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Tradition: 30 Jahre Land Rover Discovery - Feine Kleider für den Landy

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  • 16. Dezember 2019, 13:44 Uhr
  • Wolfram Nickel/SP-X

Es muss nicht immer Range Rover sein. Das denken nicht nur die Royals, in deren blaublütigem Fuhrpark der Land Rover Discovery längst eine Instanz ist. Der ,,Disco', wie ihn seine Fans nennen, packte 1989 wesentliche Range Rover Attribute in kompakte SUV-Form und verkaufte sich bald sogar besser als der klassische Landy.

Darauf hatten Land-Rover-Fans jahrelang sehnsüchtig gewartet: Ein Range Rover im feinen und bezahlbaren SUV-Format, der sich als urbritisches Sperrwerk gegen die Flutwelle preiswerter japanischer Allradler in Stellung brachte. Ende 1989 war es soweit, der neue Discovery debütierte als dritte Baureihe des Offroadspezialisten und platzierte sich als frisches Bindeglied zwischen dem archaischen Land Rover von 1948 und dem auch schon angejahrten Range Rover von 1970.

In nur drei Jahren Entwicklungszeit hatte Projektmanager Mike Donovan den zuerst drei-, später auch fünftürigen Discovery serienreif gemacht, wobei der noble Range Rover die technische Basis lieferte und die elegante Formensprache beeinflusste. Ein Geniestreich, wie sich bereits andeutete, als der Discovery unmittelbar nach seinem Debüt den begehrten British Design Award gewann. Vor allem aber punktete der Disco - so nennen ihn seine Fans - trotz origineller Lifestyleattribute wie maßgeschneiderter Zeitschriftenhalter mit modernster Allradtechnik für stilvolle Fahrten durch Staub und Schlamm. Schnell avancierte der bis zu siebensitzige Disco zum meistverkauften Land Rover überhaupt, zumal er sich bei Abenteuerfahrten wie der legendären Camel Trophy den Ruf eines rauhbeinigen Allesüberwinders erwarb, der dem rustikalen Defender kaum nachsteht. Tatsächlich erlangten die Sandbeige lackierten, verwegen ausstaffierten Camel-Trophy-Typen damals sofort Kultstatus, auch auf Postern in Kinderzimmern.

Über 1,2 Millionen verkaufte Einheiten des bis heute in drei Generationen und fünf Serien - Land Rover zählt jedes Facelifts separat - gebauten Discovery sprechen für sich und dennoch blieb auch dieser Brite anfangs nicht ganz von damals typischen Problemen verschont. Entstanden in den letzten Jahren des dahin siechenden staatlichen Rover-Imperiums litt er in der ersten Serie unter diversen kleinen Fertigungsmängeln, die es bei der Allradkonkurrenz von Toyota, Mitsubishi oder Nissan nicht gab. Problemchen, die dem Disco aber von der enthusiastischen Kundschaft nachgesehen wurden. Die britische Polizei vertraute bald ebenso auf die Qualitäten des Geländegängers mit klassischem Leiterrahmen wie bis heute viele deutsche Polizeibehörden. Und der damalige Rover-Kooperationspartner Honda lancierte sogar einen asiatischen Disco-Doppelgänger, den Crossroad.

Mit diesem Klon war es erst vorbei, als BMW neuer Eigentümer von Land Rover wurde und dem Discovery ein gründliches Facelift mit längerem hinteren Überhang spendierte. Bis auf die Hecktür wurden dafür 1998 alle Karosserieteile ausgetauscht und trotzdem blieb die Linie dieses Series-2-Fahrzeugs fast unverändert, was auch am nach wie vor knapp bemessenen Radstand von nur 2,54 Meter lag.

Ein komplett erneuerter Discovery debütierte erst 2004, nun unter abermals veränderten Konzernstrukturen, denn Ford hatte das Sagen übernommen. Und Dearborn entschied sofort, dass das neue Auto auch einen neuen Namen benötigt, zumindest in Nordamerika und Asien. Dort trägt der Disco seitdem das kryptische Typenkürzel LR3, nicht zuletzt um so einen Qualitätssprung zu signalisieren. Schließlich war der SUV-Markt inzwischen von fast allen Premium-Marken besetzt, nachdem auch BMW (X3, X5), Mercedes (M-Klasse), Porsche (Cayenne) oder Volvo (XC90) mitmischten. Eine Entwicklung, die auch den Discovery Series 3 beeinflusste, der deshalb mit neuer Plattform mit integriertem Leiterrahmen und Einzelradaufhängung vorfuhr und als vollausgestatteter luxuriöser V8 fast 60.000 Euro kostete - und damit das Niveau des X5 erreichte. Rund zwei Drittel billiger war noch der erste Discovery, der sich damit etwa als Alternative zu einem profanen Passat Variant oder Subaru Allrad-Kombi empfahl.

Die Erfolgsgeschichte des Discovery wurde durch diese preisliche Höherpositionierung aber sogar beflügelt. Als im März 2008 der indische Tata-Konzern neuer Eigentümer von Land Rover wurde, galt der Discovery/LR3 bereits als ein besonderer Diamant unter den Gelände-Ikonen. Als Series 4 (ab 2009) wurde der Disco zum Produktionsmillionär. Seine Vielseitigkeit hatte der Disco von Beginn an durch spektakuläre Spezialanfertigungen bewiesen, so gab es ihn etwa schon 1990 als Amphibienfahrzeug, das die Segelregatta Cowes Week vor der englischen Insel Wight begleitete. Spektakulärer waren natürlich die monströsen oder bewaffneten 6x6- oder 6x4-Supacat-Discovery, die in Kriegs- und Krisengebieten zum Einsatz kamen und das britische TV-Publikum vermutlich mehr beeindruckten als die gepanzerten Discovery Sentinel, die als Shuttle-Fahrzeuge für die Minister der britischen Regierung genutzt werden. Englische TV-Kultkrimis wie Inspector Barnaby oder ,,The Inspector Lynley Mysteries" können auf prominente Auftritte des Disco ohnehin nicht verzichten, aber auch James Bond begegnet diesem Land Rover immer wieder im Kinoabenteuer.

Wirklich majestätischen Glanz und Glamour entfalten jedoch allein die Discovery, die im Dienst des englischen Königshauses stehen. Noch immer ist Land Rover als einziger Automobilhersteller im Besitz aller drei ,,Royal Warrants" - sprich Hoflieferant für die Queen, den Herzog von Edinburgh und den Prinzen von Wales. Die Rolle des Paradefahrzeugs für Königin Elisabeth II. von England übernimmt zwar der klassische, große Range Rover, aber als vielseitiges Alltagsauto auf den Anwesen von Balmoral oder Sandringham ist der Discovery eine Idealbesetzung, also nicht nur, wenn es darum geht, schwergewichtige Pferdetrailer zum Familientreffen beim Royal Ascot zu ziehen. Da schadet auch eine negative Schlagzeile nicht, etwa als der 97-jährige Prinz Philip Anfang 2019 einen Unfall verursachte und nur 24 Stunden später die Anlieferung eines neuen Discovery in Sandringham House beobachtet wurde. Als Glücksbringer für die Royals bewährt sich der Discovery auch seit vielen Jahren, wenn es um die erste Fahrt im Leben eines Neugeborenen geht. Zuletzt haben Herzogin Kate Middleton und Prinz William ihren jüngsten Sohn, den kleinen Prinz Louis, in einem Disco aus der Geburtsklinik ins elterliche Heim gefahren.

Es ist dieser Mix aus den Geländetalenten eines Arbeitstieres, dem Komfort eines luxuriös angehauchten SUV mit einem gerade noch großstadttauglichen Format, der dem Disco bis heute seine Alleinstellung in der fast schon unübersichtlich groß gewordenen Modellfamilie des britischen Allradspezialisten sichert. Entwicklungssprünge fielen beim Disco übrigens weit deutlicher aus als beim Range Rover. Wo der erste Disco noch als Diesel nagelte wie eine Landmaschine und sein Temperament dem eines Transporters ähnelte (sofern nicht der bullige V8 unter der Haube brabbelte), zeigt der Discovery Series 5 alle Talente eines luxuriösen, gerade noch bezahlbaren Lifestyle-Vehikels. Genau damit hat er dazu beigetragen, dass Offroader heute trotz aller CO2-Diskussionen eine gesellschaftliche Akzeptanz erfahren, die sich vor 30 Jahren niemand vorstellen konnte. Sogar von den Boulevards der großen Metropolen sind Disco & Co. vorläufig kaum mehr wegzudenken.

Modellgeschichte:

1948: Am 30. April feiert der Ur-Land-Rover Weltpremiere auf dem Genfer Salon. Ab Oktober Serienproduktion als Land Rover 80 mit 1,6-Liter-Benziner aus Rover P4 Limousine
1970: Weltpremiere des Range Rover auf dem Autosalon Amsterdam, Pressepräsentation des Range Rover am 17. Juni als ,,erster Großserien-Pkw mit permanentem Allradantrieb", zweiteiliger Heckklappe, überlappender Motorhaube und durchgehendet Mittellinie. Verkaufsstart am 30. September. Bis Jahresende werden 1.576 Range Rover produziert.
1974: Land Rover zieht sich vom US-Markt zurück, überlässt dort das Feld den starken japanischen Allradmarken.
1978: Land Rover Limited wird zu einem separaten Unternehmensteil innerhalb des Konsortiums Jaguar-Rover-Triumph (British Leyland)

1982: Der Range Rover ist ab Juli mit viertüriger Karosserie und vier elektrischen Fensterhebern lieferbar.
1983: Der Land Rover 90/110 übernimmt die Fahrwerkstechnik des Range Rover.
1986: Der Allradspezialist kehrt nach Nordamerika zurück. Erstmals werden weltweit mehr Range Rover als Land Rover verkauft. Entwicklungsstart für den Discovery. In nur drei Jahren finalisiert Projektmanager Mike Donovan die Serienversion.

1989: Im Oktober Premiere des Land Rover Discovery als drittes neues Modell des Allradherstellers nach dem Ur-Land-Rover und dem Range Rover von 1970. Anfangs ist der Discovery nur dreitürig, aber mit zwei Notsitzen hinter den Fondsitzen lieferbar, die technische Basis für den Discovery liefert der Range Rover. Unmittelbar nach seinem Debüt gewinnt der Discovery den British Design Award 1989. Als Lifestyle-Fahrzeug soll der Discovery einzigartige Ausstattungsdetails bieten wie einen Zeitschriftenhalter, maßgeschneidert für das Format führender Mode- und Lifestyle-Magazine. Das Motorenportfolio der ersten, bis 2004 gebauten Discovery-Generation umfasst sechs Triebwerke und zwei Getriebe (manuelles Fünfgang-Getriebe und Viergang-Automatik).

1990: Der Discovery wird auch als Fünftürer lieferbar. Land Rover Special Vehicle Operation baut den Discovery als Amphibienfahrzeug, der zuerst bei der englischen Segelregatta Cowes Week eingesetzt wird. Aus Land Rover 90 und 110 geht der Land Rover Defender hervor. Land Rover wird als Markenname eingetragen

1993: Bei Honda wird als Schwestermodell des Discovery der Honda Crossroad mit V8-Benziner eingeführt und bis 1998 gefertigt.

1994: Verkauf von Land Rover an BMW

1995: Fast 70.000 Discovery werden in diesem Jahr abgesetzt, ein Bestwert

1998: Der td5-Motor aus dem Discovery wird auch im Defender eingesetzt. Bis Ende des Jahres wurden insgesamt 353.843 Discovery Series 1 ausgeliefert. Der Discovery war zu dieser Zeit der meistverkaufte Land Rover überhaupt. Präsentation des Discovery Series II (L318) im Herbst als neue Generation bzw. Weiterentwicklung des Discovery Series I mit 720 Modifikationen im Detail. Darunter waren bis auf die Hecktür komplett neue Karosserieteile. Markant sind die hochgesetzten Heckleuchten.

2000: Land Rover wird in die Premier Automotive Group (Aston Martin, Jaguar und Volvo) von Ford übertragen.

2004: Im Mai laufen die letzten Discovery Series 2 vom Band. Schon im April erfolgt der Marktstart der zweiten Generation des Land Rover Discovery als Series 3 (Typ L319) mit neuer Markenplattform mit integriertem Leiterrahmen und Einzelradaufhängung. In Nordamerika und dem mittleren Osten erhält das neue Fahrzeug die Bezeichnung LR3 statt Discovery, um einen Qualitätssprung zu signalisieren. Das Motorenportfolio der zweiten, bis 2016 gebauten Discovery-Generation umfasst sechs Triebwerke und drei Getriebe (manuelles Sechsgang-Getriebe und Sechsgang-Automatik sowie Achtgang-Automatik). Der Land-Rover-Designer Geoff Upex betrachtet den Discovery Series 3 als sein wichtigstes Werk und tatsächlich gewinnt auch dieser Discovery schon in den ersten 24 Monaten über 170 Auszeichnungen.
2008: Im März wird der indische Tata-Konzern neuer Eigentümer von Land Rover

2009: Land Rover führt den Discovery Sentinel ein als gepanzertes Shuttle-Fahrzeug für die Minister der britischen Regierung. Der Discovery Series 4 (Generation 2) debütiert im Sommer als umfassendes Facelift des Modells von 2004. Interieurmaterialien und Assistenzsysteme aus dem Range Rover werden adaptiert. Insgesamt werden in diesem Jahr 32.331 Discovery gebaut.

2011: Insgesamt werden in diesem Jahr 44.874 Discovery gebaut.

2012: Land Rover feiert eine Million Discovery. Neue Firmierung als Jaguar Land Rover Limited. Insgesamt werden in diesem Jahr 46.252 Discovery gebaut

2013: Mit dem auf der Frankfurter IAA vorgestellten Facelift erhält auch der V6-Benziner eine 8-Stufen-Automatik.

2014: Nach Jahrzehnten eröffnet Jaguar Land Rover bei Birmingham ein eigenes Motorenwerk. Königin Elisabeth II. übernimmt die Eröffnung. Bei der New York Auto Show gibt das Discovery Vision Concept Car bereits einen Ausblick auf die kommende, dritte Generation des Discovery. Insgesamt werden in diesem Jahr 45.080 Discovery gebaut.

2015: Supacat führt modifizierte Discovery ein, darunter Fahrzeuge in 6x6- und 6x4-Ausführung für Rettungs- und Kriseneinsätze. Ein neues Range Rover Paradefahrzeug mit Diesel-Hybridantrieb für Königin Elisabeth II. von England hat in der walisischen Hauptstadt Cardiff seinen ersten öffentlichen Auftritt absolviert. 1953 machte ein Land Rover Series 1 den Anfang, nun löst das neue "State Review"-Fahrzeug einen 2002 in Dienst genommenen Range Rover ab. Insgesamt werden in diesem Jahr 51.008 Discovery gebaut.

2016: Premiere des Land Rover Discovery dritter Generation als Series 5 (Typ L462). Das Motorenportfolio der dritten, bis heute gebauten Discovery-Generation umfasst vier Triebwerke und eine Standard-Achtgang-Automatik. Der neuste Discovery basiert erstmals auf der selbsttragenden Aluminium-Architektur, die bereits der Range Rover (L405) nutzt; dadurch ergibt sich eine Gewichtseinsparung von über 480 Kilogramm gegenüber dem Vorgängermodell. Der klassische Kastenrahmenaufbau ist damit Vergangenheit.

2017: Mehr als 1,2 Millionen Discovery wurden bisher seit Marktstart 1989 ausgeliefert.

2019: Als erster Discovery wird die aktuelle Serie nun außerhalb Großbritanniens gebaut mit der Produktionsverlagerung in die Slowakei. Land Rover feiert das 30-Jahre-Jubiläum des Discovery mit dem Sondermodell Land Mark Edition



Technische Daten: Land Rover Discovery

Land Rover Discovery Generation 1, Series 1 (Typ L318, Baujahre 1989-1998), Drei- oder fünftüriger Kompakt-SUV, Länge: 4,54 Meter, Breite: 1,79 Meter, Höhe: 1,97 Meter, Radstand: 2,54 Meter. 2,0-Liter-Vierzylinder-Benziner bzw. 3,5-Liter-V8-Benziner bzw. 3,9-Liter-V8-Benziner bzw. 4,0-Liter-V8-Benziner bzw. 2,5-Liter-Vierzylinder-Diesel.

Land Rover Discovery Generation 1, Series 2 (Typ L318, Baujahre 1998-2004), Fünftüriger Kompakt-SUV, Länge: 4,70 Meter, Breite: 1,89 Meter, Höhe: 1,94 Meter, Radstand: 2,54 Meter. 4,0-Liter-V8-Benziner bzw. 4,6-Liter-V8-Benziner bzw. 2,5-Liter-Vierzylinder-Diesel.

Land Rover Discovery Generation 2, Series 3 (Typ L319, Baujahre 2004-2009), Fünftüriger SUV, Länge: 4,85 Meter, Breite: 1,92 Meter, Höhe: 1,88-1,89 Meter, Radstand: 2,89 Meter. 4,0-Liter-V6-Benziner bzw. 4,4-Liter-V8-Benziner bzw. 2,7-Liter-V6-Diesel.

Land Rover Discovery Generation 2, Series 4 (Typ L319, Baujahre 2009-2016), Fünftüriger SUV, Länge: 4,84 Meter, Breite: 2,02 Meter, Höhe: 1,97 Meter, Radstand: 2,89 Meter. 3,0-Liter-V6-Benziner bzw. 5,0-Liter-V8-Benziner bzw. 2,7-Liter-V6-Diesel bzw. 3,0-Liter-V6-Diesel.

Land Rover Discovery Generation 3, Series 5 (Typ L462, Baujahre seit 2016), Fünftüriger SUV, Länge: 4,97 Meter, Breite: 2,07 Meter, Höhe: 1,88 Meter, Radstand: 2,92 Meter. 2,0-Liter-Vierzylinder-Benziner, 2,0-Liter-Vierzylinder-Diesel, 3,0-Liter-V6-Benziner bzw. 3,0-Liter-V6-Diesel.

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