Gebrauchtwagen

Panorama: Everytimer ETA 02 - Rebell aus der Zeitmaschine

Sein Herz schlägt zwar für alte BMW-Modelle. Doch weil Michael Käs ein praktischer Mensch ist, schwört er im Alltag auf moderne Technik. Damit er trotzdem nicht auf den Charme der guten alten Zeit verzichten muss, interpretiert er Oldtimer mit moderner Technik neu. Denn Anfang macht jetzt der legendäre BMW 02.

Seit Michael Käs sich für Autos interessiert, schlägt sein Herz für BMW. Schließlich hatte sein Vater immer ein paar Klassiker aus München in der Garage. Und zwar nicht nur die Kundenfahrzeuge, die der KFZ-Mechaniker regelmäßig restauriert und inspiziert. Auch für sich selbst hat der alte Herr am liebsten einen Oldtimer mit Niere gewählt - und diese Leidenschaft an seinen Sohn weitergegeben. Doch so sehr der Junior für das eilige Altmetall aus München schwärmt, so pragmatisch ist er veranlagt. Oldtimer sind allenfalls was für die Freizeit. Für den Alltag dagegen sind sie viel zu fragil und unpraktisch, hat Käs erkannt. Weil er das eine tun wollte, ohne das andere zu lassen, hat er eine ganz eigene Lösung für dieses Dilemma gefunden und in seiner Kfz-Werkstatt in Weiden vor den Toren von Augsburg die Firma Everytimer gegründet. Die baut buchstäblich zeitlose Autos mit neuer Technik und altem Look.

Das erste Modell der Bayern trägt das Kürzel ETA 02 und sieht ein bisschen aus wie der BMW 2002, der es Käs als Heißsporn und Rebell der Siebziger besonders angetan hat. Und weil er es gerne luftig und lustvoll mag, hat er sich gleich das Cabrio vorgenommen, das der Karosseriebauer Baur in Stuttgart gefertigt hat. Traumhaft schön, aber nur in kleiner Stückzahl gebaut und nicht gerade sonderlich solide, ist es heute eine absolute Rarität und zählt deshalb zu den begehrtesten BMW-Oldtimern. Teilweise über 50.000 Euro werden dafür mittlerweile aufgerufen. Käs verlangt zwar für seinen ETA 02 noch ein bisschen mehr und schreibt mindestens 70.000 Euro auf die Rechnung - plus 10 bis 20.000 Euro für das Basisfahrzeug. Doch gibt es dafür auch ein Auto, das der Zeit den Zahn gezogen hat, ewig jung bleibt und vom Kunden keine Kompromisse erfordert: ,,Unser Fahrzeug ist absolut alltagstauglich, lässt sich problemlos fahren, kann in jeder BMW-Werkstatt gewartet werden, hat einen modernen Motor und bietet von der Sitzheizung bis zum elektrischen Dach alles, was man an Komfortausstattung heute erwartet," beschreibt der junge Firmenchef das Konzept.

Als Basis dafür dient ihm das Einser Cabrio der Baureihe E88, die bis 2013 gebaut wurde. Fünf Jahre lang hat er getüftelt und probiert, mit Partnern aus der Industrie ein Design entwickelt, immer wieder retuschiert, bis er nicht nur mit der Front, sondern auch dem Heck über dem großen Verdeckkasten zufrieden war und endlich eine neue Karbonkarosserie im alten Look sowie ein hübsches Retro-Interieur gefunden hat. Vom Originalen 02 hat der Wagen außer der Inspiration dabei exakt zwei Teile: Die beiden vorderen Blinkergläser. ,,Davon sind laut BMW-Katalog noch 480 Satz lieferbar," hat Käs sicherheitshalber schon einmal recherchiert. Bei einer Jahresproduktion von 10 bis 30 Everytimern sollte das also nicht zum limitierenden Faktor werden. Komplett gestrippt und binnen drei Monaten völlig neu wieder aufgebaut wird so aus dem Gebrauchtwagen ein Oldtimer, der die BMW-Chronologie gehörig über den Haufen wirft. "Unser Cabrio ist weder ein Old- noch ein Youngtimer, sondern eben ein Everytimer," lächelt Käs verschmitzt.

Was er damit meint, versteht man spätestens bei der ersten Ausfahrt mit der Zeitmaschine auf Rädern. Denn so sehr der Wagen zumindest von vorne an das Original von einst erinnert, so solide und souverän, so sicher und modern fühlt er sich dabei an. Und stärker ist er natürlich obendrein. Wo früher 2,0 Liter Hubraum und maximal 100 PS genügen mussten, hat Käs seinen Erstling auf einem 135i aufgebaut - mit drei Litern Hubraum und 326 PS. Und weil der Everytimer sogar noch einen runden Zentner leichter ist als der originale Einser, fährt er entsprechend flotter: Von 0 auf 100 km/h in 5,6 Sekunden und 250 Sachen ohne schweißnasse Hände - davon kann man in einem 02er-Cabrio nur träumen.

Zwar ist der ETA02 ein teures Vergnügen, weil sowohl die offenen Neuwagen in dieser Klasse als auch die Oldtimer billiger sind. Doch die einzigartige Kombination aus altem Look und neuer Technik kommt bei den Kunden offenbar an: Drei Autos hat Käs schon gebaut. Das ist auch gut so, schließlich haben die Bayern mittlerweile einen hohen sechsstelligen Betrag in das Projekt Everytimer investiert und noch große Pläne. Denn sobald es der Kassenstand zulässt, wollen sie ein zweites Modell auflegen und sich dabei einem weiteren Traumwagen aus München annähern, der bei den Fans noch höher im Kurs steht und auf Auktionen längst Mondpreise erzielt, sagt Käs: ,,Dann machen wir aus dem neuen Z4 einen 507."

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