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Sonst noch was? - Es geht auch mal ohne Auto

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  • 22. September 2019, 10:16 Uhr
  • Günter Weigel/SP-X

Wenn sich Automanager Gedanken machen, kommt schon mal eine abgespeckte IAA heraus. Aber auch Ideen, die zumindest diskutabel sind. Wenn nicht sogar fragwürdig.

An diesem Sonntag geht die IAA zu Ende. Das einstige Hochamt der Autowelt war im Gespräch wie selten. Weniger Aussteller, weniger Besucher dafür reichlich Proteste und ein neues Konzept, das explizit Diskussionen über die Mobilität von morgen förderte und forderte. Angesichts des gesellschaftlichen Umfeldes kann man sich der Einschätzung des VDA, die IAA sei durchaus erfolgreich gewesen, vielleicht anschließen. Jedenfalls hätte Bernhard Mattes deswegen nicht seinen vorzeitigen Rücktritt ankündigen müssen. Das Auto stirbt noch nicht den ,,Mehrtürertod", wie es in der ,,heute-Show" formuliert wurde. Es ist sogar noch recht munter, auch wenn seine Produzenten mitunter nicht so recht wissen, wo die Reise denn nun eigentlich wirklich hingehen soll. Und deswegen auch schon mal ganz neue Wege gehen.

Toyota beispielsweise hat erkannt, dass man die Nobelmarke Lexus weiterentwickeln muss, um den Kunden mehr Komfort zu bieten. Nun waren deren Autos bislang schon nicht ganz unkomfortabel, und es macht sicher mehr Spaß im Fond einer Lexus-Limousine im Stau zu stehen als, um beim Konzern zu bleiben, sagen wir mal am Steuer eines Aygo. Aber beide kommen in nämlicher Situation eben ähnlich weit. Zur Stauvermeidung kann man beispielsweise in die Luft ausweichen, was in Städten aber auch schnell eng werden kann. Oder man geht aufs Wasser.

Weil das im Wortsinn wohl nur einem gewissen Jesus aus Nazareth möglich gewesen sein soll und zudem auch eher unbequem sein kann - Stichwort nasse Füße - entwickelten die Techniker von Lexus eine Yacht. Klein genug, dass man kein Kapitänspatent benötigt, um sie zu bewegen, aber groß genug, um ein wenig zu prahlen und seine sieben besten Freunde nebst Gespielinnen mitzunehmen. Den Antrieb übernehmen zwei herkömmliche Schiffmotoren mit zusammen 2.700 PS - ganz ohne Hybrid oder E-Antrieb übrigens. Das ganze zum Schnäppchenpreis von rund 4 Millionen Dollar. Gut, gegenüber einer richtigen Luxusyacht ist die Lexus LY 650 eher ein Beiboot, aber es ist auch nicht jeder Oligarch, Softwarepionier oder Ölscheich.

Letzteres ist ohnehin kein krisensicherer Job mehr. Nicht nur, dass politisch im Mittleren Osten so einiges im Argen liegt, auch die wirtschaftliche Grundlage des früher mal sagenhaften Reichtums scheint inzwischen eher instabil. Einerseits fördern die USA und Russland bereits mehr Öl, andererseits versucht die Welt wegzukommen vom schwarzen Gold und fährt, wie wir ja auch auf der IAA gelernt haben, in Zukunft doch lieber mit Strom. Der aktuelle Anschlag auf die Ölproduktion durch Iran, Jemen oder sonst wen trägt sicher auch nicht zur Erheiterung der saudischen Gemüter bei.

Vielleicht erfreut es die Herrschaften, dass mit Mercedes ein weiterer Hersteller, und sogar einer, wo man beteiligt ist, die Zeichen der Zeit erkannt hat und auf Mikromobilität setzt. Mikromobilität, das ist nicht die Carrera-Bahn im Kinderzimmer, geht aber in diese Richtung.

Der gute alte Tretroller reüssiert bekanntlich gerade als Spaßmobil für hippe Großstadtbewohner, selbstverständlich mit E-Antrieb. Just so ein Gefährt gibt es demnächst auch mit Stern vorne drauf. Genau darauf haben wahrscheinlich die Banker unter den Hippstern gewartet. Wenn der Roller mit Sternchen ein Erfolg wird, kommt bestimmt in absehbarer Zeit die tiefergelegte AMG-Variante für den ökologisch korrekten Clubbetreiber mit und ohne Migrationshintergrund. Für die etwas gewichtigeren Persönlichkeiten, die bislang gerne in schwarzen SUVs ihre Etablissements abfuhren, könnte man sich gut auch verstärkte Roller mit Doppelbereifung und Motoren von Brabus vorstellen. Auf der IAA gab es übrigens erstaunlich wenig E-Roller zu sehen und auch keine Yachten. So gesehen ist die Welt ja doch noch in Ordnung. Sonst noch was? Nächste Woche wieder.

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