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New Mobility: E-Highway - Lkw auf der Stromschiene

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  • 9. Oktober 2019, 13:31 Uhr
  • Holger Holzer/SP-X

Die ersten Oberleitungs-Lkw sind bereits auf deutschen Straßen unterwegs. Ob sie ein Modell für die Zukunft sein können, ist jedoch noch fraglich.

Sauber wie die Schiene, flexibel wie die Straße: Oberleitungs-Lkw sollen den Güterverkehr in Deutschland künftig umweltschonend machen - so richtig in Fahrt kommt ein Pilotprojekt auf dem sogenannten E-Highway in Hessen bislang aber nicht. Und auch unabhängig von den Anlaufschwierigkeiten ist offen, ob sich die Technik wirklich durchsetzt.

Die Idee der Oberleitungs-Lkw ist nicht neu, aber bestechend einfach. Die Elektro-Trucks brauchen weder eine große und teure Batterie noch eine Brennstoffzelle, sondern ziehen ihren Fahrstrom wie die Bahn über einen ausfahrbaren Stromabnehmer aus dem Netz. Abseits davon springt der Dieselmotor ein, denkbar ist auch der Einbau einer kleinen Batterie, die während der Oberleitungsfahrt geladen wird und danach Strom für die Fahrt auf nicht-elektrifizierten Strecken liefert. Die Lkw selbst wären relativ günstig - auch, weil sich die Kosten in die Infrastruktur verlagern.

Seit Frühjahr 2019 ist der erste Oberleitungs-Lkw auf der A 5 in Südhessen unterwegs, seit einigen Wochen endlich auch ein zweites Fahrzeug. Bis 2022 sollen es fünf sein. Mittelfristig sollen zwei weitere Teststrecken entstehen, eine in Schleswig-Holstein, die andere in Baden-Württemberg. Sind alle Abschnitte elektrifiziert, sollen bis zu 15 Test-Trucks fahren können und Daten sammeln. Besonders schnell und konsequent wirkt das Zukunftsprojekt derzeit in der Umsetzung nicht. Mit richtigen Ergebnissen ist wohl erst in mehreren Jahren zu rechnen. Bislang gibt es nur erste Erfahrungen - doch auch die sind eher ernüchternd. Gerade einmal rund zehn Prozent weniger Diesel haben die von Scania bereit gestellten Hybrid-Lkw dank der Oberleitungs-Etappen gebraucht. Dem gegenüber stehen massive Infrastrukturkosten: Knapp 50 Millionen Euro gibt der Bund für die verschiedene Teststrecken aus, allein 15 Millionen davon für den fünf Kilometer langen E-Highway-Abschnitt auf der A 5.

Der Betrag lässt sich nicht einfach auf die gesamte Bundesrepublik hochrechnen - klar ist aber, dass er hoch wird. Auch wenn nicht annähernd alle Autobahnen elektrifiziert werden müssen: Laut einer Studie des Bundesverkehrsministeriums würden bei einer Ausstattung von rund 30 Prozent des deutschen Autobahnnetzes mit Oberleitungen rund 80 Prozent der in Deutschland zugelassenen schweren Lkw mit dieser Technologie elektrifiziert fahren können. Prinzipiell ließen sich sogar bis zu rund 90 Prozent des deutschen Autobahnnetzes, wie aus einer Studie des Öko-Instituts zur Wirtschaftlichkeit von O-Lkw hervorgeht. Lediglich bei zehn Prozent gäbe es aufgrund von Geographie oder Sicherheitsbedenken größere technische Probleme. Der Ausbau könnte allerdings durchaus in Stufen erfolgen, so dass sich die Kosten auf mehrere Jahre oder Jahrzehnte verteilen.

Eine Chance haben Oberleitungen für den Straßengüterverkehr jedoch nur, wenn der Betrieb entsprechender Lkw lohnt. Auch das hat das Öko-Institut untersucht und kommt zum Ergebnis, dass O-Lkw bei fünfjähriger Nutzung bereits ab 2025 Kostenvorteile gegenüber Diesel-Lkw erzielen könnten. Die höheren Anschaffungskosten würden durch geringere Energie- und Wartungskosten mehr als kompensiert. Auch die Umweltbilanz fällt ab Mitte des kommenden Jahrzehnts positiv aus, ist selbst beim deutschen Strommix der eines Diesel-Lkw überlegen. Allerdings sehen die Experten auch für reine Elektro-Lkw ähnliche wirtschaftliche und ökologische Chancen. Zumindest, wenn sie mit einer Batterie betrieben werden. Brennstoffzelle-Lkw hingegen schneiden aufgrund der hohen Bereitstellungskosten von Wasserstoff und des hohen Energieaufwands bei dessen Synthese schlechter ab.

Ob nun dem O-Lkw, dem Batterie-Lkw oder einem anderen Konzept die Zukunft gehört, hängt von vielen Faktoren ab. So hält das Öko-Institut den Ausbau einer Oberleitungs-Infrastruktur für finanziell stemmbar. Allerdings müsste zunächst die Allgemeinheit die Kosten tragen, um den Einstieg in die Technik für die Anwender nicht zu teuer zu machen. Gezahlt werden könnten sie aus den jährlichen Mauteinnahmen. Andere Infrastrukturmaßnahmen wären trotzdem zunächst günstiger zu haben, etwa ein Netz von Lkw-Schnellladern, Wasserstofftankstellen oder Erdgas-Tankstellen. Am wahrscheinlichsten scheint eine Kombination mehrerer technischer Ansätze: Die O-Lkw könnten beispielsweise im Werksverkehr oder im regelmäßigen Linienverkehr zwischen Hafen und Warenterminal eingesetzt werden, während flexiblere Langstreckentransporter auf anderem Weg erfolgen würden.

Klar ist allerdings, dass der CO2-Ausstoß im Güterverkehr massiv sinken muss: Der Klimaschutzplan der Bundesregierung sieht bis 2030 eine Reduktion um 40 Prozent im Vergleich mit 1990 vor. In den vergangenen Jahren sind die Emissionen allerdings gestiegen. Nicht zuletzt wegen des wachsenden Güterverkehrsaufkommens - und das wird wohl auch künftig weiter zunehmen.

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