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Sonst noch was? - D-Day in der Autoindustrie

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  • 27. Mai 2018, 13:12 Uhr
  • Peter Eck/SP-X

Wenn in unserer Branche alles aufgeregt herumklickt und fleißig Formulare ausgefüllt und abgeschickt werden, dann geht es sicher nicht um die Zukunft der Mobilität. Wie immer man zur DSGVO auch stehen mag, das Tempo der Umsetzung in deutschen Großunternehmen wirft schon Fragen auf. Eine könnte lauten: Arbeiten die immer so?

Es war eine wahre Ausnahmesituation: Heerscharen von Spezialisten arbeiteten Tag und Nacht hart bis an den D-Day, unterschiedliche Varianten wurden kreiert, verworfen, verändert und schließlich verwirklicht. Und dann, sozusagen auf den letzten Drücker wurde die Lösung präsentiert. Worum es geht? Leider nicht um eine neue Super-Batterie, ein fantastisches Sicherheitssystem oder eine besonders clevere Mobilitätslösung. Nein, die Autoindustrie hat diese Woche kurz vor knapp die sogenannte DSGVO entdeckt, Sie wissen schon, die Datenschutzgrundverordnung. Die gilt seit diesem Freitag, und so ziemlich alle Hersteller, Zulieferer und anderweitig in der Mobilitätsbrache arbeitenden Unternehmen, schickten ab Donnerstag Mails (,,Ihre Daten sind uns wichtig"), in denen man entweder nur die neue Regelung zur Kenntnis nehmen oder auch bunte Buttons zur Einverständniserklärung anklicken musste. So mancher Weltkonzern gab sich damit nicht zufrieden, sondern erwartete einen ausgefüllten Fragebogen, wahlweise einzuscannen oder rückzufaxen (für die jüngeren unter unseren verehrten Lesern: es handelt sich bei Letzterem um eine Kommunikationstechnik aus grauer Vorzeit, bei der - ach vergessen Sie es einfach).

Zwei Dinge sind uns in dieser Woche in diesem Zusammenhang klar geworden. Erstens: Auch bei juristisch-formalen Herausforderungen kommt unsere Branche zu unterschiedlichen Lösungen. Zweitens: Obwohl die DSGVO seit Monaten angekündigt und bekannt war, scheint man auch in großen Unternehmen nicht anders zu arbeiten als in kleinen Klitschen - nämlich stets so spät wie möglich ein Problem anzugehen und dann auf der letzten Rille fertig zu werden. Was uns mit Blick auf unsere eigene Vorgehensweise dann doch irgendwie beruhigt.

Zu spät, aber dann zu wenig oder zu viel. Das gilt ja auch grundsätzlich bei anderen umzusetzenden Vorschriften, vor allem, wenn sie Geld kosten. So wird im Umweltschutz gerne nur das Notwendigste getan, das dafür aber dann groß kommuniziert. Wobei dies in Sachen Abgasnormen nicht zuzutreffen scheint. Weil gerade diese Woche wieder einige OEM´s eine frühzeitige Umstellung ihrer Motoren auf die ,,strenge" Abgasnorm ,,Euro 6d temp" bekanntgaben. Wir vermuten, die Hersteller erwarten dafür gesellschaftliches Lob. Eine erste, nicht repräsentative Recherche im Bekanntenkreis ergab allerdings eher folgende Resonanz: Aha, geht doch.

Aber das sind natürlich nur die unmaßgeblichen Meinungen dummer Autofahrer. Dass die keine Ahnung haben, sollte wohl auch eine in dieser Woche veröffentlichte Umfrage beweisen. Demnach sind diese, also die Autofahrer, zunehmend verwirrt von den vielen Abkürzungen. So wünschen sich laut der Umfrage zwar 82 Prozent der Autofahrer eine Klimaanlage in ihrem Fahrzeug, nur 55 Prozent können hingegen etwas mit dem Kürzel A/C was anfangen. Nicht mitgeteilt wurde, wo zwischen diesen beiden Zahlen eigentlich der Zusammenhang besteht. Andererseits wünschen sich 58 Prozent eine Einparkhilfe, also eine Park Distance Control (PDC), wobei immerhin 72,5 Prozent diese Abkürzung kannten. Echt jetzt? Das können wir uns ehrlich gesagt kaum vorstellen. Und deshalb billigen wir dieser Umfrage eine ähnliche Repräsentativität zu wie unserer oben erwähnten zum Thema Abgasnorm.

Oder es ist einfach so, dass der Autofahrer - und hier speziell der deutsche Autofahrer - einfach ein unbekanntes Wesen bleibt. Dafür spricht das Ergebnis einer weiteren Umfrage (ja, an solchen herrscht weiterhin wahrlich kein Mangel). Diese wiederum kommt zu dem Ergebnis, das Autofahrer die Sicherheit durch Dashcams im Falle eines Unfalls oder sonstigen Problems auf der Straße höher einschätzen, als den Datenschutz. Das glauben wir sofort, denn zum deutschen Wesen gehört ja nun zwingend das Bedürfnis nach (vermeintlicher) Sicherheit dazu. Was sind dagegen schon Persönlichkeits- und Datenschutzrechte, zumal wir diese ja sowieso permanent auf dem Altar der ständigen Kommunikation kostenlos amerikanischen Großunternehmen opfern? Und die Verlockung, über eine Dashcam einem anderen Verkehrsteilnehmer Fehlverhalten beweisen zu können, ist für uns doch geradezu überwältigend. Dass es einen dabei auch selbst erwischen könnte, wird geflissentlich ignoriert. Denn auch das gehört zur deutschen Seele: Schuld haben sowieso immer nur die anderen. Sonst noch was? Nächste Woche wieder.

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