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Sonst noch was? - Das waren noch Zeiten

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  • 24. Juni 2018, 10:09 Uhr
  • Peter Eck/SP-X

In der Welt ist einiges durcheinander geraten. Wir passen uns an und lassen in dieser Kolumne diesmal - sagen wir es positiv - einen bunten Strauß Nachrichten aus dieser Woche vorbeiziehen. Deren Fazit: Alles ändert sich - und bleibt doch irgendwie gleich.

Nächste Woche beginnen in den ersten Bundesländern die Sommerferien, insgesamt wollen - so war zu lesen - drei Viertel der Deutschen verreisen. Da freuen sich die Hoteliers an Ost- und Gardasee, die Tretbootvermieter und Restaurantbesitzer in Österreich und Frankreich. Und deren kommunalen Kassen, denn in vielen Ländern fallen die Strafen für diverse Vergehen im Straßenverkehr ja wesentlich drastischer aus als bei uns. So kassierten die netten Niederländer doch letztlich bei einem Bekannten satte 35 Euro für 4 km/h Geschwindigkeitsübertretung - auf der Landstraße!

Auf der Landstraße sollte man also scheinbar besonders vorsichtig und vorschriftsgemäß fahren, besonders in Frankreich. Haben unsere letzten Freunde in der EU doch die Höchstgeschwindigkeit eben dieser auf 80 km/h gesenkt. Das ist in Deutschland sicher ein gefundenes (vegetarisches) Fressen für die Grünen, in unserem Nachbarland aber eher ein Grund für ein paar Radarkontrollen mehr. Denn gerade wir Deutschen opfern doch gerne ein paar Euro zusätzlich aus unserer Urlaubskasse, um den armen Nachbarn, ja blödes Wortspiel, unter die Arme zu greifen.

Manche Dinge ändern sich halt nie, andere dagegen durchaus. So melden mehr und mehr Automobilhersteller, dass ihre Motoren in diversen Modellen nun nach der ,,strengen" - dieses Wort darf nie fehlen - Abgasnorm ,,Euro 6d temp" zertifiziert sind. Was für ein Erfolg und allein schon die Länge der Norm lässt erkennen, welche Anstrengungen zu deren Erfüllung unternommen werde mussten. Irgendwie erinnert das ganz Spektakel an die Einführung des Katalysators in den seligen Achtzigern. Erst hielt die Industrie dessen Einführung zum Stichtag für unerfüllbar, um dann natürlich genau zu demselben auch das letzte Fahrzeug unmöglicherweise mit dem Ding ausgerüstet zu haben. An temporäre Produktionseinstellungen wie sie heute mangels Freigaben nötig werden, können wir uns in diesem Zusammenhang gar nicht mehr erinnern. Nur an die Opel-Werbung mit dem sonor singenden Louis Amstrong: ,,What a wonderful world". Tja, das waren noch Zeiten.

Während die Industrie also um die Freigabe ihrer Fahrzeuge kämpft, einige Vorstände gleichzeitig um ihre Zukunft und Freiheit, scheint das Interesse der deutschen Autofahrer an ihrer Zukunft, ergo der Elektromobilität, irgendwie - sagen wir es ganz vorsichtig und freundlich - zu stagnieren. Gerade mal noch etwa 3.000 Anträge auf E-Auto-Prämie gingen pro Monat zuletzt beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ein, es waren schon mal fast 4.800. Trotzdem, unsere Industrie hat versprochen, dass mit vielen kurz vor Serienreife stehenden Modellen der Durchbruch der E-Mobilität unmittelbar bevorsteht. Und wir wissen ja: Was die deutsche Automobilbranche verspricht, das hält sie auch.

Aber nicht nur die Industrie hat sich verändert, auch wir Autofahrer. Während zum Beispiel ein mit einem Gurt gesicherter Fahrer vor 40 Jahren tendenziell eher als Weichei galt, wird dank Anlegepflicht samt Piepsunterstützung darüber heute noch nicht mal mehr diskutiert. Als Legastheniker unter den Führerscheinbesitzern galt zudem, wer sich eines der raren Autos mit teurer und spritfressender Automatik zulegte: ,,Kannste nich schalten? Führerschein im Otto-Katalog gekauft?" Ja, nette Mitmenschen gab es auch schon vor dem Internet.

Noch 2007 lag der Automatik-Anteil in Deutschland bei 15 Prozent und war vor allem hochpreisigen Limousinen und in technisch einfachster Form Kleinfahrzeugen am Rande der Gehhilfe vorbehalten. Heute entscheidet sich schon fast jeder dritte Käufer für die Automatik. Sind es technische Fortschritte oder Auswirkungen der alternden Gesellschaft, die die Autofahrer zum automatischen Getriebe greifen lassen? Wir wissen es nicht. Schämen muss man sich heute aber immerhin nicht mehr dafür.

Neben Anschnallen und Automatik fahren galt noch vor einem halben Jahrhundert die Anschaffung einer ,,Reisschüssel", also eines Fahrzeugs einer japanischen Marke, als größtmöglicher automobiler Fauxpas und als Ausweis dafür, dass sein Besitzer aber nun auch rein gar nichts von guten Autos verstand. Heute fahren wir sogar Autos koreanischer oder rumänischer Herkunft, ohne dafür auf der Straße angemacht zu werden. Ob das einst mit chinesischen Produkten auch so sein wird?
Immerhin kommt in einigen Wochen ja Borgward nach Deutschland. Das ist jenes Unternehmen, das unter dem alten deutschen Markennamen chinesische SUVs verkaufen will. Zunächst wird ein SUV der BMW X3-Klasse als Sondermodell für 44.200 Euro offeriert. Sagen wir mal so: Wir sind gespannt, ob es den Chinesen gelingen wird, den deutschen Autofahrern ein X für U vorzumachen, oder besser gesagt: ein C für ein D. Sonst noch was? Nächste Woche wieder.

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