Neuheit

Fahrbericht: Renault Clio - Klein geblieben - groß geworden

  • In AUTO
  • 21. Juni 2019, 14:24 Uhr
  • Elfriede Munsch/SP-X

Der Renault Clio ist der Bestseller im Renault-Programm und das seit fast 30 Jahren. Die Neuauflage will ihre Spitzenposition behaupten. Dafür haben sich die Entwickler ganz schön ins Zeug gelegt. Allerdings gibt es auch Verluste zu melden.

Die fünfte Generation des Renault Clio startet Ende September. Anders als die Vorgänger-Modelle gibt es den Kleinwagen ausschließlich als Fünftürer, die Kombiversion wird nicht mehr angeboten. Für den Antrieb stehen vier Benziner zur Wahl, das Leistungsspektrum liegt zwischen 65 und 130 PS. Diesel können nicht mehr geordert werden. Tarife nennt Renault noch nicht, der Einstiegspreis für den 46 kW/60 PS starken Sauger dürfte aber bei knapp unter 13.000 Euro starten, also rund 500 Euro mehr als zuvor.
Die Neuauflage sieht gut aus, ist richtig erwachsen geworden. Optisch stand eindeutig der kompakte Bruder Pate. Der Clio geht als geschrumpfter Mégane durch, besitzt einen expressiven Kühlergrill mit großem Rhombus und die typischen C-förmigen Leuchten, die jetzt serienmäßig als LED ausgeführt sind.

Die Renault-Designer haben der Versuch widerstanden, das Längenwachstum, das den Clio in den vergangenen vier Generationen von 3,70 auf 4,06 Meter stetig wachsen ließ, fortzusetzen. Der neue Clio fällt sogar etwas kürzer aus, wenn die Differenz auch nur 1,2 Zentimeter beträgt. Da er aber auf einer ganz neuen Plattform steht, die nebenbei auch 50 Kilogramm Gewicht im Vergleich zum Vorgängermodell spart, haben die Ingenieure das Raumgefühl sogar verbessert. Vorne sitzt es sich bequem, auch längere Personen finden ausreichendPlatz. Hinten geht es ebenfalls kommod zu, sofern die Passagiere die 1,80-Meter-Marke nicht überschreiten. Das Kofferraumvolumen ist von zuvor 300 auf nun 340 Litern gestiegen. Klappt man die Rücksitzlehnen um, entsteht ein ebener Ladeboden - sofern der Zwischenboden auf der obersten Position eingelegt wurde. Das Gesamtvolumen beträgt dann maximal knapp 1.100 Liter.

Verbessert wurde auch die Materialqualität im Interieur: mehr softer Kunststoff, mehr Chrom, dazu gibt es mehr Ablagen. Wer mag, kann den Innenraum mit farblichen Applikationen aufpeppen. Es zeigt sich auch beim Clio, dass Kleinwagen längst keine rollenden Verzichtserklärungen mehr sind. Das wird offensichtlich, wenn man sich das Multimedia- und Konnektivitätsangebot betrachtet. Je nach Ausstattung beziehungsweise Zusatzzahlung kommt im Franzosen ein bis zu 9,3 Zoll großes Display zum Einsatz, das mittig im Armaturenbrett positioniert ist und als Bedienzentrale für das neue Multimediasystem ,,Easy Link" dient: Willkommen in der digitalen Welt der höheren Fahrzeugklassen. Navi, Radio, Apps oder Smartphoneintegration lassen sich so mit wenigen Schritten ansteuern. Bis zu fünf Fahrerprofile können hinterlegt und individualisiert werden. Zudem lassen sich über ein Fahrmodus-Programm drei verschiedene Modi anwählen: Eco und Sport sind festgelegt, ein drittes kann individuell gestaltet werden.

Ohne Fahrerassistenzsysteme geht auch bei einem Kleinwagen heute nichts mehr. Ab Werk hat der Clio neben einem Notbremsassistenten mit Fußgängererkennung einen Helfer für Verkehrszeichenerkennung samt Geschwindigkeitswarnung an Bord. Optional beziehungsweise ausstattungsabhängig stehen noch ein radarbasierter Tot-Winkel-Warner, Spurhalte- und Fernlichtassistent, adaptiver Geschwindigkeitsregler sowie ein Stauassistent für das autonome Fahren im Stopp- und Go-Verkehr. Eine 360-Grad-Kamera erleichtert auf Wunsch das Parken und Rangieren.

Für den Vortrieb stehen zum Marktstart vier Motoren zur Wahl. Die zwei 1,0-Liter-Sauger-Dreiyzlinder mit 48 kW/65 PS und 54 kW/73 PS werden wohl die wenigsten Käufer begeistern. Toptriebwerk ist zurzeit ein 1,3-Liter-Vierzylinder-Turbo mit 96 kW/130 PS, der an ein Siebengang-DSG gekoppelt ist. Eine leistungsstarke R.S.-Version folgt voraussichtlich 2020. Volumenmotor wird aber der 74 kW/100 PS starke Dreizylinder-Turbo. Bei ersten Fahrten ins Hinterland von Lissabon gab sich das Aggregat recht spritzig. 160 Nm sorgen hier für ordentliche Durchzugskraft, fordern aber bei Beschleunigunsabsichten oder im hügeligen Geläuf Schaltarbeit. Leider ist hier wie auch bei den kleinen Saugern nur ein Fünfgang-Handschalter an Bord. Immerhin: Die Schaltwege sind kurz und präzise. Letzteres kann man von der Lenkung nicht immer behaupten, sie könnte ein wenig mehr Rückmeldung geben. Einen guten Job haben die Fahrwerksingenieure gemacht. Der Clio schluckt die meisten Bodenunebenheiten souverän, selbst über Pflastersteinbelag geht es, ohne dass die Zahnplomben wackeln. Dafür rauschte es in den Ohren: Die schlechten Straßenbeläge führten zur im Innenraum gut wahrnehmbaren Abrollgeräuschen. Im Schnitt soll sich das Triebwerk übrigens mit 4,4 Litern begnügen.

Anders als bei den neuen Modellen Opel Corsa und Peugeot 208 wird es vom Clio keine rein batterieelektrische Variante geben. Diese Vortriebsart bleibt im Renault-Kleinwagensegment dem Zoe vorbehalten, der im Herbst ein Update erhält. Für den Clio schieben die Franzosen Anfang 2020 aber einen Hybridantrieb nach. Dieser besteht aus einer 1,2 kWh starken Batterie, zwei Elektromotoren (36 kW/49 PS und 15 kW/20 PS) sowie einem 1,6-Liter Benziner mit 66 kW/90 PS und kommt auf eine Systemleistung von rund 130 PS.

Wenn der Clio im Herbst auf den Markt kommt, werden die wenigsten Modelle zum Basistarif (ohne Klima und Radio) vom Hof der Händler rollen. Wie auch bei den Wettbewerbern geht der Trend zu gut ausgestatteten Fahrzeugen mit Klimaautomatik, Leder, 17-Zoll-Alus und mehr: Auch in dieser Hinsicht ist der kleine Franzose ziemlich groß geworden.



Renault Clio - Technische Daten:

Fünftüriger, fünfsitziger Kleinwagen, Länge: 4,05 Meter, Breite: 1,80 Meter (mit Außenspiegeln 1,99 Meter), Höhe: 1,44 Meter. Radstand: 2,58 Meter, Kofferraumvolumen: 340 - 1.096 Liter

1,0-Liter-Dreizylinder-Sauger-Benziner, 48 kW/65 PS, Fünfgang-Handschalter, maximales Drehmoment: 95 Nm bei 3.600 U/min, Vmax: k.A., 0-100 km/h: k.A., Durchschnittsverbrauch: k.A., CO2-Ausstoß: k.A., Abgasnorm: Euro 6d-temp, Effizienzklasse: k.A., Preis ab: rund 13.000 Euro

1,0-Liter-Dreizylinder-Sauger-Benziner, 54 kW/73 PS, Fünfgang-Handschalter, maximales Drehmoment: 95 Nm bei 3.600 U/min, Vmax: k.A., 0-100 km/h: k.A., Durchschnittsverbrauch: k.A., CO2-Ausstoß: k.A., Abgasnorm: Euro 6d-temp, Effizienzklasse: k.A., Preis ab: k.A.

1,0-Liter-Dreizylinder-Turbo-Benziner, 74 kW/100 PS, Fünfgang-Handschalter, maximales Drehmoment: 160 Nm bei 2.750 U/min, Vmax: 187 km/h, 0-100 km/h: 11,8 s, Durchschnittsverbrauch: 4,4 l/100 km, CO2-Ausstoß: 100 g/km, Abgasnorm: Euro 6d-temp, Effizienzklasse: A, Preis ab: k.A.

1,3-Liter-Vierzylinder-Turbo-Benziner, 96 kW/130 PS, Siebengang-DSG, maximales Drehmoment: 240 Nm bei 1.600 U/min, Vmax: 200 km/h, 0-100 km/h: 9,0 s, Durchschnittsverbrauch: 5,2 l/100 km, CO2-Ausstoß: 119 g/km, Abgasnorm: Euro 6d-temp, Effizienzklasse: B, Preis ab: k.A.



Renault Clio - Kurzcharakteristik:

Warum: ein schicker, komfortalber Kleinwagen mit vielen Assistenten
Warum nicht: auch andere Hersteller haben schöne Kinder, pardon, Kleinwagen
Was sonst: VW Polo, Ford Fiesta und die ebenfalls im Herbst kommenden PSA-Kleinwagen Opel Corsa und Peugeot 208
Wann kommt er: Ende September
Was kommt noch: 2020 eine Hybridversion und eine R.S.-Variante mit rund 220 PS

STARTSEITE