogers von den Iowa State Troopers ist freundlicher aber bestimmter Mann, dem sie in über 30 Dienstjahren schon so ziemlich jede Ausrede aufgetischt haben. Doch bei dieser Verkehrskontrolle verschlägt es selbst dem Routinier an der Radarpistole die Sprache. Denn dass ihm da zwei deutsche Touristen in die Falle tappen, das passiert ihm sogar im abgelegenen Iowa immer mal wieder. Und auch der neue Mini Countryman mit Plug-In-Hybrid ist ihm schon untergekommen. Doch dass sich zwei große Männer mit so einem kleinen Auto tatsächlich quer durch das riesige Amerika quälen, von Los Angeles durch neun Bundesstaaten 3.000 Meilen bis nach Detroit fahren und sich davon auch nicht vom kältesten Winter seit Jahren abschrecken lassen, da fehlen selbst dem Officer die Worte. ,,Ein Ticket kann ich euch nach den Strapazen ja wohl kaum ausstellen", findet er seine Sprache wieder und belässt es bei einer höflichen Ermahnung.
 
Danke, Officer Rogers, sehr freundlich. Doch so schlimm, wie es sich der Polizist und viele andere Zufallsbekanntschaften auf dieser Reise über Las Vegas, Salt Lake City, den Yellowstone Nationalpark, die Badlands von South Dakota, Iowa, Illinois und Michigan vorstellen, ist es gar nicht. Denn der Countryman trägt seinen Namen irgendwie zurecht und macht tatsächlich auch außerhalb der großen Städte eine gute Figur. Selbst in Amerika, wo der Mini zwischen all den Fullsize-Trucks und Pick-Ups seinen Namen noch halbwegs zurecht trägt, fühlt man sich in dem Lifestyle-Flitzer auf Stelzen gut aufgehoben. Und solange man zu zweit ist, stört es auch nicht, dass die großen Rimowas nur bei halb nach vorn geklappter Rücklehne in den Kofferraum passen oder dass der Rücksitz mit ein paar Jacken, zwei dicken Stiefeln und ein bisschen Proviant eigentlich schon voll ist - vorne sitzt man schließlich bequem, die Klimaanlage bollert tapfer gegen die Kälte und die Heizdrähte in Kissen und Lehne glühen heißer als in sehr viel größeren und teureren Autos - so kann der Winter kommen.
 
Erstmal ist davon allerdings noch wenig zu spüren. Schließlich beginnt die Reise in Kalifornien. Dort schüttet es zwar ganz im Gegensatz zum gängigen Klischee wie aus Kübeln. Doch der daraus resultierende Stau, der sich bis kurz vor Las Vegas zieht, spielt dem Mini in die Hände. Schließlich kann er da mit seinem Plug-In-Hybrid punkten, für den BMW einen 1,5 Liter großen Dreizylinder von 136 PS, eine E-Maschine von 65 kW/88 PS und einen Lithium-Ionen-Akku von 7,6 kWh kombiniert und es auf dem Papier auf eine Systemleistung von 224 PS, eine elektrische Reichweite von 42 Kilometern bringt. Flüsterleise und gelassen surrt der Mini so durch den Stopp-And-Go-Verkehr, bleibt halbwegs sparsam und macht Lust auf die Tage, die da noch kommen werden.
 
So geht es erst nach Las Vegas und von dort aus weiter nach Salt Lake City und nichts kann dem Team im Countryman die Stimmung vermiesen. Weder der Regen im Sündenbabel in der Wüste noch das strenge Tempolimit auf dem Highway - dabei hätte der Mini auf der Schnellstraße mit seinem Spitzentempo von 198 km/h anders als in Deutschland durchaus das Zeug, vorneweg zu fahren. Und auf den kurvigen Landstraßen im nordöstlichsten Zipfel von Utah könnte man noch viel mehr Fahrspaß aus dem strammen Fahrwerk und der vielleicht besten Lenkung in dieser Klasse holen, wenn man nicht hinter jeder Hecke einen Hilfssheriff vermuten würde.
 
Doch je kälter es wird und je mehr Schnee sich am Straßenrand türmt, desto eisiger wird plötzlich auch die Laune. Denn so ganz langsam kommt das Konzept des PlugIn-Hybrids an seine Grenzen. Nicht nur, dass der Verbrauch ins unermessliche klettert und irgendwann sogar die Neun-Liter-Marke überschreitet. Das wäre zwar angesichts von Spritpreisen auf dem Niveau von Cola & Co kein Problem und man braucht keine 30 Dollar zum Volltanken. Doch bei nicht einmal 40 Litern Tankvolumen zwingt einen der Mini zu mehr Boxenstopps, als einem auf so einer Langstreckenfahrt lieb sind, Denn so viel kann man gar nicht trinken, dass man so oft austreten müsste.
 
Es ist vor allem das vergebliche Versprechen auf den vermeintlichen Allradantrieb, dass einem bei diesem Trip schmerzlich bewusst wird. Denn wer sich auf den Schriftzug ,,All4" verlässt, der ist zumindest hier oben am Yellow Stone Nationalpark ganz im Norden der USA schnell mal verlassen. Wenn es dem Elektroantrieb mal ausnahmsweise nicht zu kalt ist und er sich nicht komplett abmeldet - was bei Temperaturen im zweistelligen Minusbereich auf dieser Tour eher selten der Fall war - dann reicht der Akku in der Praxis für maximal zwölf Meilen. Leider kommt man auch im Mischbetrieb mit der elektrischen Hinterachse nicht viel weiter, was vor allem dann zu einem Problem wird, wenn die Straße dick verschneit ist und man rund um den Yellowstone Nationalpark gut die zusätzliche Traktion gebrauchen könnte. Denn für einen Kurzeit-Allradler sind die Winter im Nordwesten der USA zu lang und der Schnee zu hoch.
 
Ja, es ist mühsam mit dem Mini, der Allrad ist eine Mogelpackung und der Weg zur nächsten Tankstelle in den dünner besiedelten Regionen bei einer realen Reichweite von selten mehr als 300, 400 Kilometern bisweilen eine Zitterpartie - zumal es auf einem Roadtrip auch keine Alternative ist, sich über drei Stunden an eine der überraschend vielen Ladesäulen zu stellen, nur um dann vielleicht 20 oder 30 Kilometer elektrisch zu fahren. Doch zeigt das winterliche Abenteuer in Amerika auch, dass man mit ein bisschen Vorsicht und Vorbereitung und natürlich mit den richtigen Reifen fast überall durchkommt - und sich danach nur umso stärker und größer fühlt, wenn man dem Winter und den Widernissen der Technik ein Schnippchen geschlagen hat.
 
Und irgendwann hat auch das Wetter ein Einsehen. Zwar bleibt es bitterkalt und das Thermometer kommt selten aus dem zweistelligen Kellerbereich. Doch der Schnee ist geräumt, das Eis mit tonnenweise Salz von der Straße getaut und als dann irgendwo in Illinois auch noch der Himmel aufreißt und sich auf einem tiefen Blau die Sonne scheint, dann fühlt sich der tiefste Winter plötzlich an wie der höchste Sommer und das Lachen ist zurück. Nach Chicago geht es deshalb begleitet vom Soundtrack der Blues Brothers wie bei einem vorzeitigen Zieleinlauf mit einem Lied auf den Lippen und der letzten Hüpfer nach Detroit fährt sich wie von selbst. Kein Wunder, auf den letzten 400 Meilen braucht selbst der Mini nur noch einen Tankstopp. Und wenn die State Trooper von Michigan genauso nett sind wie die von Officer Rogers in Iowa, dann steht einer pünktlichen Ankunft nichts mehr im Wege und das Road Movie bekommt sein verdientes Happy End. Gut möglich, dass es sogar eine Fortsetzung gibt. Schließlich muss das Auto irgendwann ja wieder zurück nach Los Angeles.

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