Auto

Toro Rosso und Honda: Die Chemie stimmt

  • In MOTORSPORT
  • 3. August 2018, 12:22 Uhr
  • Mirko Stepan

Nach dem Rennen ist vor dem Rennen. Nach dem Ungarn Grand Prix haben die Formel 1-Teams nicht wie gewöhnlich ihre Zelte abgebaut und sind mit dem Tross weitergezogen, sondern haben zwei Tage lang getestet. Der Motor-Informations-Dienst (mid) hat dabei hinter die Kulissen der Scuderia Toro Rosso geschaut.


Nach dem Rennen ist vor dem Rennen. Nach dem Ungarn Grand Prix haben die Formel 1-Teams nicht wie gewöhnlich ihre Zelte abgebaut und sind mit dem Tross weitergezogen, sondern haben zwei Tage lang getestet. Der Motor-Informations-Dienst (mid) hat dabei hinter die Kulissen der Scuderia Toro Rosso geschaut.

Die Scuderia Toro Rosso gilt als Nachwuchs-Team der Red Bull-Familie. Mit Motorenpartner Honda tummelt sich die Mannschaft um Teamchef Franz Tost im Mittelfeld der Formel 1. Umso wichtiger, das Material und die Updates - auch für die kommende Saison - auf der Strecke zu testen. Brendon Hartley ist mit 126 Runden Testsieger in Ungarn, so viel ist kein anderer Pilot gefahren. Dazu kommen noch die 122 Runden von Testfahrer Sean Gelael sowie 109 Runden von ihm für Pirelli-Reifentests - die Stammfahrer Pierre Gasly und Brendon Hartley haben für den F1-Reifenpartner in Ungarn insgesamt 142 Runden abgespult. Wichtige Arbeit für die Saison 2019, die allen Teams zugute kommt. Denn die Daten, die so für die Pirelli-Ingenieure gesammelt werden, und die Rückmeldungen der Fahrer, die die Reifenmischungen während des Tests nicht kennen, fließen direkt in die Entwicklungsarbeit ein.

Aber auch die Spezialisten von Toro Rosso und Honda sind ausgiebig mit Informationen rund ums Auto versorgt worden. Teamchef Franz Tost sagt: "Wir haben ein unterschiedliches Programm an den beiden Testtagen abgespult. Mit dem einen Auto die Reifentests für Pirelli, mit dem anderen Entwicklungsarbeit, auch schon mit Blick aufs nächste Jahr. Wir haben natürlich auch Daten gesammelt für die Ingenieure, um die Performance in der zweiten Saisonhälfte zu verbessern."

Performance und Entwicklung sind die Schlagwörter in der Formel 1. Stillstand können sich die Teams nicht erlauben, sonst verlieren sie den Anschluss. Damit das nicht passiert, wird ununterbrochen gearbeitet. Als kleineres Team dauere es allerdings länger, Verbesserungen zu erzielen, erklärt Teamchef Tost. Hier fehle es dann im Vergleich zu den Top-Teams an den entsprechenden Ressourcen. Damit meint Tost das Geld und die Menpower: "Toro Rosso hat rund 380 Mitarbeiter, die großen Teams 900 bis 1.000 und ein dreimal so hohes Budget." Da liege es auf der Hand, dass Neuentwicklungen nicht so schnell kommen. Dazu kommt die Komplexität der F1-Technik. Während man früher lediglich einen Motor hatte, werden die Autos heute von einer komplizierten Power-Unit angetrieben, die aus dem Turbo-Motor und Elektro-Komponenten besteht. Bremsenergie und Hitze werden in Strom umgewandelt, der dann beim Beschleunigen als elektrische Zusatzleistung abgerufen werden kann. Damit alle Komponenten perfekt funktionieren und zusammenarbeiten, ist viel Detailarbeit nötig. Und es braucht Testzeit auf der Strecke, die vom Motorsport-Weltverband FIA streng reglementiert ist. Daher zählt an Testtagen wie in Ungarn jede Runde. Formel 1 sei kein Sport, in dem man schnell Verbesserungen erziele, sondern ein Langzeit-Projekt. Man müsse Veränderungen Schritt für Schritt angehen und umsetzen, betont Tost.

Dennoch sind Tost und sein Team zuversichtlich für die zweite Saisonhälfte. Honda wird ein weiteres Motoren-Update bringen und auch das Chassis wird von Toro Rosso überarbeitet. Ob die Entwicklungen funktionieren, wird sich dann in den Rennen zeigen. Aber die Chemie zwischen Honda und Toro Rosso stimmt. Die Rückkehr von Honda in die Formel 1 zur Saison 2015 war damals mit Spannung erwartet worden, die Partnerschaft mit McLaren wurde in den Medien und auch von den Fans bereits im Vorfeld als Dreamteam gehandelt, das Mercedes und Ferrari das Leben schwer machen könnte. Alles kam anders, der Erfolg blieb aus, die Ehe der beiden endete in Trümmern - gut für Toro Rosso, die seit 2018 mit den Triebwerken aus Japan unterwegs sind, und zwar mit guten Resultaten. Pierre Gasly zum Beispiel erreicht in Ungarn einen achtbaren sechsten Platz. Auch wenn die Konstanz über die komplette Saison fehlt, das Potenzial dieser Partnerschaft ist erkennbar. So wundert es nicht, dass auch Brendon Hartley ein positives Zeugnis für Honda ausstellt. Man solle so weitermachen wie bisher, lautet seine Bitte an den Motorenpartner.

Ab 2019 werden dann auch die Red Bull-Boliden die Honda-Power-Units im Heck haben - und Tost verspricht sich viel davon. Zum einen für die Scuderia Toro Rosso, die von den noch besseren Entwicklungsmöglichkeiten profitieren werde. Aber auch für Red Bull. Honda wolle als weltweit bekanntes und erfolgreiches Unternehmen um Siege in der Formel 1 mitfahren. Gemeinsam mit Red Bull sei das möglich. Angst, dass Toro Rosso zur Nummer 2 mit schlechterem Material degradiert wird, hat Franz Tost nicht. Denn der Stellenwert des Juniorteams ist nicht zu unterschätzen. Nur wer halbwegs vernünftiges Material hat, kann entsprechend performen. Das hat in der Vergangenheit funktioniert. Fahrer wie Sebastian Vettel, bisher der einzige Sieger für die Scuderia Toro Rosso, Daniel Ricciardo oder Max Verstappen haben sich bei den italienischen Roten Bullen die Hörner abgestoßen. Franz Tost hat sie und viele andere junge Fahrer unter seinen Fittichen gehabt. Er kann Talente erkennen und fördern. Und er ist keiner, der gerne spekuliert. Umso aussagekräftiger ist es, wenn Tost sagt, dass Verstappen mit dem richtigen Material Weltmeister werden kann. Honda soll seinen Teil dazu beitragen. Und Toro Rosso dabei helfen, noch öfter die Großen zu ärgern.

Mirko Stepan / mid

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