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Porsche 911: Die Rundum-Evolution

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  • 12. Dezember 2018, 11:30 Uhr
  • Jürgen Strein

Cayenne, Panamera, Cayman, Macan - Porsche baut schöne und schnelle Autos. Aber nur einer ist der Porsche schlechthin, die Ikone, das Kultfahrzeug: der 911. Seit 1963 ist er auf dem Markt und nun wurde die mittlerweile achte Generation des Sportwagens vorgestellt.


Cayenne, Panamera, Cayman, Macan - Porsche baut schöne und schnelle Autos. Aber nur einer ist der Porsche schlechthin, die Ikone, das Kultfahrzeug: der 911. Seit 1963 ist er auf dem Markt und nun wurde die mittlerweile achte Generation des Sportwagens vorgestellt.

Der Neue ist ein in vielen Details optimiertes Fahrzeug, das in einigen wichtigen Komponenten neue Wege geht. In Zuffenhausen und Hockenheim konnten sich Fachjournalisten jetzt davon überzeugen, dass der neue 911 Carrera S, beziehungsweise der 4S, intern als 992 bezeichnet, wieder etwas sportlicher geworden ist als der Vorgänger. In Zuffenhausen wird der 911 auf der gleichen Produktionslinie gebaut wie demnächst der vollelektrische Taycan. Doch das Thema alternative Antriebe stand nicht auf der Agenda bei der Entwicklung der Sportwagen-Ikone. Keine Revolution also, dafür Evolution in allen Bereichen.

Der "Elfer" entwickelte sich schon immer in mehr oder weniger großen Evolutionsschritten von Generation zu Generation weiter. Geblieben sind zwei wichtige Grundsätze: Schon der erste 911 hatte Anfang der 60er Jahre einen Sechszylinder-Boxermotor - "die Geschichte des Elfers ist die Geschichte des Boxermotors," meint denn auch Thomas Brandl, der Teamleiter für die Entwicklung des Motors. Und die Fahrzeugsilhouette ist - bei allem designerischen Feinschliff - im Grunde die gleiche geblieben.

Dabei gab es mit fast jeder neuen Generation auch eine oder mehrere grundlegende Technik-Neuerungen: die verzinkte Karosserie (1973), der erste Allradantrieb (1988), die Biturbo-Aufladung (1993), der Umstieg von Luft- auf Wasserkühlung (1997), der Direkteinspritzer (2004), zuletzt die Umstellung von Saugmotoren auf Turbolader (2015). Ganz so umstürzende Neuerungen kann die achte Generationen nicht vorweisen. Breiter, schneller, stärker und doch sparsamer ist er geworden, der neue 911. Evolution zum Beispiel beim Motor: Aus dem Sechszylinder-Boxer, dem 992 evo, kitzelten die Porsche-Ingenieure noch mehr Leistung heraus. Größere, symmetrisch aufgebaute Turbolader mit elektrisch gesteuerten Wastegate-Ventilen, eine völlig neu gestaltete Ladeluftkühlung sowie erstmals der Einsatz von Piezo-Einspritzventilen führen zu einer Verbesserung der Motoren beim Ansprechverhalten, bei der Leistungsfähigkeit, dem Drehmomentverlauf, der Effizienz und der Drehfreudigkeit.

Neben der Leistungssteigerung um 30 auf 450 PS bei 6.500 U/min bietet das Triebwerk ein um 30 Newtonmeter höheres Drehmoment von 530 Nm zwischen 2.300 und 5.000 U/min. Damit kann man den Elfer in 3,5 (Carrera S) beziehungsweise 3,4 Sekunden (Carrera 4S) auf 100 Stundenkilometer jagen und erreicht 308 (Hecktriebler) beziehungsweise 306 (Allradler) Stundenkilometer Spitze (Normverbrauch 8,9 und 9,0 Liter Super Plus je 100 Kilometer). Dabei erfüllt der Motor mit Ottopartikelfiltern die neuesten Abgasnormen.

Evolution beim Getriebe: Im Carrera S und Carrera 4S bringt ein neu entwickeltes Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe die Kraft des Motors aan die Räder. Und Evolution beim Fahrwerk: Um in diesem Bereich weiterhin der Maßstab bei den Sportwagen zu bleiben, setzt Porsche auf "Mischbezollung", also auf 20-Zoll-Räder an der Vorderachse und breitere 21-Zoll-Räder an der Hinterachse. Dafür mussten die hinteren Radhäuser noch ein wenig weiter ausgestellt werden als bisher. Zudem wurde die variable Dämpferverstellung (PASM) weiterentwickelt, mit der der Elfer zwischen Komfort und Sportlichkeit, zwischen weicher und harter Dämpfung variieren kann.

Als Weltneuheit verfügt der neue 911 über den "Wet Mode", ein System zur Erkennung von Fahrbahnnässe und zur Unterstützung des Fahrers auf schlüpfrigem Untergrund. Sensoren erkennen dabei nasse Fahrbahnen und melden sie weiter. Ob der "Wet Mode" eingeschaltet wird, bleibt allerdings dem Fahrer überlassen. Tut er es, sorgen Änderungen beim Stabilitäts- und Traktionsmanagement, der Aerodynamik (der Heckspoiler geht ab 90 km/h auf maximalen Anpressdruck) und Ansprechverhalten des Motors für größtmögliche Fahrstabilität.

Dass die Karosserie eine Fahrzeugs aus Stahl und Stahlblechen besteht, das war einmal. Beim neuen Elfer ist der Anteil von Stahl von 63 auf 30 Prozent mehr als halbiert worden. Dafür kommt mehr Aluminium zum Einsatz, was die Produktion im Karosseriebau vor ganz neue Aufgaben stellt: Viele Verbindungen können nicht einfach mehr geschweißt, sondern müssen genietet, geschraubt, geklebt werden. Trotz höherer Steifigkeit ist die Karosserie leichter geworden. Insgesamt hat der 911 dennoch an Gewicht zugelegt: Der Wunsch nach technischen Verbesserungen - so sind im neuen 911 zum Beispiel bis zu 80 Steuereinheiten verbaut - macht sich in mehr Kilos bemerkbar.
Natürlich ist der Elfer mit Assistenz- und Infotainment-Systemen der neuesten Generation ausgestattet, wenn das auch für das Image des Elfers weniger eine Rolle spielt: "Der 911 ist nicht das Auto, das man wegen seiner Assistenzsysteme kauft," rückt August Achleitner, der Leiter der Baureihe, die Präferenzen der Kunden ins Licht. Beim Armaturenbrett nahm man zugunsten einer digitalen Einheit Abschied von den fünf Analog-Instrumenten. In der Mitte lassen sich die meisten Assistenzsysteme über das 11-Zoll-Display steuern - wenn auch viele Funktionen noch zusätzlich im Direktzugriff zu regeln sind, wie es wohl viele Porsche-Fahrer wünschen.

Mit rund 120.000 Euro für den S und knapp 128.000 Euro für den 4S hat auch der Preis des neuen Elfers einen (kleinen) Evolutionsschritt getan.

Jürgen Strein / mid

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