Oldtimer

Volkswagen Beetle Sunshinetour 2019 - Im Zeichen des Käfers

  • In OLDTIMER
  • 20. August 2019, 09:31 Uhr
  • Patrick Broich/SP-X

Bereits seit 2004 findet in Lübeck-Travemünde die Beetle Sunshinetour statt - ein Event für Beetle-Enthusiasten, bei dem Fans neuer und alter Käfer auf ihre Kosten kommen.

Eigentlich ist der bekannte Kurort Travemünde, ein wegen des Hafens und des Seebades berühmter Stadtteil Lübecks, ein eher beschaulicher und nicht gerade automobiler Ort, in dem Motorenthusiasten allenfalls hin und wieder mal besondere Fahrzeuge entdecken können. Nur Mitte August dürfen Auto-Nerds ein ganz besonderes Treiben erleben. Dann nämlich lädt Initiatorin Gabriele Kraft Besitzer vor allem von New Beetle und Beetle 21st Century wieder auf die Festwiese am Brügmanngarten ein. Und es dürfte nur wenigen neuzeitlichen Automodellen gelingen, eine solche Fangemeinde aufzubauen, deren Mitglieder bereit wären, hunderte oder gar über tausend Kilometer zu einem Treffen zurückzulegen. Doch Beetle-Fahrer sind von dem nicht gerade zentral gelegenen, aber dafür schmucken Örtchen Travemünde nicht abzuschrecken - und reisen sogar aus der Schweiz, dem vereinigten Königreich oder der tschechischen Republik an.

Wir sind für das Treffen auch in die Rolle eines Käfer-Fahrers geschlüpft, allerdings mit einem ganz besonderen Exemplar des Wolfsburger Evergreens. Den bei Volkswagen unter Mille Miglia-Käfer bekannten Früh-Renner hat der Konzern getreu der Lesart jenes Tuning-Objektes hergerichtet, mit dem seinerzeit der Rennfahrer Paul-Ernst Strähle bei der historischen Mille Miglia immerhin einen Klassensieg herausgefahren hat.

Man nehme einen Volkswagen Standard (oder Export) - wie es damals hieß, der Spitzname ,,Käfer" etablierte sich hierzulande erst später -, baue den 1,5 Liter großen Vierzylinder-Boxer aus dem Porsche 356 ein, und los gehts. Die Basis des von Volkswagen neu aufgebauten Exemplars stammt aus dem Jahr 1956 und erfreut sich dank lediglich 760 kg Leergewicht ansehnlicher Fahrleistungen. Mit seinen 55kW/75 PS schiebt der 1.500er-Boxer das Fliegengewicht bullig an. Das mit zwei Vergasern versehene Aggregat hält genug Karft bereit, um den Früh-Käfer locker mit den Jahrzehnte neueren Ausgaben mithalten zu lassen. Die Mundwinkel zeigen stets nach oben, wenn der süffig hochdrehende Vierzylinder den Käfer charakteristisch knatternd auf Tempo hält. Ehrlich gesagt lässt sich das Vehikel aus den Fünfzigern fast ein bisschen zu einfach steuern. Der zweite Gang des synchronisierten Getriebes kracht ein wenig - kein Problem, das gute, alte Zwischengas schafft Abhilfe.

Es geht über die Autobahn rund zwanzig Kilometer nach Lübeck - dort versammeln sich die schönsten Beetle, um im Rahmen eines Korsos eine Visite durchs Einkaufszentrum zu machen - richtig gelesen, wir fahren durch die weit geöffnete Schiebetür ein paar Meter in das Einkaufszentrum hinein, wenden, um dann zurück nach Travemünde auf die Festwiese zu gondeln.

Dort angekommen, muss man sich ein bisschen sammeln, um die ganzen Schön- oder auch Schrägheiten auf sich wirken zu lassen. Dort kann das Auge so ziemlich alles betrachten vom Kuhflecken-Beetle über fast auf dem Boden schleifende Tuning-Objekte bis hin zum umgebauten Beetle-Pickup.

Um den Eindruck abzurunden, muss noch eine letzte Probefahrt mit einer späten Cabrio-Ausführung des 21st Century Beetle sein. Hier treffen 162 KW/220 PS auf 1,4 Tonnen, was ordentlich Punch verspricht - sozusagen der GTI unter den Beetle. Schließlich stammt der Motor aus dem sportlichen Golf. Ein zügig schaltender Sechsgang-Automat (Doppelkupplung) sorgt dafür, dass die Kraft auch passgerecht zu den Vorderrädern gelangt - manchmal mit einer solchen Wucht, dass die Grenze der Haftreibung an der Vorderachse durchbrochen wird. Dann mental ruhig einen Gang herunterschalten und das vollautomatische Verdeck per Knopfdruck öffnen. Binnen weniger Sekunden verwandelt sich der Innenraum in einen erfrischenden Windkanal - Cabrio-Gefühl kann der offene Beetle also, der zuletzt offenbar beliebter war als die geschlossene Version und noch länger im Angebot ausharrte.

An der Entwicklung selbst noch der letzten Beetle-Generation kann man übrigens schön sehen, wie sich die Zeiten in technischer Hinsicht ändern: Während man in den frühen Versionen der 2011 debütierten Modellreihe noch vergeblich nach USB-Anschlüssen sucht, sind diese später selbstredend an Bord. Und während die Beetle-Ära für Volkswagen vorerst beendet ist, darf man sicher sein, dass Gabriele Kraft gedanklich schon beim 2020er-Treffen weilt. Die Fangemeinde wird so schnell schließlich nicht aussterben.

STARTSEITE