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IBC 2018: Ein Stern am Omnibus-Himmel

  • In RREISEMOBIL
  • 13. August 2018, 13:34 Uhr
  • Wolfgang Tschakert

Für den härtesten Omnibustest des Jahres 2018 haben sich MAN, Mercedes-Benz und der spanische Hersteller Irizar eingefunden. Wer siegen will, muss sich in verschiedenen Testdisziplinen bewähren, bis zum Zieleinlauf bleibt es spannend. Letztlich setzt sich ein Bus aus dem Trio mit souveräner Leistung durch.


Für den härtesten Omnibustest des Jahres 2018 haben sich MAN, Mercedes-Benz und der spanische Hersteller Irizar eingefunden. Wer siegen will, muss sich in verschiedenen Testdisziplinen bewähren, bis zum Zieleinlauf bleibt es spannend. Letztlich setzt sich ein Bus aus dem Trio mit souveräner Leistung durch.

Wie gut sind die neuen Reisebusse von MAN und Mercedes? An Ambitionen und Werbebotschaften mangelt es bei beiden ja nicht. Das klassische Duell, Lion's Coach gegen Tourismo, verspricht Spannung. Aber gerade jetzt möchte ihnen der spanische Irizar in die Parade fahren. Ein verwegen gezeichneter Hochdecker-Reisebus, der sich mit vielen in der Branche renommierten Komponenten schmückt. Die anderen Wettbewerber wie Scania, Van Hool, VDL oder Volvo hatten den harten Test gegen die neuen Konkurrenten aus Deutschland gescheut.

Zusätzlich gewürzt wird das Aufeinandertreffen durch das ausgeschriebene Fahrzeugformat. Neue 13-Meter-Zweiachser, die europaweite Anhebung des zulässigen Gesamtgewichts auf 19,5 Tonnen macht den Unterschied. So gewinnt diese Größe zusätzliche Attraktivität. Mehr Nutzlast bei konstanten Kosten, damit sind diese Fahrzeuge natürlich mega-spannend für den Fernliniendienst. Und vielleicht auch für Gelegenheits- und Shuttleverkehre, möglicherweise entwickelt sich das zweiachsige 13-Meter-Format ja zum neuen Standard-Maß.

Beim Baumann Busbetrieb in München ist unser Test auf reges Interesse gestoßen. "Zum Jahresende steht bei uns eine Beschaffungsmaßnahme an", sagt Harald Baumann und ergänzt: "Da geht es genau um diese Fahrzeuge." Das Unternehmen fährt derzeit mit zehn Omnibussen Fernlinie, jetzt steht eine große Fahrzeugrochade an. Ganz besonders steht der Tourismo unter Beobachtung, auch der neue MAN, wo sich doch die bisherigen Lion's Coaches im Baumann-Fuhrpark recht gut bewähren. Vielleicht darf es auch der spanische Hochdecker sein - wir greifen hier vor - der Baumann-Werkstattchef hat ihn nach gründlicher Inspektion über den grünen Klee gelobt. Ins Raster würden sie alle passen, mit knapp oder gut 13 Meter Länge lassen sich ziemlich bequeme Sitzverhältnisse für 48 Fahrgäste darstellen. Der MAN bietet mehr, zusätzlich den obligaten Rollstuhllift fürs Fernbusgeschäft. Auch sonst macht der Münchner Anbieter Nägel mit Köpfen. Als Einziger des Testtrios darf er mit zulässigen 19,5 Tonnen Gesamtgewicht auflaufen, mit Achttonnen-Vorderachse und der nötigen Tragkraft seiner Bereifung. Er rollt auf 315/70er-Pneus, die beiden anderen halten es mit dem herkömmlichen 295/80er-Format.

Richtig extrovertiert fährt der Irizar vor, hierzulande fällt der Spanier mit der geduckten Dynamik noch aus dem gewohnten Rahmen. Das nach vorn tiefgezogene Dach fängt sich wegen der eingeschränkten Fahrgastsicht einige Kritik ein, aber bereits nach wenigen Autobahn-Kilometern macht sich eine ausgefeilte Aerodynamik bemerkbar. Kaum Windgeräusche vorn, der Mercedes und auch der MAN müssen damit leben. Der Münchner macht mächtig Eindruck mit seiner Erscheinung - und nicht nur bei uns - auch die Juroren eines bekannten Design-Awards konnten sich ihm nicht entziehen. Umso mehr enttäuscht, dass der Wind kräftig rund um die Vordertür tost und pfeift. Beim eher schlichten Tourismo sind es wie so oft die Spiegel, die für ein Grundrauschen im Bug sorgen.

In dieser Fahrzeugkategorie schaut der Kunde auf die Preise. Was bekommt er geboten? Antriebsseitig geht der Tourismo mit 456 PS und damit stärkster Maschine als Favorit ins Rennen. Etwas enttäuscht die Beschleunigung aus dem Stand, aus tiefen Drehzahlregionen erleben wir ihn eher schaumgebremst. Einmal in Schwung zeigt auch der 10,7 Liter große OM 470-Reihensechszylinder die Zähne - auf der Autobahn ist er ziemlich schnell und sparsam. So zieht der günstigere Irizar am Mercedes vorbei. Mit seinem 450 PS und 2.300 Newtonmeter starken DAF-Sechszylinder und dem brandneuen Traxon-Getriebe gibt er im Test eine exzellente Vorstellung. Dafür heimst er die Antriebswertung ein und geht überraschend in Führung. Der MAN grätscht mit seinem souveränen D26-Sechszylinder noch dazwischen, auch wenn er nominell mit 420 PS und 2.100 Newtonmeter Drehmoment eigentlich das Schlusslicht bildet. Doch der großvolumige Omnibusmotor beeindruckt mit einem sehr generösen Leistungsverlauf und beachtlichen Fahrleistungen.

Speziell für seine spartanischen Trinksitten fährt der Irizar auch in der Umweltwertung wertvolle Punkte ein, dank der sorgfältigen Kapselung des kultivierten Motors kann der überraschend leise Spanier das ganze Kapitel für sich entscheiden. Der MAN lässt hier für seinen Dieseldurst Federn, er tönt auch vorlauter nach außen. Der ebenso laute Mercedes Tourismo, bislang noch auf Schlagdistanz, spielt sich dann bei der Bewertung des Sicherheitskonzepts in den Vordergrund. Mit dem besten Paket an Assistenzsystemen inklusive Abbiegeassistent, den sonst keiner hat, wird er mit maximaler Punktzahl belohnt. Die verdient er auch mit dem serienmäßigen Front Collision Guard, der das Fahrpersonal im Falle einer Frontalkollision schützt. Seine Wettbewerber haben an dieser Stelle nichts, was man so nennen könnte, nicht mal einen vernünftigen Unterfahrschutz.

Bei den Bremsanlagen und den ESP-Systemen lässt keiner etwas anbrennen. Wir registrieren sehr gute Verzögerungen mit nur marginalen Unterschieden und wenig Fading, selbst der höchsten Beanspruchung sind alle Bremsanlagen gewachsen. Auch in der Ausweichgasse sammeln die drei Kandidaten nur gute Kritiken, ein Test wie im Alltag: Sicher Ausweichen auf der Autobahn mit hohem Tempo können alle mit Bravour, der Fahrer muss nur seine Nerven in Zaum halten. Der Tourismo lässt sich die Sicherheitswertung auch bei der Nachtfahrt nicht mehr nehmen. Im Test distanziert der Tourismo die Konkurrenz mit seinem Xenon-Fahrlicht und bestätigt, dass LED-Scheinwerfer per se nicht besser sein müssen.

Auch mit seiner Karosserie punktet der Mercedes, bei der Bedienung und bei der Qualität setzt sich der Mercedes ab. Auch beim Fahrwerk, da hätten wir auf den ersten Eindruck den MAN vorn gesehen. Er fährt sehr sicher und federt besser als die Wettbewerber. Aber er ist weniger wendig und verliert so ein paar Punkte. Auch beim Komfort, da muss auch der schicke Irizar den Tourismo ziehen lassen. Die besten Sitze, beste Noten für die Klimatisierung, das niedrigste Innengeräusch - so geht der Mercedes als Tabellenführer ins Finale. Er gewinnt auch die Wirtschaftlichkeitsprüfung gegen harte Gegenwehr der Spanier. Sie können die Werkstattmeister mit ihrem servicefreundlichen Fahrzeugkonzept überzeugen und schließen mit knapp kalkulierten Ersatzteilpreisen zum MAN auf.

Der Mercedes Tourismo enteilt am Ende seinen Wettbewerbern, gewinnt den IBC-Vergleichstest relativ souverän. Auch das magere Garantieversprechen, hier bietet Mercedes nicht mehr als MAN, kann ihn nicht mehr stoppen.

Wolfgang Tschakert / mid

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