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Drei Fragen an den CIVD-Geschäftsführer Daniel Onggowinarso - ,,Reisemobilisten schätzen die unklar

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  • 22. März 2018, 12:04 Uhr
  • Michael Lennartz

Caravaning boomt und boomt. Die Reisemobil-Zulassungen haben in den ersten beiden Monaten 2018 in Deutschland schon wieder um mehr als 45 Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2017 zugelegt. Ganz sorgenfrei ist die Branche aber nicht.

Gewichtsgrenzen, Dieselkrise, überfüllte Stellplätze - das sind die Themen, die Daniel Onggowinarso, den Geschäftsführer des Caravaning Industrie Verbandes Deutschland (CIVD) in Frankfurt, beschäftigen. Während er drohenden Diesel-Fahrverboten eher gelassen entgegen blickt, ist die Hoffnung auf eine möglichst baldige Erweiterung des B-Führerscheins auf Reisemobile bis 4,25 Tonnen groß.
 
Wer nach 1999 seinen Pkw-Führerschein gemacht hat, darf Reisemobile und Pkw-Wohnwagen-Kombinationen nur bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht fahren. Wegen mehr Komfort, aber auch höheren Sicherheits- und Umweltstandards wird es für die Hersteller immer schwieriger, dieses Limit einzuhalten. Schließlich will man ja auch jüngere Reisemobilisten nicht ausgrenzen. Zeichnen sich da Besserungen ab?

Die Caravaning-Industrie begegnet der Herausforderung hinsichtlich der damals mit dem B-Führerschein neu eingeführten 3,5-Tonnen-Grenze mit Erfolg mehrgleisig. Die Hersteller und Lieferanten setzen auf Gewichtsreduzierung mit kontinuierlich optimierten Fertigungsmethoden, neuen Materialien und pfiffigen Konstruktionskonzepten und investieren mehr denn je in die Leichtbaulösungen der Zukunft.

Der CIVD wiederum setzt sich parallel auf politischer Ebene für eine praxisorientierte Erweiterung des B-Führerscheins von 3,5 auf 4,25 Tonnen ein. Über den europäischen Dachverband ECF haben wir der EU-Kommission einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt. Wie beim B96-Führerschein für Gespanne, den der CIVD seinerzeit initiiert hat, soll eine eintägige Schulung in einer Fahrschule ohne Prüfung ausreichend sein. Zeitliche Voraussagen sind allerdings schwierig. Das Bundesverkehrsministerium unterstützt unsere Initiative, gleichzeitig ist das EU-Führerscheinrecht das sprichwörtlich ,,sicke Brett".

Fast alle Reisemobile haben einen Dieselmotor. Dennoch beschleunigt sich aktuell der Zulassungszuwachs sogar noch. Gibt es hier keine Verunsicherung oder den Ruf nach Alternativen?

Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Fahrverbote vor kurzem für grundsätzlich zulässig erklärt hat, erwarten wir für den Reisemobiltourismus keine nachteiligen Effekte. Fahrverbote werden wohl - wenn es überhaupt dazu kommt -  nur örtlich und zeitlich begrenzt in Städten realisiert werden können. Reisemobilisten schätzen die noch unklare Situation unseren Erfahrungen nach mit Augenmaß ein. Urlauber müssen nur selten überhaupt mit dem Reisemobil die Innenstadt durchqueren und parken in der Regel eher außerhalb, um dann mit dem Fahrrad oder ÖPNV in die Stadt zu fahren. Und für Reisemobilbesitzer, die in der betroffenen Innenstadt wohnen und ihr Fahrzeug auch dort parken, würde es voraussichtlich Ausnahmeregelungen geben. Dafür setzen wir uns auch mit Nachdruck ein.

Saubere Dieselmotoren werden mittelfristig im Reisemobil unerlässlich sein. Wie auch für das Erreichen der CO2-Ziele von Paris. Natürlich aber arbeiten die CIVD-Mitglieder eng mit den Chassis-Herstellern zusammen, um tragfähige Alternativen zu entwickeln. Ebenso wie beim Pkw müssen aber etwa beim Elektroantrieb grundlegende Fragen bezüglich Reichweite, Gewicht, Kosten, aber vor allem auch der Infrastruktur gelöst werden.
Der Reisemobil-Boom führt auch zu immer volleren Camping- und Stellplätzen, weil offensichtlich die Infrastruktur nicht in gleichem Maße mitwächst. Überfüllte Plätze haben aber wenig mit Abenteuer und Freiheit zu tun, mit denen Sie in Ihren Imagefilmen vor der Tagesschau werben. Wie groß sehen Sie die Gefahr, dass dieses Szenario die vielen Neueinsteiger frustrieren könnte, und was tun Sie dagegen?

Die Infrastruktur wächst stetig, zwischen 2009 und 2016 um 30 Prozent, aber in der Tat nicht immer im gleichen Maße wie die Zahl der Caravaning-Urlauber und -Fahrzeuge. Dadurch kann es insbesondere an touristischen Hotspots und speziell an Wochenenden zu Engpässen kommen. Einen generellen, flächendeckenden Stell- und Campingplatzmangel erkennen wir jedoch nicht. Gleichzeitig stellen wir uns den Herausforderungen: Der CIVD ist seit Jahrzehnten aktiver Unterstützer des Stellplatz-Ansatzes und hat durch seine Arbeit dazu beigetragen, dass sich Städte und Kommunen den mobilen Gästen öffnen. Diese Arbeit haben wir mit den steigenden Zulassungszahlen intensiviert. Wichtige Grundlage war hierfür die durch den Verband beauftragte dwif-Studie an der Universität München, die insbesondere die wirtschaftliche Bedeutung von Camping- und Caravaning-Tourismus in Deutschland belegt. Ziel ist, private und öffentliche Entscheidungsträger von den positiven wirtschaftlichen Effekten des Baus von Reisemobilstellplätzen zu überzeugen und denen, die Interesse haben, auch konkrete Hilfestellung bei der Realisierung zu geben. Dafür arbeiten wir eng mit starken Partnern aus Industrie, Tourismus- und Verbraucherverbänden, Camping- und Stellplatzbetreibern und Fachpresse zusammen.

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