Fahrbericht

Harley-Davidson FXDR 114: Kein Name ist Programm

  • In MOTORRAD
  • 11. September 2018, 15:03 Uhr
  • Mirko Stepan

Sie heißen Low Rider, Fat Boy oder Breakout. Maschinen von Harley-Davidson tragen neben der Typenbezeichnung einen Namen, der zumeist cool oder gar martialisch klingt - oder beides. Das neueste Motorrad aus Milwaukee heißt schlicht FXDR 114 - was mehr ist als der Verzicht auf einen Namen. Es ist der Beginn einer neuen Ära.


Sie heißen Low Rider, Fat Boy oder Breakout. Maschinen von Harley-Davidson tragen neben der Typenbezeichnung einen Namen, der zumeist cool oder gar martialisch klingt - oder beides. Das neueste Motorrad aus Milwaukee heißt schlicht FXDR 114 - was mehr ist als der Verzicht auf einen Namen. Es ist der Beginn einer neuen Ära.

Wer an die Softtail-Baureihe von Harley-Davidson denkt, hat ein ganz bestimmtes Bild vor Augen: Klassisch gestylte Bikes ohne gröbere Gestaltungskapriolen. Lediglich die neue Fat Bob stellt eine Ausnahme dar, ist moderner und auch aggressiver gezeichnet als die Schwestermodelle. Bei der neuen FXDR 114 ist der Look weiterentwickelt, noch extremer, noch extravaganter. Die Maschine giert nach Aufmerksamkeit, will begafft werden und dafür sorgen, dass sich das Lager der Harley-Fahrer spaltet. Geil oder grauenhaft, dazwischen gibt es nichts.

Auffälligstes Merkmal: die komplett neu entwickelte Leichtmetallschwinge, die das massive 240er Hinterrad festkrallt, das auf eine eigens dafür entwickelte 18 Zoll große Felge aufgezogen ist. 43 Prozent Gewicht hat man eingespart gegenüber der Schwinge, die sonst in der Softtail-Baureihe verwendet wird. Trotzdem bringt es die Maschine auf stattliche 303 Kilogramm Leergewicht.

Auf ein klassisches Schutzblech haben die Ingenieure verzichtet, stattdessen schwingt eine Kunststoff-Abdeckung mit. Das kantige Kurzheck aus Verbundwerkstoff sitzt ein gutes Stück höher auf einem Hilfsrahmen. Wer auf dem Solositz Platz nimmt und die Füße auf die weit vorn angebrachten Fußrasten stellt, nimmt automatisch eine geduckte Haltung ein. Nach vorn gebeugt, die beiden Lenkerstummeln fest in den Händen, die an der Brücke der mit 35 Grad gereckten Gabel angebracht sind, kann der Ritt beginnen. Look und Sitzposition erinnern an einen Dragster, man möchte am liebsten direkt in die Startaufstellung beim Viertelmeilen-Rennen fahren.

Schon nach den ersten Metern bei der Testfahrt in der griechischen Hafenstadt Thessaloniki wird klar, dass die FXDR 114 nichts für Menschen ist, die relaxt durch die Landschaft cruisen möchten. Am Gasgriff sollte mit Vorsicht und Bedacht gedreht werden, sonst dreht das breite Hinterrad durch. Eine Traktionskontrolle sei in Arbeit, heißt es bei Harley-Davidson. Bis es soweit ist, muss der Fahrer die Maschine ohne technische Hilfsmittel bändigen. Das funktioniert bestens auf der Schnellstraße heraus aus der Stadt. Sanfte, langgezogene Kurven sind ein gutes Terrain für die Neue, die 190 km/h schafft.

Sobald die Landschaft bergiger und der Straßenverlauf kurviger wird, muss der Fahrer darauf eingestellt sein, dass sein Arbeitstag beginnt, dass der Schweiß rinnen wird. Griechenlands glatte Straßen tun ihr Übriges für die Schweißperlenproduktion. Die FXDR 114 muss gezähmt werden wie ein wildes Tier. Wer bereit ist, den Dompteur zu geben, kann viel Spaß mit dem Bike aus Milwaukee haben. Wer sie unterschätzt, zahlt Lehrgeld.

Herzstück ist der bärenstarke Milwaukee-Eight 114 V2-Motor mit 1.868 Kubikzentimeter Hubraum. Das Aggregat leistet 67 kW/91 PS, 160 Newtonmeter Drehmoment liegen bei 3.500 Umdrehungen je Minute an. So gerüstet, lässt sich die Harley schaltfaul fahren - Drehmoment liegt immer ausreichend an. Der 2-in-1-Auspuff sorgt für einen kernigen Sound, der bestens zum Auftritt der Maschine passt.

Mindestens 24.595 Euro kostet die FXDR 114 in Deutschland, die voraussichtlich ab Oktober bei den Händlern stehen wird. Understatement ist im Preis nicht inbegriffen - weder auf der Piste noch auf dem Boulevard.

Mirko Stepan / mid

Technische Daten Harley-Davidson FXDR 114:

Power-Cruiser mit luft- und flüssigkeitsgekühltem Zweizylinder-Viertakt-V-Twin im 45 Grad-Winkel, Hubraum 1.868 cm3, max. Leistung 67 kW/ 91 PS bei 4.500 U/min, max. Drehmoment 160 Nm bei 3.500 U/min, Sechsganggetriebe, Zahnriemen.
Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen, Oberzug in Backbone-Bauweise, Leichtmetall-Hilfsrahmen für Sitz und Heck, vorn Upside-down-Telegabel mit 43 mm Tauchrohrdurchmesser, hinten Zentralfederbein mit hydraulisch von Hand einstellbarer Federbasis, Leichtmetallschwinge, vorn zwei Scheibenbremsen gelocht 300 mm mit Vierkolben-Festsattel, hinten eine Scheibenbremse gelocht 292 mm mit Zweikolben-Schwimmsattel, ABS, Reifen vorn 120/70 ZR 19 60W, hinten 240/40 R18 79V, Sitzhöhe 720 mm, Tankinhalt 18,5 Liter, Leergewicht 303 kg, zul. Gesamtgewicht 533 kg, Höchstgeschwindigkeit 190 km/h, Kraftstoffverbrauch kombiniert 5,4 l/100 km, Garantie vier Jahre ohne km-Begrenzung, Preis: ab 24.595 Euro

STARTSEITE