Technik & Wissen

Wenn Autofahrer nie mehr "Rot" sehen

Wer mit seinem Auto regelmäßig in Großstädten unterwegs ist, muss viel Geduld aufbringen. Denn nach kurzer Zeit platzt der Traum von der 'grünen Welle' wie eine Seifenblase. Und dann sehen Autofahrer nur noch 'Rot'. Doch es gibt Hoffnung. Die schlauen Köpfe von Ford möchten an diesem nervenden Zustand etwas ändern und arbeiten fieberhaft an Lösungen.


Wer mit seinem Auto regelmäßig in Großstädten unterwegs ist, muss viel Geduld aufbringen. Denn nach kurzer Zeit platzt der Traum von der "grünen Welle" wie eine Seifenblase. Und dann sehen Autofahrer nur noch "Rot". Es ist wie die berühmte Geschichte von Hase und Igel: Egal, wie schnell man auch fährt, die rote Ampel ist schon da.

Doch es gibt Hoffnung. Die schlauen Köpfe von Ford möchten an diesem nervenden Zustand etwas ändern und arbeiten fieberhaft an Lösungen. Die Vision des Herstellers: Autofahrer sollen ihr Fahrzeug erst dann anhalten, wenn sie tatsächlich am jeweiligen Ziel angekommen sind. Im Umkehrschluss bedeutet das: Nie mehr an belebten Kreuzungen an einer roten Ampel warten zu müssen. Das klingt zu schön, um wahr zu sein.

Liebe Ford-Strategen: Wie soll das in der realen Verkehrswelt gehen? Das Zauberwort der Ingenieure und Techniker heißt "vernetztes Autofahren". Das ist die Voraussetzung dafür, dass der Idealzustand von der "grünen Welle" im immer stärker kollabierenden Verkehrsalltag auch wirklich erreicht werden kann.

Dabei haben sich die Herren der vier Räder einfach an Menschen orientiert. Ford hat untersucht, wie sich Fußgänger den Weg durch den Alltag bahnen. Die Erkenntnis: Sie verlangsamen oder beschleunigen ihre Schrittgeschwindigkeit, um Kollisionen mit anderen Personen zu vermeiden, ohne vollständig stehen zu bleiben. Logische Schlussfolgerung: Dieses eigentlich relativ simple System muss sich doch auch aufs Autofahren übertragen lassen.

In der Tat: Das Stichwort lautet "Intersection Priority Management" (IPM). Damit ist die Steuerung von Prioritäten an Kreuzungen gemeint. Und das hat Ford nun in einer Stadt vorgeführt, in deren Umkreis zahlreiche Formel-1-Teams ihre hochmodernen Fabriken gebaut haben. Auf den Straßen im englischen Milton Keynes wurden Autos pausenlos am Fahren gehalten, um unnötige Haltezeiten an Kreuzungen zu vermeiden. Das soll den Verkehrsfluss verbessern sowie die Sicherheit und Effizienz erhöhen, heißt es.

"Wir wissen, dass Kreuzungen und Ampeln von vielen Autofahrern als zeitraubend und hinderlich empfunden werden", sagt Ford-Ingenieur Christian Ress. Mit den vernetzten Fahrzeug-Technologien arbeite man jetzt an einem Szenario, bei dem sich die Fahrzeuge gegenseitig besser einzuschätzen wissen und eine intelligente Zusammenarbeit mit der Straßeninfrastruktur, etwa an Kreuzungen, ermöglichen.

Laut Ford-Statistik verbringen Autofahrer jedes Jahr zwei Tage damit, an Ampeln zu warten. Und Kreuzungen können nicht nur frustrierend sein, sie sind auch der Ort, an dem bis zu 60 Prozent der Verkehrsunfälle passieren, betont der Autobauer. Die Vermeidung von Stopps an Kreuzungen könnte allerdings nicht nur Zeit, sondern auch Kraftstoff sparen, da Autofahrer weniger bremsen und beschleunigen müssen. Klingt einleuchtend.

Doch wie funktioniert das System? IPM verwendet Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikationen (V2V). Dies ermöglicht die Koordination mit anderen Fahrzeugen in der näheren Umgebung, erklären die Ford-Techniker. Dem Fahrer wird eine optimale Geschwindigkeit vorgeschlagen, die es erlaubt, sicher an Kreuzungen aneinander vorbeizukommen, ohne anzuhalten.

Für den Test wurden Versuchsfahrzeuge mit V2V-Kommunikationssystemen ausgestattet, die den exakten Standort, die Fahrtrichtung und die Geschwindigkeit der Fahrzeuge aussenden. Die integrierten IPM-Systeme sind in der Lage, eine vorausliegende Kreuzung sowie andere herannahende Fahrzeuge zu identifizieren. Aus den erfassten Daten wird eine optimale Geschwindigkeit für jedes Fahrzeug berechnet, damit dann alle Verkehrsteilnehmer die Kreuzung sicher passieren können.

Doch die Ford-Strategen denken schon weiter. Es sei möglich, dass in Zukunft auch autonome Fahrzeuge von einer solchen Technologie profitieren. So könnten Fahrzeuge eines Tages gefahrlos und effizient durch den Kreuzungsverkehr geleitet werden, ohne dass Ampeln oder Verkehrsschilder erforderlich sind.

Noch ist dies ein Traum. In der rasanten digitalen Welt scheint es aber nur eine Frage der Zeit, bis der zur Realität wird. Das sollte jedem Autofahrer zumindest ein bisschen Mut machen, wenn er im Großstadt-Dschungel von einer roten Ampel zur nächsten rollt.

Ralf Loweg / mid

STARTSEITE