Motorrad

Motorrad-Fahrbericht: Aprilia Tuono SX/RX 125 - Schluss mit ,,rengdengdeng"

  • In MOTORRAD
  • 19. Juni 2018, 11:32 Uhr
  • Ulf Böhringer/SP-X

Zwei neue Einstiegsmodelle von Aprilia mit jeweils 125 Kubikzentimeter-Viertaktmotoren bereichern die Achtelliter-Szene. Denn auch die Preise sind moderat.

Gerade mal ein Prozent beträgt der Marktanteil des italienischen Motorradherstellers Aprilia in Deutschland; es scheint so, als würden die mehr als 50 errungenen Weltmeistertitel den Absatz nicht wirklich beflügeln. Besser sieht es für die zum Piaggio-Konzern gehörende Marke aus Noale/Veneto aber in der Leichtkraftradsparte bis 125 Kubikzentimeter aus: Hier hat die noch junge Tuono 125 das vergangene Jahr auf Rang 10 der deutschen Zulassungsliste beendet. Sie ist ganz im Stil ihrer potenten Vierzylinder-Schwester Tuono V4 1100 gestaltet.

Denselben 11 kW/15 PS leistenden Einzylinder-Viertaktmotor wie die kleine Tuono beflügeln auch die beiden Neumodelle SX 125 (3.700 Euro) und RX 125 (3.840 Euro), doch ist ihre Machart etwas schlichter. Deshalb, und weil sie in China gebaut werden, sind sie auch bis zu 1.300 Euro günstiger als die in Italien montierte, edel wirkende Tuono 125. Sowohl die als Supermoto konzipierte SX 125 wie auch die enduristische RX 125 sind ein neuer, viel versprechender Einstieg in die Aprilia-Welt.

Dabei hat insbesondere die Buchstabenkombination RX eine lange Tradition bei Aprilia: Bereits 1990 erschien die erste RX 125, damals freilich noch mit Zweitaktmotor. Die ,,rengdengdeng"-Zeiten sind freilich vorbei, heute zeigen sich die beiden Schwestermodelle höchst gesittet motorisiert: Viertaktmotor, Einspritzung, G-Kat, Euro 4-Zertifizierung. Gerade 2,7 Liter Benzin reichen laut WMTC-Test aus für 100 Kilometer keineswegs zögerliche Fahrt. Das Triebwerk mit Vierventil-Zylinderkopf und deshalb zwei Nockenwellen ist topmodern, drehzahlgierig und hinreichend kultiviert. Freilich muss das leichtgängige und präzise zu bedienende Sechsganggetriebe fast im Sekundentakt geschaltet werden, will der Fahrer auf Landstraßen nicht in der Opferrolle verharren.
 
Je kleiner die Sträßchen, desto spaßiger ist deshalb die Fahrt mit einer der beiden kleinen Aprilias. Klarerweise liegt die Stärke der SX 125 alleine auf Asphalt, wo sie ihre supermotohafte Agilität voll ausspielen kann. Das kleine 17-Zoll-Vorderrad lenkt schon beim geringsten Druck am breiten Lenker leicht ein, die Schräglagenfreiheit scheint unendlich zu sein. Die China-Pneus ließen bei der ersten Fahrt auf trockenem Untergrund keine Nachteile erkennen. Das gilt ebenfalls für die Stollenreifen der RX 125; sie haften zumindest auf trockener Straße ordentlich, fallen aber durch deutliche Teigigkeit in der Mittellage auf, was ein bewusstes Einlenken erfordert. Auf Schotter- oder Waldwegen machen die groben Gummis und das 21 Zoll messende Vorderrad dagegen eine gute Figur; die lediglich 134 Kilogramm der Aprilia lassen sich leicht dirigieren.

Rahmen, Federelemente und Ausstattung beider Modelle sind identisch; beide weisen deshalb mit 24 Zentimetern vorne und 22 Zentimetern hinten lange Federwege auf. Das bedeutet erhebliche Sitzhöhen von 88 bzw. sogar 90,5 Zentimetern in unbelastetem Zustand. Sitzt der Fahrer, sacken die Bikes ein gutes Stück ein. Unterschiede gibt es außer bei den Rädern auch bei den Bremsen: Die vordere, kreisrunde Scheibe der SX ist mit 30 Zentimetern um vier Zentimeter größer als die Wave-Scheibe der RX. Beide Vorderräder werden durch ein Einkanal-ABS von Bosch vor Blockieren geschützt, das Hinterrad wird nicht geregelt. Dennoch finden sich an letzterem ein Zahnkranz sowie ein Sensor-Abnehmer; er dient dazu, die Raddrehzahlen zu vergleichen und aktiviert im Bedarfsfall die Hinterrad-Abhebeerkennung. Konzeptionsbedingt sind beide Modelle aufgrund ihrer langen Federwege überschlagsgefährdet. Um dies zu vermeiden, holt das ABS im Falle eines aufsteigenden Hinterrades dieses durch Freigeben des Vorderrades wieder auf den Boden.

Technische Daten Aprilia SX 125 (RX 125 in Klammern)
Motor: Flüssigkeitsgekühlter Einzylinder-Viertakter, Hubraum: 124 ccm, 11 kW/15 PS, Drehmoment: 11,3 Nm bei 8.000 U/min; Einspritzung, 6-Gang-Getriebe, Kette
Fahrwerk: Stahlrohrrahmen; USD-Telegabel, Ø 4,1 cm, Federweg 24 cm; Stahl-Zweiarmschwinge, Mono-Federbein, Federweg 22 cm; 30 (26) cm-Einscheibenbremse vorne, 22 cm Einscheibenbremse hinten; Speichenräder, Bereifung 100/80-17 (90/90-21) vorne bzw. 130/70-17 (120/80-18) hinten
Sicherheit: Vorderrad-ABS
Maße und Gewichte: Sitzhöhe 88 (90,5) cm, Leergewicht vollgetankt 134 kg, Zuladung 166 kg, Tankinhalt 6,2 l
Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit 110 (105) km/h; Normverbrauch: 2,7 l/100 km
Preis: 3.700 (3.840) Euro

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