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New Mobility: Sauberer Straßengüterverkehr - Alternative Antriebe für Lkw

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  • 15. Mai 2019, 14:08 Uhr
  • Holger Holzer/SP-X

Der Güterverkehr auf der Straße wächst und wächst. Und droht so, die Klimaziele in Deutschland und der EU zu torpedieren. Neue Antriebe könnten die Situation entschärfen.

Nicht nur der Pkw muss sauberer werden, auch der Lkw. Der Gütertransport auf der Straße ist in Deutschland für gut ein Drittel des verkehrsbedingten CO2-Ausstoßes zuständig - entsprechen groß ist das Verbesserungspotenzial. Die eine allgemeingültige Lösung für das Emissionsproblem wird es aber wohl nicht geben. Eine Übersicht der wichtigsten Ansätze.

Batterie: Spätestens seit E-Auto-Pionier Tesla die Studie seines E-Trucks Semi vorgestellt hat, ist die Idee des batteriebasierten Elektroantriebs für Lkw auch in der Öffentlichkeit populär geworden. Dabei gibt es ihn in einigen Nischen schon länger, allerdings hat er mit den gleichen prinzipiellen Problemen zu kämpfen wie das E-Auto: hohen Akkukosten und geringer Reichweite. Zudem spielt das Gewicht der Akkus eine noch größere Rolle, schlägt es sich doch in geringerer Zuladung nieder. Langstrecken-Lkw dürften daher mittelfristig kaum mit Strom aus Batterien fahren. Für den städtischen Liefer- oder den Verteilerverkehr zwischen Containerterminals und Warenlager ist die Technik hingegen besser geeignet: Die Distanzen sind nicht zu groß, so dass kleinere, leichtere und günstigere Akkus zum Einsatz kommen können. Das Aufladen der Batterien ließe sich zudem relativ gut in den oft von Warte- und Beladungspausen geprägten Arbeitsablauf einbinden. Allerdings fehlt bislang die Infrastruktur: Einer Untersuchung des Industrieverbands ACEA zufolge bräuchten die E-Trucks im kommenden Jahrzehnt in Europa rund 20.000 Schnellladestationen (bis 500 kW) an Schnellstraßen sowie 6.000 zusätzliche ultraschnelle Ladesäulen (mehr als 500 kW). Aktuell gibt es weder die einen noch die anderen. Auch ein technischer Standard für Ladestecker existiert bislang nicht.

H2-Brennstoffzelle: Elektro-Lkw benötigen nicht unbedingt eine große Batterie. Mit einer Brennstoffzelle ließe sich die Stromversorgung auch ohne extremes Gewicht und Reichweitenprobleme darstellen. Die Brennstoffzelle produziert die elektrische Energie vor Ort aus dem mitgeführten Wasserstoff und Sauerstoff aus der Luft, aus dem Auspuff kommt nur destilliertes Wasser. Gemein hat die Brennstoffzelle mit der Batterie jedoch die hohen Kosten und die fehlende Infrastruktur. Bei beidem muss die Transportbranche auf Unterstützung von Seiten des Pkws hoffen. Nur wenn auch dort die Wasserstofftechnik in größerer Breite einzieht, sinken die Produktionskosten, während die Gasversorgung ausgebaut wird. In Deutschland gibt es dafür aktuell nur wenig Anzeichen, Länder wie Südkorea, Japan oder China hingegen setzen im Güterverkehr und bei Langstrecken-Pkw immer stärker auf die Alternative zur Batterie.

Oberleitung: Weder eine große Batterie noch eine Brennstoffzelle brauchen Oberleitungs-Lkw. Auf speziell ausgerüsteten Autobahnabschnitten - sogenannten E-Highways - ziehen sie sich ihren Fahrstrom wie die Bahn über einen ausfahrbaren Stromabnehmer aus dem Netz, abseits davon springt der Dieselmotor ein. Denkbar ist auch, dass eine kleine Batterie an Bord ist, die während der Oberleitungsfahrt geladen wird. Die Lkw selbst wären zumindest im Vergleich zu vollwertigen E-Modellen mit großer Batterie oder Brennstoffzelle relativ günstig - auch, weil sich die Kosten in die Infrastruktur verlagern. Knapp 50 Millionen Euro gibt allein der Bund nun für verschiedene Teststrecken aus, allein 15 Millionen davon für den gerade eröffneten, 10 Kilometer langen E-Highway-Abschnitt auf der A 5. Allerdings müsste nicht annähernd das komplette Autobahnnetz elektrifiziert werden: Laut einer Studie des Bundesverkehrsministeriums würden bei einer Ausstattung von rund 30 Prozent des deutschen Autobahnnetzes mit Oberleitungen rund 80 Prozent der in Deutschland zugelassenen schweren Lkw mit dieser Technologie elektrifiziert fahren können.

Erdgas/Bio-Erdgas: Im Pkw hat sich Erdgas in Europa bislang nicht durchgesetzt. Beim Lkw soll das anders kommen. Nutzfahrzeug-Hersteller wie Iveco und Scania bieten immer mehr entsprechende Modelle an, die Politik unterstützt den Alternativ-Kraftstoff unter anderem mit einem geplanten Flüssig-Erdgas-Terminal für US-Importe. Der fossile Brennstoff könnte, als gasförmiges CNG oder flüssiges LNG, den CO2-Ausstoß im Straßengüterverkehr um knapp 5 Millionen Tonnen pro Jahr senken, rechnet beispielsweise eine Studie des Deutschen Instituts für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Auftrag des Mineralölkonzerns Shell vor. Andere Experten sind allerdings weniger optimistisch - laut der Umweltorganisation T&E etwa hat Erdgas im Lkw höchstens ein minimales Potenzial zur CO2-Minderung. Auch bei anderen Schadstoffen sei es modernen Dieselmotoren kaum überlegen. Unstrittig positiver fällt die Bilanz bei der Verwendung von Bio-Methan aus - allerdings dürfte das aus nachwachsenden Rohstoffen oder mit Hilfe erneuerbarer Energien hergestellte Gas in absehbarer Zeit nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung stehen. Auf der positiven Seite stehen die überschaubaren Kosten von Erdgasmotoren: Die Technik ist günstig und lange bewährt, das Gas lässt sich relativ gut lagern und transportieren. Praktikabler und sinnvoller dürfte der Einsatz von Erdgas als Kraftstoff trotzdem wohl eher in der Schifffahrt sein. Denn dort könnte LNG schnell starke Verbesserungen erzielen: Gegenüber dem bislang verwendeten Schweröl verbrennt es deutlich sauberer.

Platooning: Nicht nur beim Antrieb gibt es Verbesserungspotenzial. Auch beim Transportsystem selbst lässt sich CO2 sparen, wie das sogenannte Platooning zeigt, bei dem Lkw in einem möglichst eng geschlossenen Konvoi fahren. Das Prinzip kennt man von der Tour de France und anderen Radrennen - wer im Windschatten fährt, spart Energie. Oder im Fall eines Lkw eben Sprit. Das Steuern übernimmt dabei der Computer, der die Abstände konstant geringhält und den komplett vernetzten Zug im Notfall ohne Kollisionen stoppt. Dass die Lkw-Verbünde Sprit sparen und sicher sind, hat unlängst ein Feldtest von Nutzfahrzeughersteller MAN, dem Logistikunternehmen DB Schenker und der Hochschule Fresenius ergeben. Bei dem Fahrzeug im Windschatten sank der Verbrauch um rund vier Prozent, noch mehr Reduzierungen wären mit einer weiteren Verringerung des Abstands möglich. Ob das Platooning ein Modell für die viel befahrenen deutschen Autobahnen ist, bleibt aber abzuwarten. Einscherende Pkw würden den Konvoi regelmäßig sprengen und den Effizienzvorteil verringern. Auf den langen und leeren Highways Nordamerikas oder Asiens wäre ein gleichmäßigeres Kolonnefahren sicherlich eher möglich.

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