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Eurobike 2019: E-Bikes und Digitalisierung bestimmen die Messe

Einmal im Jahr mutiert Friedrichshafen am Bodensee, im Rest des Jahres vor allem als Heimat des Zeppelins und des Automobilzulieferers ZF bekannt, zum Zentrum der Fahrradindustrie und erlebt einen Verkehrsinfarkt, wenn die Zweirad-Freunde in Richtung Messegelände aufbrechen. Ihr Ziel ist die ,,Eurobike", die einst als Fachmesse für sportliche Zweiräder gestartet ist und heute die ganze Breite der Fahrradindustrie abbildet. Während die Internationale Automobil Ausstellung in Frankfurt mit einem dramatischen Ausstellerschwund zu kämpfen hat, begrüßt die Eurobike (4.-7.9.2019) in diesem Jahr rund 150 neue Hersteller, die ihre Produkte am Bodensee präsentieren. Insgesamt kommen 1400 Aussteller in die Messehallen.

Auch in diesem Jahr steht die Messe ganz im Zeichen der E-Bikes und der wachsenden Digitalisierung der Zweiräder. ,,Die derzeitigen Veränderungen im Fahrradmarkt spiegeln sich auf der Eurobike wider. E-Mobilität, Digitalisierung, Systemintegration sind die dominierenden Themen im globalen Bike-Business", erklärt Stefan Riesinger von der Messe Friedrichshafen.

Einen Ausblick auf die Modelle der kommenden Saison, die in den folgenden Monaten zu den Händlern kommen, zeigte jetzt der Pressedienst Fahrrad in Köln. In Begleitung des Komikers und Moderator Wigald Boning (,,ich war zufällig in der Nähe") präsentierte PDF-Chef Gunnar Fehlau die Neuheiten, die vor allem bei den E-Bikes ,,für jeden etwas bieten".
Allerdings sollte ,,jeder" mit entsprechenden Finanzen ausgestattet sein, denn E-Bikes bewegen sich durchaus in Preisklassen, für die man einen neuwertigen gebrauchten Kleinwagen in die Garage stellen kann.

Boning war vor allem vom neuen Roller aus dem Hause Puky angetan und testete das Modell ausgiebig am Rheinufer. Mit dem neuen Modell wagt sich das Familienunternehmen, das sich bisher ausschließlich auf Kinderroller und -fahrräder konzentrierte, zum ersten Mal in den Erwachsenen-Bereich. Der faltbare Roller kostet, wenn er demnächst im Handel auftaucht, 229,99 Euro. Die E-Bikes der neuen Saison bewegen sich in ganz anderen Preiskategorien.

Zwar waren Pedelecs schon immer eine kostspielige Angelegenheit, doch inzwischen sind die Räder mit hochwertigen Komponenten ausgestattet, die den Preis in die Höhe treiben, dafür aber entsprechenden Fahrkomfort bieten. Zum Beispiel beim Luxus-Bike Superdelite GT Rohloff HS der Darmstädter Manufaktur Riese und Müller. Das S-Pedelec (maximale Geschwindigkeit 45 km/h) wird von einem Bosch-Mittelmotor angetrieben und überträgt seine Leistung über eine elektronisch geschaltete 14-Gang-Nabe von Rohloff. Für diese Hightech-Maschine berechnen die Darmstädter satte 8698 Euro, und gegen Aufpreis ist eine ABS-Bremse von Bosch lieferbar.

Für den Stadtverkehr gedacht ist das Electric M-E1 des amerikanischen Herstellers Montague, dessen Rahmen in der Mitte zusammengeklappt werden kann. Das von einem Shimano-Mittelmotor angetriebene Rad kostet 2999 Euro und ist damit deutlich preiswerter als das Upstreet 2 vom Schweizer E-Bike-Pionier Flyer, dass sich zu einem kompakten Paket zusammenfalten lässt. Das mit einem Bosch-Antrieb und integrierten Akku ausgerüstete Rad schlägt mit mindestens 3799 Euro zu Buche. Auch wenn das Packmaß kompakt ausfällt, liegt das Gewicht bei rund 20 Kilogramm.

Crossover-Modelle setzen sich nicht nur bei den Automobilherstellern durch, auch bei den E-Bikes verbinden sich die verschiedenen Segmente zu neuen Modellen. Das Goroc 2, ebenfalls von Flyer, besitzt Schutzbleche, einen Gepäckträger und Beleuchtung, der Rahmen jedoch baut auf der Geometrie der Geländeräder auf. ,,Das ist eigentlich ein SUV auf zwei Rädern", beschreibt Fehlau das Modell, das mit Panasonic-Mittelmotor und teilintegriertem 630 Wattstunden starken Akku demnächst für 3799 Euro bei den Händlern steht. Auch das Reiserad E-Finder FD2E (wer lässt sich diese Typenbezeichnungen einfallen?) von Velotraum nimmt Anleihen bei den Mountainbikes. Schließlich soll sich das Rad auch im Gelände fahren lassen und besitzt deshalb einen neu entwickelten Rahmen sowie eine verbesserte Gabel und Scheibenbremsen, was sich am Ende zu einer Rechnung von mindestens 4800 Euro addiert.

Nach Bosch drängt nun auch der Automobilzulieferer Brose verstärkt in den E-Bike-Markt. Das Unternehmen bietet für die kommende Saison zwei zusätzliche Antriebe, Brose Drive C Mag und Brose Drive T Mag. Dank der Fertigung im Magnesium-Druckgussverfahren sind die Motorgehäuse um 500 Gramm leichter und kompakter geworden und lassen sich so besser in die Rahmenkonstruktionen einpassen. Wie Bosch weitet Brose jetzt auch für die nächste Saison das Angebot aus und bringt drei Displays sowie einen 630 Wattstunden starken Akku. Im Innern der Antriebseinheit setzt Brose auf Zahnriemen, und außerdem lässt sich der Antrieb komplett entkoppeln, so dass sich das Rad ohne Elektrounterstützung leichter treten lässt.

Auf den Trend zum Pedelec reagiert auch der Reifenhersteller Schwalbe und bringt mit dem Marathon E-Plus einen speziell für die Räder mit elektrischem Rückenwind entwickelten pannensicheren Reifen zu den Händlern. ,,Das höhere Gewicht der Räder und das stärkere Drehmoment beim Anfahren bedeuten eine höhere Belastung für die Reifen", erklärt Fehlau. Deshalb sind bei dem neuen Reifen (44,90 Euro) die Seitenwände verstärkt, und außerdem kommt eine spezielle Gummimischung zum Einsatz. (ampnet/ww)

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