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Sonst noch was? - Mobilität in Zeiten von Corona

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  • 22. März 2020, 11:05 Uhr
  • Günter Weigel/SP-X

Es stehen jeden Morgen eine Menge Menschen auf, die bei der Verteilung von so etwas wie Verstand Pech hatten. Dass darf man niemanden vorwerfen, außer, er versucht ein Geschäft damit zu machen. Aber nicht alles war schlecht, diese Woche.

Der Flugplan der Lufthansa in Corona-Zeiten entspricht ungefähr dem der 1950er-Jahre haben wir dieser Tage gelesen. Andere Airlines fliegen auch nicht mehr oder bleiben ganz am Boden. Für alle Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel ist das Coronavirus ein besonderer Graus. Die Bahn schränkt ihr Beförderungsangebot auf den regionalen Strecken ein, private Bahnbetreiber stellen den Betrieb gleich ganz ein und die noch relativ neuen Fernbuslinienbetreiber tun es ihnen gleich. Da schlägt die Stunde des Autos, wenn man denn unterwegs sein muss. Und zwar des Privatautos, weil beim Carsharing weiß man ja auch nicht so genau, wer zuletzt drinsaß.Wobei man heute schon wissen sollte, warum man denn überhaupt unterwegs ist. Nun weiß man das in der Regel schon selbst, aber nicht alles, was man weiß, führt ja zu sinnvollen Handlungen. Wir verfolgen die Szene der Influencer gemeinhin nicht, lernten aber in der vergangenen Woche, dass es unter ihnen Individuen von bemerkenswerter Ignoranz gibt. Also: Unser Influencer - der Name ist uns gerade rechtzeitig entfallen - hat als D-Promi einen neuen Werbe-Job angenommen. Er soll auf Ibiza Boote und Yachten bewerben, auf dass sie besser zu vermieten sind. So weit, so gut. Der Job fordert, so hat er es verstanden, das baldige Erscheinen auf der Insel, doch ach, es fliegt nichts.Also nimmt er sein Auto und instagramt seine Reiseerlebnisse an relativ geschlossenen Grenzübergängen, auf ziemlich leeren Autobahnen und in touristisch geschlossenen Hotels fröhlich vor sich hin. Er ist ja schließlich bald auf seiner Party-Insel. Auf der Fähre mit drei anderen Autos wundert er sich noch ein wenig, um dann vor Ort festzustellen, dass Ibiza ja anscheinend auch zu Spanien gehört und eine allgemeine Ausgangssperre herrscht. Dass die auch für viertelberühmte deutsche Influencer gilt, macht ihm die spanische Polizei mithilfe eines ordentlichen Strafzettels gleich mal klar und so sitzt unser Held als Protagonist mobiler Dämlichkeit alsbald in einem Appartement der Bootverleihfirma, um von dort die Produkte zu influencen, die ihn auf der langen Fahrt fit gehalten haben.Nun kann sich ja jeder zum Affen machen wie er will, aber es ist schon ziemlich dämlich, wissentlich in Gebiete mit Ausgangssperre zu fahren, um just dort für Produkte zu werden, die gerade gar nicht gefragt sind. Wenn wir von der Präsentation eines ungefähr drittelschlauen Influencers auf die Aufnahmefähigkeit seiner Anhänger schließen können, dürfen wir uns allerdings nicht über Corona-Partys in deutschen Innenstädten wundern.Wundern mussten wir uns auch nicht, dass nunmehr ungefähr alle Autohersteller in Europa und den USA und weiten Teilen Asiens ihre Werke stillgelegt haben. In Zeiten eng verknüpfter Lieferketten scheint das nur logisch und es spart zudem Geld, was man zur Krisenüberwindung noch brauchen wird. Während in China einzelne Werke ihren Betrieb schon wieder aufnehmen, zeigen sich manche Hersteller ausgesprochen flexibel. Statt Autos zu montieren, kann man anscheinend auch schnell auf die Produktion von Schutzmasken oder Desinfektionsmittel umsteigen. Das finden wir ausgesprochen löblich und erwähnen an dieser Stelle pars pro toto den chinesischen Hersteller BYD, dessen Aktion uns zumindest zuerst zur Kenntnis gelangte. Lobend erwähnen wollen wir auch, dass der VW-Konzern 200.000 Atemschutzmasken für die öffentliche Gesundheitsvorsorge und Michelin Ersatzreifen für Reifenpannen von Einsatzfahrzeugen spendiert. Geht doch. Sonst noch was? Nächste Woche wieder.

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