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New Mobility: Rabattschlacht um Elektroautos - Warten lohnt sich - möglicherweise

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  • 12. Februar 2020, 15:19 Uhr
  • Mario Hommen/SP-X

Nein, die aktuelle E-Auto-Offensive der Autohersteller soll nicht das Klima retten als vielmehr CO2-Strafzahlungen an die EU verhindern. Dieser Druck aus Brüssel könnte sich für wechselwillige Kunden bezahlt machen, vor allem, wenn sie etwas Geduld mitbringen

2020 soll die E-Mobilität in Deutschland ihren großen Durchbruch erleben. Das Angebot an Modellen ist größer denn je, die Reichweiten der Fahrzeuge zum Teil riesig und die Preise in vielen Fällen auf niedrigem Niveau. Hinzu kommt noch der frisch aufgestockte Umweltbonus der Bafa, mit dem viele E-Autos in ihrer Kostenbilanz sogar konkurrenzfähig zu den sich in jüngster Zeit zum Teil empfindlich verteuernden Verbrenner-Fahrzeugen werden. Die Zeit scheint also reif für den Wechsel. Dennoch könnte es sich lohnen, noch ein Weilchen mit der Investition in einen sauberen Stromer zu warten, denn die Chancen auf zusätzliche Rabatte werden Richtung Jahresende vermutlich steigen.

Dass die Hersteller von E-Fahrzeugen zu größeren finanziellen Zugeständnissen bereit sind, hat sich bereits Anfang des Jahres gezeigt. Mit Hyundai, Kia, Nissan und Renault haben im Januar gleich vier Hersteller in Deutschland einen eigenen Umweltbonus - teilweise von mehr als 8.000 Euro - ausgerufen. Derart großzügige und zudem noch freiwillige Rabatte waren in den vergangenen Jahren für E-Autos undenkbar. Allein schon dieser Vorstoß legt die Vermutung nahe, dass einige Hersteller bereits jetzt den Druck verspüren, ihre Stromer unters Volk zu bringen.   

Dass die großzügig rabattierten E-Autos dabei Gewinn abwerfen, scheint eher unwahrscheinlich. Dennoch wird sich diese kundenfreundliche Preispolitik auch für die Hersteller rechnen, denn je größer der Absatz von emissionsfreien Autos, desto geringer werden die Strafzahlungen an Brüssel ausfallen. In diesem Jahr wird es nämlich ernst mit den CO2-Emissionsgrenzen der EU, die bei Nichteinhaltung hohe Strafzahlungen nach sich ziehen können. Jedes Gramm oberhalb der 95-Gramm-Grenze pro Fahrzeug wird mit 95 Euro berechnet. Derzeit bewegen sich viele Hersteller bei etwa 120 Gramm. Bleibt es dabei, könnten nach Berechnungen von Experten Konzernen wie Daimler, VW oder Ford Forderungen in Milliardenhöhe drohen.

Die beste Möglichkeit, die Höhe der Strafzahlungen zu verringern oder gar zu verhindern, ist der Verkauf von Fahrzeugen, die weniger als 50 Gramm CO2 pro Kilometer emittieren. Neben den emissionsfreien Elektroautos fallen auch die meisten Plug-in-Hybride unter diese Kategorie. Dank einer starken Gewichtung elektrischer Fahranteile werden nämlich Plug-in-Hybride mit sehr niedrigen Verbrauchswerten eingestuft. Ein SUV wie der Volvo XC40 wird dank eines solchen Doppelherzantriebs zum Beispiel mit nur 41 Gramm pro Kilometer taxiert. Dieser Teilzeitstromer wie auch batterieelektrische E-Autos (BEV) mit 0 Gramm CO2-Emission senken nicht nur per se den Flottenverbrauch, sie werden in der 2020-Gesamtbilanz zudem doppelt angerechnet. Verkaufen Hersteller also in größerer Zahl Stromer, wächst für sie der Spielraum für den Verkauf unvermindert gefragter, margenträchtiger allerdings auch verbrauchsintensiver SUV.   

Einen Zusammenhang zwischen drohenden CO2-Strafen und einem möglicherweise steigenden Rabattniveau für E-Autos auf dem deutschen Neuwagenmarkt sieht unter anderem das Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen. Laut Instituts-Leiter Ferdinand Dudenhöffer habe beispielsweise Peugeot die Händlervorgaben für Elektroautos und CO2-Flottenemissionen an die Boni-Gewährung ihrer Händler geknüpft. Damit sei der Handel gezwungen, Elektroautos zu verkaufen - sprich mit Rabatten die Verkaufsvorgaben zu erreichen. Die Verkaufsstrategie der Autohäuser dürfte sich damit hin zu E-Autos und tendenziell weg von verbrauchsstarken Modellen verschieben. Peugeot kalkuliert dabei mit recht hohen E-Quoten beim Absatz. ,,Wir werden bereits im ersten Quartal 2020 die 95 Gramm CO2 unterbieten. Strafzahlungen an Brüssel? Zero", verkündete Anfang 2020 Jean-Philippe Imparato, Markenchef und Generaldirektor von Peugeot. Auch VW-Chef Herbert Diess äußerte im Juli 2019 im Rahmen einer Pressekonferenz in New York, dass dank einer breit gefächerten E-Auto-Strategie seinem Konzern keine CO2-Strafzahlungen an die EU drohen.

Doch kommen die E-Autos rechtzeitig in entsprechender Zahl auf den Markt? Viele Elektro-Modelle wurden zwar für 2020 angekündigt, praktisch sind davon noch längst nicht alle tatsächlich verfügbar. Dieses Timing könnte möglicherweise den prognostizierten Rabattdruck bei einigen Herstellern zusätzlich erhöhen, denn für den Verkauf von E-Autos könnte das Zeitfenster für manchen Hersteller aufgrund der späten Verfügbarkeit eng werden. In einigen Fällen wird es wohl Sommer werden, bis die angekündigten Stromer auch bei den Händlern auf dem Hof und damit konkret zum Verkauf stehen. Damit aber verkleinert sich das Zeitfenster, die Kunden vom Kauf eines E-Autos zu überzeugen. Auch dieser Umstand könnte dazu führen, dass einige Hersteller ihren E-Auto-Absatz mit weiteren finanziellen Eingeständnissen zusätzlich stützen.

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