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Sonst noch was? - Merkels Millionen

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  • 10. November 2019, 11:46 Uhr
  • Peter Eck/SP-X

Die E-Mobilität nimmt Fahrt auf. Muss sie ja auch, schließlich haben das unsere Politiker versprochen. Und überhaupt wird jetzt alles besser. Oder doch nicht?

In Zeiten von Finanzkrisen, Banken- und Staatenrettungen hatten wir uns eigentlich schon daran gewöhnt, dass die kleinste auch nur denkbare Geldeinheit im politischen Betrieb die ,,Milliarde" ist. Also in Euro natürlich. Selbst auf den Privatbereich hat diese Art der Inflation in eigentlich nicht inflationären Zeiten ihre Wirkungen. Sei es beim eigentlich sympathischen Stamm-Clochard vor unserer Hausbank, der seine Bitten nach pekuniärer Unterstützung in relativ schnellen zeitlichen Abständen von ,,haste mal ´n paar Cent" über ,,haste mal ´nen Euro" bis zu aktuell ,,haste mal ´n PAAR Euro" gesteigert hat, seien es diverse Kinder und Enkelkinder im privaten Umfeld, die über die Gabe von ein ,,paar Euro" ihre Enttäuschung nur sehr schwer verbergen können. An dieser Stelle also einmal ganz herzlichen Dank an die Politik.

Aber: Dieselbe kann ja auch ganz anders und sehr viel bescheidener. Wenn es sein muss, geben sich unseren Politiker auch mit einer Million zufrieden. Und mehr noch: Aus der Million wird dann sehr häufig noch nicht mal eine. So erinnern wir uns gerne an die Worte unserer damals noch innen- und parteipolitisch in voller Macht stehenden Bundeskanzlerin, die uns 2008 für 2020 eine Million Elektroautos auf den Straßen versprach. In Deutschland wohlgemerkt, nicht auf dem Kontinent, was bei einer großen Europäerin wie Angela Merkel ja durchaus auch eine mögliche Ankündigung hätte gewesen sein können. Nun sind in Deutschland derzeit rund 220.000 E-Autos auf den Straßen unterwegs, und obwohl wir damals in Mathe nicht immer aufgepasst haben, scheint diese Zahl ja doch noch knapp unter einer Million zu liegen.

Okay, schwamm drüber. Vergeben und vergessen. Nur fehlt uns jetzt schon ein wenig das Vertrauen in die neuen ,,Ziele", die für 2030 definiert wurden. Zehn Jahre Zeit, das ist immer gut, dazwischen liegen ja noch drei Bundestagswahlen. Im Zweifel sitzen die heutigen Politiker dann schon längst als gereifte Talkshowgäste im Öffentlich-Rechtlichen und die, die dann die Ankündigungssuppe auslöffeln müssen, können ja das beliebte Schwarze-Peter-Spiel (die waren es, nicht wir) auspacken.

Zurück in die Gegenwart: Wir lesen also von einer Million Ladepunkten und dazu passend zwischen 7 und 10,5 Millionen E-Fahrzeugen, die es braucht, um im Verkehrssektor die Klimaschutzvorgaben zu erreichen. Das ist die schöne neue Autowelt, in der es dann auch genügend Lademöglichkeiten gibt und man nicht wie heute verzweifelt nach ihnen suchen muss. Oder?

Hm, jetzt holen wir doch noch mal sicherheitshalber den Taschenrechner raus, weil wir ja in Mathe  - ach, Sie wissen schon. Also, derzeit gibt es 21.000 Ladepunkte und rund 220.000 E-Autos in Deutschland. Da kommt, Moment -  schnell eingetippt - ein E-Auto/Ladepunkt-Verhältnis von ungefähr 1:10 heraus. Nun wenden wir uns dem Jahr 2030 zu. Der Taschenrechner wartet: eine Million Ladepunkte und sagen wir der Einfachheit halber 10 Millionen E-Autos. Das ergibt, huch, auch ein Verhältnis von 1:10. Ja, so sieht Fortschritt in Deutschland aus.

Wenn man nun noch davon ausgeht, dass Bundesregierungen es mit Millionen und Ziel-Erreichung ja nicht so haben, wird es interessant zu sehen sein, ob wir eher das eine oder andere Ziel, also die Anzahl der E-Autos oder die der Ladepunkte, deutlicher verfehlen werden. Je nachdem wird sich auch das Auto/Ladepunkt-Verhältnis verändern. Also, Achtung Wortspiel, die neue E-Mobilität wird echt spannend.

Nun aber doch noch eine gute Nachricht: Die Förderung der E-Mobilität wird ja einiges kosten, allein für die Kaufprämien wird sich die von Industrie und Politik zu Verfügung gestellte Summe auf zunächst mal etwa 4 Milliarden Euro belaufen. Und endlich, da ist sie ja wieder, unsere kurzzeitig vermisste Rechnungsgröße ,,Milliarde". Alles wird gut. Sonst noch was? Nächste Woche wieder.

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